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Der Ball spielende Hund

Der Ball spielende Hund

Titel: Der Ball spielende Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Verletzungen davon, obwohl sie sich hätte den Hals brechen können. Eine große Enttäuschung für den unbekannten Täter! Aber Miss Arundell war eine alte Dame mit scharfem Verstand. Alle erklärten ihr, sie sei über den Ball gestolpert, und der Ball lag tatsächlich dort, aber sie selbst erinnerte sich, dass der Unfall anders geschehen war. Sie war nicht über den Ball gestolpert. Und noch etwas fiel ihr ein: Um fünf Uhr früh nach ihrem Sturz hatte sie Bob vor der Haustür um Einlass bellen gehört!
    Das alles ist zwar größtenteils reine Vermutung, aber ich bin überzeugt, dass ich Recht habe. Miss Arundell hatte am Abend selber den Ball in der Schublade verwahrt. Dann wurde Bob ins Freie gelassen und kam nicht zurück. Es konnte daher nicht Bob gewesen sein, der den Ball auf die oberste Stufe gelegt hatte.»
    «Das sind wirklich nur Vermutungen, Poirot», wandte ich ein.
    «Nicht ganz, mein Freund. Wir haben da noch die vielsagenden Worte, die Miss Arundell in ihren Fieberfantasien hervorstieß – von Bobs Ball und dem ‹Bild mit der Dose›. Sie begreifen doch?»
    «Nicht das Geringste!»
    «Wieso nicht? Sie hörten doch selber von der Haushälterin, dass es in Littlegreen House kein einziges Bild gibt, auf dem eine Dose zu sehen ist. Ich erkannte gleich, dass Ellen die Worte der Sterbenden missverstanden haben muss. Aber im Salon bemerkte ich eine Porzellandose mit dem Bild eines Hundes. Und zwar eines Hundes, der die ganze Nacht nicht nachhause gekommen ist. Verstehen Sie den Gedankengang der Fiebernden? Sie meinte das Bild auf der Dose. Bob hatte es ebenso gemacht wie dieser Hund; er war die ganze Nacht ausgeblieben, daher konnte nicht er den Ball auf der Stufe liegen gelassen haben.»
    Unwillkürlich rief ich: «Genial, Poirot! Wie Sie sich diese Sachen ausdenken, ist mir ein Rätsel.»
    «Ich denke sie mir nicht aus, sie sind da – deutlich zu sehen. Eh bien, können Sie sich jetzt die Lage vergegenwärtigen? Miss Arundell muss nach ihrem Unfall das Bett hüten und schöpft Verdacht, einen vielleicht unbegründeten Verdacht, aber er lässt sich nicht vertreiben. ‹Seit dem Vorfall mit dem Spielball des Hundes bin ich in Zweifel und Sorge.› Und sie schreibt einen Brief an mich, der unglücklicherweise erst zwei Monate später in meine Hände gelangt. Sagen Sie, stimmt ihr Brief nicht aufs Haar mit diesen Tatsachen überein?»
    «Allerdings», gab ich zu.
    «Noch ein Punkt ist zu bedenken: Miss Lawson war bemüht, Miss Arundell nicht zu Ohren kommen zu lassen, dass Bob die ganze Nacht ausgeblieben war.»
    «Sie glauben, dass – »
    «Ich glaube, dass dieser Punkt Beachtung verdient.»
    Ich dachte eine Weile darüber nach, dann sagte ich mit einem Seufzer: «Tja, das alles ist sehr interessant – als Denksport. Meine Hochachtung! Wirklich eine meisterhafte Rekonstruktion. Schade, dass die alte Dame gestorben ist.»
    «Ja, schade. Sie schreibt mir, dass jemand sie zu ermorden versuchte – denn darauf läuft es doch hinaus –, und kurze Zeit nachher ist sie tot.»
    «Es ist eine große Enttäuschung für Sie, Poirot, dass sie eines natürlichen Todes starb, nicht wahr? Geben Sie’s ruhig zu!»
    Poirot zuckte die Achseln.
    «Oder glauben Sie vielleicht, dass sie vergiftet wurde?», fragte ich boshaft.
    Mit offensichtlicher Enttäuschung schüttelte er den Kopf. «Miss Arundell scheint tatsächlich eines natürlichen Todes gestorben zu sein.»
    «Und wir streichen die Segel und kehren geschlagen nach London zurück.»
    «Pardon, mein Freund, wir kehren nicht nach London zurück.»
    «Was?»
    «Wenn Sie einem Hund ein Kaninchen zeigen, mein Freund, kehrt er nicht nach London zurück. Nein, er kriecht in den Kaninchenbau.»
    «Was wollen Sie damit sagen?»
    «Der Hund jagt Kaninchen. Hercule Poirot jagt Mörder. Wir haben hier einen Mörder, dessen Plan allerdings nicht gelang, aber gleichwohl einen Mörder. Und ich, mein Freund, werde in seinen – oder ihren – Bau dringen.»
    Er öffnete die Gartentür.
    «Wohin, Poirot?»
    «In den Kaninchenbau, mein Freund. Hier wohnt Doktor Grainger, der Miss Arundell während ihrer letzten Krankheit behandelte.»
    Der Arzt war ein Mann in den Sechzigern, mit hagerem Gesicht und streitlustigem Kinn, buschigen Brauen und schlau blickenden Augen. Er sah scharf von mir zu Poirot und fragte unvermittelt:
    «Sie wünschen?»
    «Entschuldigen Sie die Belästigung, Doktor Grainger. Ich möchte gleich gestehen, dass ich Sie nicht beruflich in Anspruch nehmen

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