Der Ball spielende Hund
Miss Lawson.»
«Oh, Minnie Lawson. Natürlich! Eine meiner besten Freundinnen. Nehmen Sie Platz, Mr – eh –?»
«Parotti. Mein Freund, Captain Hastings.»
Wieder rauschte und knarrte es auf der Treppe, und es erschien eine zweite Dame in einem grünen Leinenkleid, das für eine Sechzehnjährige geeignet gewesen wäre.
«Meine Schwester Isabel – Mr – eh – Parrot – und – eh Captain Hawkins. Isabelchen, die Herren sind Bekannte von Minnie Lawson.»
Miss Isabel Tripp wirkte, im Gegensatz zu ihrer drallen Schwester, entschieden dürr. Ihr hellblondes Haar war in unzählige wirre Löckchen gelegt. Sie gab sich jungmädchenhaft und war, wie ich sah, das Urbild der Dame mit den ans Herz gepressten Blumen auf den Fotos. Mit jugendlicher Lebhaftigkeit presste sie jetzt die Hände ans Herz und rief:
«Die liebe Minnie! Haben Sie sie in letzter Zeit gesehen?»
«Seit Jahren nicht», erklärte Poirot. «Wir haben ganz den Kontakt verloren. Ich war auf Reisen. Deshalb war ich so überrascht, als ich hörte, welches große Glück meiner alten Freundin widerfahren ist.»
«Ja, wirklich. Und so wohl verdient! Minnie ist eine seltene Seele – so schlicht, so ernst.»
«Julia», rief Isabel, «erinnerst du dich? ‹P›. Besuch von Übersee, Anfangsbuchstabe P.»
Die Schwestern sahen Poirot verklärt an. «Es stimmt immer», sagte Julia sanft.
«Interessieren Sie sich für Okkultismus, Mr Parrot?»
«Meine Erfahrungen sind gering, Mademoiselle, aber da ich viel im Fernen Osten reiste, muss ich gestehen, dass es manches gibt, das sich auf natürliche Weise nicht erklären lässt.»
«Wie wahr!», murmelte Julia. «Wie wahr!»
«Der Osten», ergänzte Isabel. «Die Heimat des Mystischen und Okkulten.»
Poirots Reisen im Osten hatten sich auf einen zweiwöchigen Aufenthalt in Syrien, mit einem Abstecher in den Irak, beschränkt. Nach diesem Gespräch hätte man schließen können, dass er sein halbes Leben in Dschungeln und Basaren, in vertrautem Gespräch mit Fakiren, Derwischen und Mahatmas verbracht habe.
Die Damen Tripp waren Anhängerinnen der Rohkost, der Theosophie, der Christian Science, des Spiritismus und der Amateurfotografie. Wir plauderten kurze Zeit über diese mannigfaltigen Dinge, dann fragte Poirot:
«Die verstorbene Miss Arundell war eine Ihrer Anhängerinnen?»
Die Schwestern sahen einander an. «Ich bin nicht sicher», sagte Isabel.
«Wir konnten uns nie klar werden», hauchte Julia. «Einmal schien sie überzeugt zu sein, und dann sagte sie wieder etwas so – so Geringschätziges.»
«Ja, aber denk an die letzte Manifestation!», bemerkte Julia. «Die war wirklich bemerkenswert.» Sie wandte sich an Poirot. «Das war an dem Abend, als Miss Arundell erkrankte. Meine Schwester und ich waren bei ihr zum Dinner eingeladen, und wir hielten eine Séance, nur mit ihr und Miss Lawson. Und wissen Sie, wir drei – alle drei – sahen ganz deutlich eine Art Heiligenschein um Miss Arundells Kopf.»
«Wie, bitte?»
«Ja, einen leuchtenden Nebel.»
«So war es», stimmte Isabel bei. «Ein leuchtender Nebel umzog Miss Arundells Kopf, eine schwach leuchtende Aura. Es war ein Zeichen, jetzt wissen wir es, ein Zeichen, dass sie ins Jenseits eingehen würde.»
«Erstaunlich», sagte Poirot in gebührend beeindrucktem Ton. «War es finster im Zimmer?»
«O gewiss. Wir erzielen im Dunkeln immer die besseren Erfolge, und da es ein warmer Abend war, brannte auch kein Feuer.»
«Ein ungemein interessanter Geist sprach zu uns», erklärte Isabel. «Eine gewisse Fatima, die uns erzählte, dass sie zur Zeit der Kreuzzüge gestorben sei. Sie brachte uns eine wundervolle Botschaft.»
«Sie sprach tatsächlich zu Ihnen?»
«Nein, nicht mit Worten. Durch Klopfzeichen. Liebe – Hoffnung – Leben – lauter so schöne Worte.»
«Und Miss Arundell erkrankte während der Séance?»
«Gleich nachher. Belegte Brötchen und Portwein wurden gebracht, aber Miss Arundell wollte nichts essen, weil sie sich nicht wohl fühlte. Damit begann ihre Krankheit. Dem Himmel sei Dank, dass sie nicht lange leiden musste!»
«Vier Tage später verschied sie», ergänzte Isabel.
«Und wir haben schon Botschaften von ihr erhalten», sagte Julia eifrig. «Sie sagte, dass sie glücklich sei und von Schönheit umgeben, und sie hoffe, dass Zuneigung und Eintracht unter ihren Lieben herrsche.»
Poirot räusperte sich. «Das ist – äh – allerdings nicht der Fall, fürchte ich.»
«Die Verwandtschaft hat sich schändlich
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