Der Ball spielende Hund
Dank, Poirot, dass wir diesen schauerlichen Weibern und den rohen Rüben entronnen sind!»
« Pour nous, un bon bifteck, mit gebratenen Kartoffeln und eine Flasche guten Weins. Was hätten wir dort wohl zu trinken bekommen?»
«Brunnenwasser», erwiderte ich schaudernd. «Oder alkoholfreien Apfelwein. Ich möchte wetten, im ganzen Haus gibt es kein Bad, und das Örtchen ist im Garten.» Ich wandte mich zu ihm. «Welche Befehle haben der Herr jetzt für den Chauffeur?»
«Es wird Sie freuen, zu hören, dass wir in Basing nichts mehr zu tun haben – »
«Großartig!»
«Allerdings nur vorläufig. Ich komme wieder.»
«Noch immer auf der Spur des erfolglosen Mörders?»
«So ist es.»
«Haben Sie aus dem Wust von Unsinn, den wir soeben anhörten, etwas Neues erfahren?»
«Gewisse Einzelheiten verdienen Beachtung. Die einzelnen Personen dieses Dramas beginnen sich deutlich abzuheben. Ist es nicht wie in einem altmodischen Roman? Die demütige Gesellschafterin, früher von allen über die Achsel angesehn, wird reich und spielt jetzt die gute Fee.»
«Solche Gönnerhaftigkeit muss den Leuten sehr gegen den Strich gehen, die sich selbst für die rechtmäßigen Erben halten.»
«Ja, Hastings, da haben Sie recht.»
Schweigend fuhren wir durch Basing, bis wir die Autostraße erreichten.
«Haben Sie sich gut unterhalten, Poirot?», fragte ich nach einer Weile.
«Unterhalten?», wiederholte er kalt. «Sie scheinen zu glauben, dass es mir mit der Sache nicht ernst ist.»
«Doch, doch. Aber sie ist rein theoretisch. Sie befassen sich mit ihr aus reinem Selbstzweck. Einen praktischen Sinn gibt’s ja gar nicht… will sagen, es wäre etwas anderes, wenn wir der alten Dame damit helfen oder sie gegen erneute Angriffe schützen könnten. Aber sie ist doch tot! Wozu das alles?»
«Nach Ihrer Auffassung, mon ami, sollte man sich also mit einem Mordfall überhaupt nicht befassen?»
«Nein, nein, das ist doch etwas ganz anderes. Da hat man doch eine Leiche… Himmelherrgottnocheinmal!»
«Was regen Sie sich auf, Hastings? Ich verstehe vollkommen. Sie unterscheiden zwischen einer Leiche und einer Toten. Wenn beispielsweise Miss Arundell plötzlich einer brutalen Gewalttat zum Opfer gefallen wäre, statt ganz normal an einem langwierigen Leiden zu sterben, würden meine Nachforschungen Sie nicht so gleichgültig lassen?»
«Natürlich nicht.»
«Hastings – jemand versuchte sie zu ermorden!»
«Aber ohne Erfolg. Das gibt den Ausschlag.»
«Und es reizt Sie nicht zu wissen, wer den Versuch unternahm?»
«Na ja, in gewisser Hinsicht schon.»
«Der Kreis ist ziemlich beschränkt», sagte Poirot sinnend. «Dieser Bindfaden – »
«– dessen Existenz Sie lediglich aus dem Nagel in der Randleiste ableiten», unterbrach ich. «Und dabei kann dieser Nagel schon seit Jahren dort sein.»
«Nein. Der Lack war ganz frisch.»
«Auch dann gibt es alle möglichen Erklärungen.»
«Zum Beispiel?»
Mir fiel im Augenblick keine überzeugende ein. Poirot benützte mein Schweigen und fuhr fort: «Ja, ein beschränkter Kreis. Die Schnur konnte erst gespannt worden sein, nachdem alles zu Bett gegangen war. Mithin kommen nur die Hausbewohner in Betracht, das heißt, einer von sieben ist der Schuldige. Doktor Tanios. Mrs Tanios. Theresa Arundell. Charles Arundell. Miss Lawson. Ellen. Die Köchin.»
«Die Dienstboten können Sie doch ruhig weglassen.»
«Auch sie erbten, mon cher. Überdies können andere Beweggründe vorhanden gewesen sein – Hass – ein Streit – eine entdeckte Unehrlichkeit – man kann nie wissen.»
«Es scheint mir aber höchst unwahrscheinlich.»
«Zugegeben. Aber man muss alle Möglichkeiten ins Auge fassen.»
«Dann», sagte ich, «dann müssen Sie mit acht Personen rechnen, nicht mit sieben.»
«Wieso?»
«Sie müssen auch Miss Arundell einbeziehen», erklärte ich siegessicher. «Wie, wenn sie selbst die Schnur gespannt hätte, damit jemand darüberfällt?»
Poirot zuckte die Achseln. «Sie sagen da eine bêtise, mein Freund. Wenn Miss Arundell selber die Falle gelegt hätte, hätte sie sich doch in Acht genommen und wäre nicht hinuntergestürzt!»
Geschlagen zog ich mich zurück.
«Die Reihenfolge der Ereignisse», fuhr Poirot fort, «ist sonnenklar: der Sturz, der Brief an mich, der Besuch des Rechtsanwalts – aber ein Punkt ist fraglich. Hielt Miss Arundell den Brief an mich zurück, weil sie sich noch nicht klar war, ob sie ihn absenden sollte? Oder glaubte sie, ihn zur Post gegeben zu
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