Der Ball spielende Hund
nähm’ ihn nicht, wenn ich ein junges Mädchen wäre. Na, das ist Theresas Sache.»
«Behandelte auch Doktor Donaldson Miss Arundell?»
«Nur wenn Grainger Ferien machte.»
«Aber nicht während ihrer letzten Krankheit?»
«Glaube nicht.»
Lächelnd fragte Poirot: «Ich vermute, Miss Peabody, dass Sie von ihm als Arzt keine hohe Meinung haben.»
«Das habe ich nicht gesagt. Im Gegenteil, er kennt sich aus und ist tüchtig auf seine Art – aber es ist nicht die Art, die mir zusagt. Er wird aber wohl nicht allzu lange in Basing bleiben. Er will nach London – als Spezialist.»
«Wofür?»
«Serumtherapie, glaube ich, heißt das. Wissen Sie, das ist das, wo man jemandem eine Injektionsnadel hineinsticht, auch wenn’s ihm ganz gut geht – bloß für den Fall, dass er einmal irgendetwas erwischt. Ich bin nicht für solche Sachen.»
«Befasst sich Doktor Donaldson mit irgendeiner bestimmten Krankheit?»
«Da fragen Sie mich zu viel. Ich weiß nur, dass ihm Allgemeinmedizin nicht gut genug ist. Er will sich in London selbstständig machen. Aber dazu gehört Geld, und er ist arm wie eine Kirchenmaus – übrigens, was ist eigentlich eine Kirchenmaus?»
Poirot murmelte: «Schade, dass wahres Talent so oft durch Geldmangel gehemmt ist. Und dabei gibt es Menschen, die nicht einmal ein Viertel ihrer Einkünfte ausgeben.»
«Wie Emily Arundell», meinte Miss Peabody. «So mancher war starr, als das Testament verlesen wurde. Wegen der Höhe des Betrags, meine ich, nicht wegen der Bestimmungen.»
«Waren auch die eigenen Angehörigen überrascht?»
«Ja und nein. Einer witterte was.»
«Wer?»
«Charles. Er hatte ein bisschen nachgerechnet, denn er ist nicht dumm, der junge Mann.» Sie machte eine kurze Pause und fragte dann: «Werden Sie sich mit ihm in Verbindung setzen?»
«Ich habe die Absicht», erklärte Poirot würdevoll. «Vielleicht befinden sich in seinem Besitz Familienpapiere über seinen Großvater.»
«Kaum. Viel eher hat er sie verbrannt. Der junge Mann hat keinen Respekt vor alten Leuten.»
«Man darf nichts unversucht lassen», erwiderte Poirot.
«So scheint es», versetzte Miss Peabody trocken, und in ihren blauen Augen lag für eine Sekunde ein Glitzern, das Poirot unangenehm zu berühren schien. Er erhob sich.
«Ich darf Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Jedenfalls bin ich Ihnen für Ihre Auskünfte sehr dankbar.»
«Ich habe mein möglichstes getan», sagte Miss Peabody. «Wir scheinen vom indischen Aufstand sehr weit abgekommen zu sein, nicht wahr?
Verständigen Sie mich, wenn das Buch erscheint», waren ihre letzten Worte. «Es würde mich ja so interessieren!»
Hinter uns hörten wir ein vergnügtes Kichern.
11
«Und jetzt», sagte Poirot, als wir wieder in den Wagen stiegen, «machen wir noch einen Besuch.»
«Heute scheint großer Besuchstag zu sein. Bei wem, Poirot?»
«Bei den demoiselles Tripp.»
«Schreiben Sie ein Werk über Spiritismus? Oder noch immer eine Biografie von General Arundell?»
«Diesmal wird es einfacher sein, mein Freund. Aber erst müssen wir herausfinden, wo die Damen wohnen!»
Die Schwestern Tripp bewohnten ein malerisches Bauernhäuschen, so alt, dass es aussah, als wollte es jeden Augenblick einstürzen.
Ein etwa vierzehnjähriges Mädchen öffnete uns und drückte sich an die Mauer, um uns eintreten zu lassen. Das Innere des Hauses war reich an altersgeschwärzten Eichenbalken; es besaß eine große offene Feuerstelle und so kleine Fensterchen, dass man nichts deutlich sehen konnte. Die ganze Einrichtung war von falscher Schlichtheit; viel Obst in Holzschüsseln; viele Fotos – fast alle dieselben zwei Damen in verschiedenen Posen darstellend, meist mit an den Busen gepressten Blumensträußen oder mit der Hand einen wagenradgroßen Hut festhaltend.
Das Mädchen war ins obere Stockwerk gegangen, um uns zu melden. Gleich darauf kam unter großem Geräusche und Geknarre eine Dame die Treppe herunter und auf uns zu.
Sie war nahe an die Fünfzig, hatte gescheiteltes Haar und braune, etwas vorquellende Augen. Ihr geblümtes Musselinkleid erinnerte irgendwie an ein Fasnachtskostüm.
Poirot trat näher und eröffnete das Gespräch auf schwungvollste Weise. «Ich muss vielmals um Vergebung bitten, dass ich störe, Mademoiselle, aber ich bin in Verlegenheit. Ich suchte nämlich in Basing eine Dame, die jedoch nicht mehr hier wohnt, und man sagte mir, dass Sie mir ihre Adresse geben könnten.»
«Ah? Um wen handelt es sich?»
«Um
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