Der Bann des Zeitreisenden (German Edition)
gereizt zu klingen.
»Pass gut auf sie auf. Seit der Invasion der Unari sind Fremde hier nicht mehr sonderlich willkommen.«
Rion stellte sich den anderen Männern vor, die kurz darauf zu Bett gingen, nachdem sie ihre nächtliche Mission erfüllt hatten. Endlich waren Erik und er allein. Rion hatte sich dieses Treffen zwar erträumt, aber nun, da es Wirklichkeit geworden war, spürte er, dass Erik unwohl dabei war. Also versuchte er seinen Vetter zu beruhigen, indem er ihm seine Geschichte erzählte. Er gab einen zusammenfassenden Bericht seiner Flucht von Ehro, dem Absturz auf Pendragon, der Reise zur Erde, dann nach Tor und schließlich der Rückkehr nach Hause.
»Das ist eine lange Geschichte. Ich fürchte, die meine ist nicht annähernd so aufregend.«
»Wie konntest du den Unari entkommen?«, wollte Rion wissen.
»Sie haben uns geschwächt und uns das Platin vorenthalten, damit wir uns nicht in Menschen zurückverwandeln konnten. Aber einige der Männer haben mir ihr Platin überlassen, und so habe ich …«
»Weißt du, wie oft ich mir gewünscht habe, du hättest mich begleitet?« Rion schüttelte den Kopf und seufzte. »Du bist hiergeblieben, damit ich fliehen konnte … ich weiß nicht, wie ich dir jemals dafür danken kann.«
»Ich auch nicht«, scherzte Erik, aber seine Augen lachten keineswegs. »Die Unari haben die Stadt an einem einzigen Tag eingenommen. Eine Stunde nach ihrer Landung haben sie den Tyrannisierer aufgebaut. Chivalri ist innerhalb von zwei Tagen gefallen. Wir hatten nicht die geringste Chance.«
»Hast du Sklavenarbeit leisten müssen?«
Erik nickte. »Die Unari haben die Drachenwandler gezwungen, ein gewaltiges Bauwerk zu errichten. Allein drei Jahre habe ich an einer einzigen Mauer gearbeitet. Es war furchtbar. Sie geben den Gefangenen nur dann zu essen, wenn sie sich verwandeln. Und es reicht nie aus, weswegen alle von uns zu schwach sind, um sich wieder in Menschen zurückzuverwandeln. Und so können sie der Sklavenarbeit nicht entgehen.«
»Was weißt du über die Maschine?«, fragte Rion. Seine Stimme klang zwar sanft, aber das Herz war ihm schwer geworden. Er vermutete, dass Erik noch viel mehr erlitten hatte, als er zu sagen bereit war. Dieser Mann war kaum noch mehr als Haut und Knochen.
»Je mehr du den Befehlen der Unari Widerstand leistest, desto schlimmer werden die Schmerzen.«
»Hast du den Tyrannisierer gesehen?«, fragte Rion. Als Erik den Kopf schüttelte, war Rion enttäuscht.
»Aber ich habe Gerüchte gehört.« Eriks Blick wurde hart. »Es heißt, unsere besten Krieger werden mit dem Tyrannisierer im selben Raum gehalten. Die Unari foltern sie, und die Maschine nimmt ihre Schmerzen auf und strahlt sie auf ganz Ehro ab.«
Seit Rion erfahren hatte, dass sich Erik den Rebellen angeschlossen hatte, war er immer davon ausgegangen, dass sein Vetter einen Aufstand plante. Doch die Unari hatten Erik gebrochen, wie alle anderen auch: Er war nur noch ein Schatten seines wahren Selbst.
»Ich habe Gerüchte gehört, dass dein Vater …« Erik konnte ihm nicht in die Augen sehen.
»Sie foltern ihn?« Schon das Aussprechen dieser Worte tat weh.
»Es ist nur ein Gerücht«, sagte Erik. »Wenn die Unari herausfinden, wer du in Wirklichkeit bist, werden sie das ganze Land durchkämmen, bis sie dich gefunden haben.«
»Und meine Mutter?«
»Sie ist schon bei der ersten Invasion gestorben, als sie versucht hat, die Kinder zu beschützen.« Tränen traten in Eriks Augen. »Sie war eine große Frau. Auch wenn sie von Tor stammte.«
»Ja.« Vor Trauer schnürte sich Rions Kehle zusammen. Er war zwar nicht im Haushalt seiner Eltern aufgewachsen, hatte sie aber oft besucht. Er erinnerte sich daran, wie er einmal gestürzt war und sich das Knie aufgeschürft hatte. Seine Mutter hatte die Wunde gesäubert und ihm gesagt, wie tapfer es von ihm sei, dass er sich die Wunde auswaschen lasse. Sie hatte nach Veilchen geduftet und ihr Lächeln war wie Sonnenschein gewesen. Aber ihre Augen hatten oft traurig dreingeblickt. Sie musste ihn sehr geliebt haben, wenn sie ihn weggegeben hatte, um dadurch sein Leben zu retten. Und nun war sie nicht mehr da.
Er sagte sich, dass sie wenigstens die letzten drei Jahre nicht hatte durchleiden müssen. Doch das half keineswegs, die heiße Wut in seinen Eingeweiden zu mildern.
»Sie haben ihren Leichnam den Hunden zum Fraß vorgeworfen.« Erik erschauerte, und Rion wandte den Kopf ab, weil er seine Tränen verbergen wollte. »Du hättest
Weitere Kostenlose Bücher