Der Bann (German Edition)
Chance, diese Sache zu unserem Vorteil zu wenden. Der positive Nebeneffekt ist, dass wir dabei die Leben dieser Frau und ihrer Tochter retten können. Ich weiß, dass ich lediglich als ein einzelner
ülnök
spreche. Aber ich kann sofort Földessy anrufen und eine Mehrheitsentscheidung daraus machen, solltest du es wünschen. Aber ich glaube, wir sind über Eleni-Politik hinaus, meinst du nicht? Es ist zu einer sehr einfachen Sache geworden. Auf wessen Seite möchtest du stehen?»
Der
Signeur
studierte aufmerksam Dániels Miene, und was er sah, schien ihn zu enttäuschen. Seufzend neigte er den Kopf in Richtung seiner rechten Hand.
Dániel spürte, wie sich Vass von hinten näherte. Der Atem des Mannes, würzig und fleischig, füllte seine Nüstern.
«Es ist unangenehm, auf der falschen Seite zu stehen, Dániel», sagte er. «Falls es dich interessiert,
wie
unangenehm, bin ich gerne bereit, es dir zu zeigen.»
Kapitel 23
Region Aquitaine, Frankreich
Heute
H annah entdeckte den Zettel, als sie Leahs Frühstück zubereitete.
Sie war aufgewacht, als das erste bleiche Licht des Morgens durch die Läden in das Zimmer ihrer Tochter fiel. Das kleine Mädchen schlief neben ihr, warm und friedlich, und es kostete Hannah all ihre Willenskraft, aufzustehen und nach unten in die Küche zu gehen.
Viel zu lange hatte sie zugelassen, dass ihre Trauer sie verzehrte. Die Vernachlässigung ihrer Tochter war unverzeihlich. Das Wissen um ihr Versagen war wie ein stetiger Tropf Gift, das in ihren Adern kreiste. Sie war zwar imstande, ihren Schmerz über Nates Tod für den Moment zu begraben, ihn zu ersticken, zu verdrängen, doch sie würde sich niemals die drei Tage verzeihen, in denen sie Leah aus Kummer wegen ihres Verlustes im Stich gelassen hatte.
Er macht Monster aus uns allen.
Nein.
Nein, das ist zu einfach, Hannah. Dein Versagen hat nicht das Geringste mit Jakab zu tun. Das war ganz allein deine Schwäche.
Nates Tod hatte etwas in ihr zerstört, das niemals wieder heilen konnte. Dieses Leben war vorüber, und sein Echo verblasste bereits. Nun, da sie aus ihrer Erstarrung hervorgekommen war in diese kalte, neue Existenz, stellte sie fest, dass sie nur noch ein Ziel hatte. Vergangene Nacht hatte sie Sebastien das Versprechen abgenommen, ein behütetes Zuhause für Leah zu finden, sollte sie, Hannah, die finale Begegnung mit Jakab nicht überleben. Sie hatte ihn gefragt, weil sie spürte, dass das Ende ihrer Auseinandersetzung mit Jakab nah war, und weil sie fest entschlossen war, Jakab zu töten, ganz gleich, welchen Preis sie dafür würde zahlen müssen.
Die Aussicht, womöglich sterben zu müssen, weckte nicht die geringste Angst in ihr. Vielleicht war das der eine Vorteil gegenüber der Kreatur, die ihnen nachstellte. Sie legte keinen Wert mehr auf ihr eigenes Leben.
Auf dem Küchentresen fand sie zwei Baguettes vom Vortag, noch weich unter der Kruste. Im Kühlschrank waren Weichkäse, Würstchen, Schinken, ein Karton mit sechs Eiern, Äpfel, ein Glas Pflaumenmus sowie Orangensaft und Milch. In einem der Schränke fand sie außerdem Teebeutel und Kaffee.
Dann entdeckte sie die Notiz. Eine Nachricht auf einem einzelnen Blatt Papier, auf dem Fenstersims eingeklemmt zwischen einem Topf mit Basilikum und einem Topf mit Estragon. Die Handschrift besaß einen eleganten Schwung, und das Papier trug ein Wasserzeichen.
Hannah,
ich bin unten am Fluss. Meine Leute sind auf dem Weg hierher.
Gabriel
Sie drehte das Blatt in den Händen. Die Erfahrung vom Vorabend hatte sie zuerst mit Staunen erfüllt, das rasch Angst gewichen war. Vielleicht hätte sie das nicht weiter überraschen dürfen. Trotz aller Sympathie und ihrer Tendenz, Gabriel zu vertrauen, war er immer noch ein
hosszú élet
, untrennbar verbunden mit jenem Albtraum, der ihr so viel im Leben genommen hatte. Eigenartigerweise schien ihn das Erlebnis ebenfalls aufgewühlt zu haben. Aus welchem Grund auch immer – die Traurigkeit, die sie während ihres Rittes den Cadair Idris hinauf bei ihm bemerkt hatte, war wieder zum Vorschein gekommen. Sie hatte die schmerzende Einsamkeit in seinen Augen gesehen.
Meine Leute sind auf dem Weg.
Oben knarrten die Dielen in Leahs Zimmer, und dann waren ihre tappenden Schritte zu hören, als sie die Treppe herunterkam. Hannah schenkte Saft ein, füllte einen Kessel und machte sich daran, den Tisch zu decken.
Leah schlurfte auf nackten Füßen in die Küche. Sie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Ihr Gesicht war
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