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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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Jakab zu stoppen. Wie sie hätte verhindern können, dass er Nate tötete.
    Hier, im geschützten Raum des Schlafzimmers ihrer Tochter, hatte diese Szene vorübergehend ihre Macht über Hannah verloren. Die Fragen in ihrem Kopf verblassten, während sie den Duft von Leahs Haaren einatmete, die Wärme ihres Körpers spürte und allmählich in den Schlaf hinüberdämmerte.
    Jakab würde kommen. Sie wusste, dass er auf dem Weg war. Ungewiss war allein, wie viele Menschen diesmal sterben würden. Und ob Hannah dafür sorgen konnte, dass er einer davon sein würde.

Kapitel 22
    Snowdonia
    Heute
    D ániel Meyer sah zu, wie seine rechte Hand Nikola Pálinkás den letzten Spaten Erde auf das Grab schaufelte und festtrampelte. Pálinkás war Ende dreißig, einsfünfundneunzig groß und besaß die Statur eines Gewichthebers. Es schien, als wären die einzigen Stellen seines Körpers, die nicht bedeckt waren von wildem schwarzem Haarwuchs, die beiden dreieckigen Flächen unter seinen Augen, gegenwärtig verborgen unter den großen Gläsern einer goldgeränderten Aviator. Sein Bart erinnerte Dániel an die Borsten eines Keilers.
    Es war unglaublich kalt hier oben.
    Die ersten Schneeflocken fielen aus einem schiefergrauen Himmel, und die Temperaturen waren unter den Gefrierpunkt gesunken. Doch es waren der Wind und die Feuchtigkeit, die sich um Dániels Gliedmaßen legten und seine Knochen drückten, bis sie schmerzten. Der Boden unter seinen Füßen war hart wie Stein.
    Trotz der Umstände hatte sich auf Pálinkás’ Braue Schweiß gebildet. Dániel schlug dem Mann auf den Rücken, blies warme Luft in die hohlen Hände und drehte sich um. Hinter ihnen, im Schoß der Berge, stand das Farmhaus von Llyn Gwyr wie ein einsamer, trauriger Monolith. Ob es die leeren Fenster waren oder irgendetwas anderes, vermochte er nicht zu sagen, doch seit ihrer Ankunft fühlte sich Dániel beobachtet. Es war kein angenehmes Gefühl.
    Sie hatten Professor Charles Meredith entdeckt, wenige Augenblicke nachdem sie auf den Weg abgebogen waren, der zur Farm führte. Sein Leichnam, gefroren und weiß, hatte sich genau an der Stelle befunden, die Sebastien ihnen genannt hatte, an den Wegweiser nach Llyn Gwyr gebunden.
    Den Toten in den Kofferraum des gemieteten Geländewagens zu heben war mühsam gewesen – ihn in das Farmhaus zu schaffen war noch schwieriger gewesen. In der Küche von Llyn Gwyr hatten sie den Toten zwei Stunden lang vor einem knisternden Kaminfeuer auf einen Stuhl gesetzt, bevor er weit genug aufgetaut war, dass sie ihm das Journal aus den Fingern nehmen und seine Gliedmaßen geradebiegen und ihn flach hinlegen konnten.
    Auf der Brust des Professors waren frische Brandmale zu sehen, und jemand hatte ihm zwei Finger abgeschnitten. So brutal und schmerzhaft diese Verletzungen sein mochten, sie waren nicht lebensgefährlich gewesen. Dániel war nicht imstande gewesen, eine offensichtliche Todesursache auszumachen.
    Sie beschlossen, ihn gleich neben Nathaniel Wilde beizusetzen, dem Ehemann der jungen Frau, die Sebastien zu ihnen gebracht hatte. Hannah Wilde. Die Ärmste, in eine so furchtbare Geschichte hineingezogen zu werden.
    «Ich gehe rein.» Dániel ging in Richtung Farmhaus. Er studierte die schwarzen Fenster. So viel Tod, dachte er. Was für ein melancholischer Ort.
    In der Küche starrte er auf die zerbrochenen Fenster und die Glassplitter auf den Fliesen. Er ging durch den Flur ins Esszimmer und fand die durchbrochene Reihe von sauber aufgestellten Schrotpatronen auf dem Tisch.
    Es sollte das letzte Gefecht sein
, dachte er.
Trotzdem konnten sie wieder fliehen, auch wenn sie einen hohen Preis dafür bezahlt haben.
    Dániel erschauerte. Seine Kleidung war unzureichend in diesem zugigen Mausoleum. Draußen im Flur vernahm er Schritte. Pálinkás kam herein.
    Der schwere Mann nickte in Richtung der Fenster. «Helikopter im Anflug.»
    Dániel trat zum Fenster und lauschte. Er hörte den fernen Rhythmus der Rotoren. «Ist es fertig?»
    «Es ist nicht hübsch, aber es hält die Aasfresser von ihm weg.»
    «Wir haben getan, was wir konnten.»
    «Hast du ihn gekannt?», fragte Pálinkás.
    «Flüchtig. Ich bin ihm einmal begegnet, vor langer Zeit. Kurz nachdem seine Frau gestorben war. Er war halb wahnsinnig vor Trauer und plötzlich ganz allein verantwortlich für die Sicherheit einer fünfzehnjährigen Tochter, die ihn halb liebte, halb hasste für das, was passiert war. Ich dachte, sie hätten keine Chance. Ein Wunder, dass er so

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