Der Bann (German Edition)
jungen
Hosszú-élet
-Mädchens verschuldet hatten. «Aber es gibt doch sicher Alternativen? Wieso muss er sich auf ein
Hosszú-élet
-Mädchen beschränken?»
«Kannst du dir vorstellen, welchen besonderen Schmerz es mit sich bringt, dabei zuzusehen, wie jemand, den du liebst, alt wird und stirbt, und all das in einer Zeitspanne, die dir wie ein oder zwei Jahre erscheint? Würdest du wollen, dass irgendjemand diesen Horror durchlebt?»
«Nein, selbstverständlich nicht. Aber wir reden hier nicht nur von einem Lebenspartner für Gabriel, oder? Wir reden über das Überleben Ihres Volkes. Wenn er Kinder hat …»
«Es kann nicht sein.»
«Aber –»
Die Augen der
Főnök
verfinsterten sich. «Meinst du nicht, wir hätten nicht daran gedacht? Meinst du, ich würde mich tatenlos zurücklehnen und dabei zusehen, wie wir weniger und weniger werden, wenn es so leicht wäre? Es wurde schon versucht, und die Ergebnisse waren … Nun, du hättest sie nicht sehen mögen. Die einzige Gnade war, dass sie nicht lange lebten.» Sie seufzte und streckte Hannah die Hände entgegen, während ihre Augen wieder den hellen lavendelfarbenen Ton annahmen. «Es tut mir leid. Es ist eine schwierige Situation für unser Volk, und du hast recht daran getan zu fragen. Aber es geht nicht, Hannah. Unser Blut mischt sich nicht mit dem gewöhnlicher Menschen.»
«Sie müssen sich nicht entschuldigen. Es ist eine Tragödie. Alles ist eine Tragödie. Ich hatte keine Ahnung von Gabriels Verlust. Es ist schwer vorstellbar, dass er das
lélekfeltárás
niemals mit jemandem teilen wird, der imstande ist, es zu erwidern.»
«Er hat dir davon erzählt?»
«Er hat es mir gezeigt.»
«Er hat es dir
gezeigt
?» Sorge huschte über das Gesicht der
Főnök
, und dann wich sie einem Ausdruck müder Resignation. «Das hätte er nicht tun dürfen. Es war nicht richtig.»
«Vielleicht nicht», sagte Hannah. «Aber ich hatte ihn darum gebeten.» Sie zuckte die Schultern und lachte spröde. «Sehen wir den Tatsachen ins Auge. Wir alle hier in diesem Haus sind gebrochene Leute, auf die eine oder andere Weise.»
Die Frau erhob sich von der Bank. «Wo wir von Gabriel reden – er hat uns keinen Tee gebracht. Noch etwas, weswegen ich ein Wörtchen mit ihm reden muss. Komm jetzt, es ist Zeit, die anderen zu besuchen. Lange her, dass ich mich an der Gesellschaft eines Kindes erfreuen konnte.»
Als Sebastien zurückkehrte, saßen sie zu viert um den Tisch und tranken Tee. Hannah hörte die Haustür schlagen und das Schlittern eifriger Pfoten auf den Holzdielen, als Moses schwanzwedelnd durch den Flur in die Küche gerannt kam.
Im Türrahmen verharrte er und starrte auf die
Főnök
. Sein Fell sträubte sich, und er bellte einmal.
Hinter ihm kam der alte Mann rückwärts durch die Tür, unter jedem Arm eine Papiertüte mit Einkäufen. «Na! Aus dem Weg, Moses! Der verdammte Hund ist völlig durcheinander, seit Gabriel hier aufgetaucht ist! Ich habe einen Waffenladen gefunden. Habe eine Menge Formulare ausgefüllt, aber es wird …» Er drehte sich zu der Gruppe um, während er redete. Als er die Frau neben Hannah erblickte, verstummte er.
Er ging zum Tresen und stellte die Tüten ab. Seine Arme sanken hilflos an den Seiten hinab. Er machte einen Schritt auf die Frau zu, und sein Atem ging plötzlich rasselnd. «Éva?»
Widerstreitende Gefühle spiegelten sich auf dem Gesicht der
Főnök
. «Hallo, Sebastien.»
Der alte Mann drehte den Kopf zur Seite, und sein Blick verschwamm. Als er sie wieder ansah, zitterte sein Unterkiefer, und seine Hände bebten. Er blickte hinunter auf seine Finger, als wäre er überrascht, dass sie ihn auf diese Weise verrieten. Dann weiteten sich seine Augen, und er hob abwehrend die Hände.
«Sebastien, ich –»
«Nein!»
«Es ist in Ordnung, Sebastien. Du –»
«Sieh mich nicht an!»
Er war zu alt zum Weglaufen. Wäre er jünger gewesen und agiler, er hätte es möglicherweise versucht. Ein gequältes Wimmern kam über seine Lippen. Er sah die offene Terrassentür und floh nach draußen, die Hände vors Gesicht geschlagen. Er stolperte zwischen den Bäumen des Obsthains hindurch, raufte sich die Haare, riss sich an den Ohren.
Die
Főnök
stand da, mit schmerzverzerrtem Gesicht. Röte war in ihre Wangen gestiegen. «Überlass das mir», sagte sie zu Hannah und folgte Sebastien nach draußen.
Hannah sah ihr hinterher, dann blickte sie Gabriel fragend an. «Die Frau, in die er sich als junger Mann verliebt hat.
Weitere Kostenlose Bücher