Der Bann (German Edition)
vor Hannah, dass sie das Ticken und Pingen des abkühlenden Motors hören konnte. Die Windschutzscheibe reflektierte das Sonnenlicht und verwandelte das Glas in einen Spiegel, der die Insassen vor Hannahs Blicken abschirmte.
«Das sind keine
hosszú életek
», sagte Sebastien. «Es sind Eleni.»
Hannah sah fragend zu dem Ex-
Signeur
auf und wartete darauf, dass er ihr in die Augen blickte. «Du hast
Eleni
hergebracht?»
Sein Unterkiefer wurde hart. Als er sie ansah, leuchteten seine Augen hell vor Ärger. «Ich habe sie nicht
hergebracht
, Hannah. Ich –»
«Dann verrate mir doch, wie sie uns finden konnten!»
«Ich musste jemanden ins Vertrauen ziehen! Ich musste dich und Leah irgendwie aus dem Land schaffen. Glaubst du ernsthaft, ich hätte mit euch hierherfliegen können, ohne dass eure Namen auf Passagierlisten aufgetaucht wären, wenn die Eleni mir nicht dabei geholfen hätten? Ich bin nicht zu dir durchgedrungen, Hannah. Du hattest mich ausgeschlossen.»
Sie wand sich bei seinen Worten, und ihr Zorn auf ihn verrauchte genauso schnell, wie er gekommen war. Für einen Moment noch bemühte sie sich, seinem Blick standzuhalten, dann wandte sie sich mit vor Scham geröteten Wangen ab. Er hatte alles in seiner Macht Stehende getan, um sie zu beschützen, und trotzdem machte sie ihm Vorwürfe. «Es tut mir leid, Sebastien. Bitte entschuldige. Du hast recht.»
Er winkte ab und wandte sich wieder dem Fenster zu, als die Beifahrertür des Audi aufgestoßen wurde.
Der Mann, der aus dem Wagen stieg, war beinahe genauso alt wie Sebastien. Sein graues Haar war geölt und auf der Seite gescheitelt, und sein dichter Schnurrbart war sorgfältig getrimmt. Seine Bewegungen waren übertrieben vorsichtig, als schmerzten seine Gelenke, und als er zum Haus blickte, glaubte Hannah, eine Spur von Nervosität in seinen Augen zu bemerken.
«Oh», murmelte Sebastien bestürzt. «Gottverdammt!»
«Was denn?»
«Dieser alte Narr ist Dániel Meyer. Dániel ist
Acadeim
. Einer der
Ülnökök
.»
«Einer von den guten Jungs?»
Sebastien sah sie mit gequältem Gesichtsausdruck an. «Er gehört zu den Guten. Ob wir ihm allerdings vertrauen können, steht auf einem anderen Blatt.»
Aber du hast ihm vertraut, Sebastien. Und jetzt ist er hier.
Und du machst ihm weiter Schuldvorwürfe. Obwohl es nicht seine Schuld ist.
Dániel Meyer fuhr sich mit dem Finger im Kragen seines Hemds herum und ging zur Vordertür. Er klopfte an.
«Dieser Mann, der Sie hergebracht hat», sagte Hannah, an Éva gewandt. «Illes. Können Sie ihn erreichen?»
«Ich habe ihm bereits eine Nachricht geschickt.»
«Wie schnell wird er hier sein?»
«Das kann ich nicht sagen.»
Sebastien schnippte mit den Fingern und deutete auf die Tür. «Zurück in die Küche, alle zusammen. Lasst mich das machen. Ich kenne Dániel. Ich finde heraus, was er will.» Er sah Éva und Gabriel an. «Er weiß nicht, wer ihr seid. Er weiß nicht, dass ihr
hosszú életek
seid. Belassen wir es dabei.»
Hannah suchte in Sebastiens Augen nach einer Spur von Falschheit, einer Andeutung von Verrat, doch sie fand nichts. Sie streckte die Hand nach Leah aus. «Sebastien hat recht. Er kennt diese Leute. Komm, gehen wir.»
Als sie in die Küche zurückkehrte, sah sie vier Männer im Obstgarten stehen. Einer von ihnen hatte zwei ausgewachsene Magyar Vizslas an der Kette. Der Fremde begegnete ihrem Blick mit ausdruckslosen Augen.
Sie hörte den Riegel der Vordertür. Eine müde Stimme erklang. «Es tut mir leid, Sebastien. Ich hatte keine andere Wahl.»
Schritte stapften durch den Flur, und einen Moment später erschien Dániel Meyer in der Küche. Als er Hannah ansah, meinte sie ihn schon einmal gesehen zu haben. Gehörte er zu den Leuten, die sie während ihrer halb bewusstlosen Reise von Llyn Gwyr nach Le Moulin Bellerose gesehen hatte?
Meyer kam zu ihr und ergriff ihre Hände. «Hannah, mein Name ist Dániel. Möglicherweise erinnern Sie sich nicht an mich. Ich hätte nicht geglaubt, dass ich Sie wiedersehen würde, doch jetzt, wo wir uns erneut begegnen, möchte ich Ihnen sagen, wie unglaublich leid es mir tut wegen Ihres schlimmen Verlustes. Der Tod Ihres Mannes war eine Tragödie für uns alle, genau wie der Ihres Vaters. Ich bin nicht so plump zu behaupten, ich wüsste, wie Sie sich fühlen müssen. Ich bin nur froh, dass Sebastien Sie gefunden hat und dass unsere Organisation imstande war, ein klein wenig zu helfen, indem wir Sie sicher hierhergebracht haben.»
Die leise
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