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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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sie es hätte tun dürfen. Selbst die Backenzähne waren entblößt. Als das Fleisch auf einer Seite seines Mundes bis zum Ohr aufriss, fing er an zu schreien. Das lose Stück Backe klappte unter seinem eigenen Gewicht um und gab den Blick frei auf das rote Zahnfleisch und die Zähne. Blut strömte an seinem Hals hinab.
    «
Etwa mmt nicht
 …», lallte er, während er mit den Händen hektisch nach der Pistole auf dem Boden tastete. Seine Finger rutschten auf den Dielenbrettern aus und hinterließen blutige Spuren. Hannah bemerkte, dass die dunklen, klebrigen Blättchen, die am Holz haften blieben, seine Fingernägel waren.
    Er hob den Blick zu ihr, und sie sah, dass eines seiner Augen hervorquoll, als würde es mit Druck aus dem Schädel gepresst.
«Hilb mi…»
, gurgelte er flehend durch das Blut in seiner Kehle.
    Hilf mir.
    Flüssigkeit strömte aus seinem Ohr. Platschte auf seine Schulter.
    «Du willst, dass ich dir helfe?», fragte Gabriel. «Binde mich los und gib mir deine Pistole. Das ist der einzige Weg, wie ich dir jetzt noch helfen kann.»
    «Hilb miii…»
    «Binde mich los, solange du noch kannst!»
    Vass bäumte sich zuckend auf. Er zerrte an seiner Kleidung, riss sein Hemd auf und legte die weichen weißen Falten seines Fleisches bloß. Er begann, wild sich selbst zu kratzen. Brocken von Fett lösten sich unter seinen Händen wie geschmolzenes Wachs. Er schrie erneut. Zähne regneten aus seinem Mund und prasselten zu Boden wie Elfenbeinwürfel. Er fuhr mit Klauenfingern über seinen Unterleib und riss eine tiefe Furche. Hannah sah seine Organe darunter, eine dunkle, glänzende Masse. Gerade als er mit der Hand in seine eigenen Eingeweide packen wollte, krachte ein Schuss, und die obere Hälfte von Vass’ Schädel explodierte in einem Schauer aus Blut, Knochensplittern und grauem Gewebe.
     
    Leah sah, wie Sebastien die Fahrertür aufriss und sich auf den Sitz warf. Für einen Moment glaubte sie, sich übergeben zu müssen, als er sich in das von fremdem Blut durchnässte Polster drückte. Der Stoff schmatzte, und Leahs Magen zog sich zusammen. In ihrer Kehle schmeckte sie das saure Brennen von Galle.
    Sebastien fluchte. «Was zum Teufel ist denn hier passiert?»
    «Ich glaube, jemand wurde getötet», flüsterte Leah. «Ich bin eigentlich ziemlich sicher.»
    Der alte Mann nickte und drehte den Zündschlüssel. «Vermutlich hast du recht. Armer Tropf, wer auch immer es war. Halt dich fest, jetzt wird es ruppig.»
     
    Als Hannah die Augen öffnete, sah sie Benjámin Vass zusammengesunken an dem umgekippten Tisch lehnen. Die obere Hälfte seines Schädels war verschwunden. Fetzen von ihm klebten an ihrer Kleidung, ihrem Top und ihrer Jeans.
    So viel Gewalt. So viel Tod. Alles in einem Zeitraum von wenigen Minuten. Und doch empfand sie kein Entsetzen, keine Übelkeit. Ihre Leben – und ihr Tod – hatten nichts mit ihr oder ihrer Familie zu tun. Sie waren ihr egal.
    Als sie das Splittern von Holz hörte, drehte sie sich auf ihrem Stuhl um. Gabriel hatte die Augen geschlossen. Seine Zähne waren entblößt, und die Sehnen in seinem Hals waren straff gespannt. Er knurrte. Irgendetwas unter ihm knackte und brach. An seinen Unterarmen war ein unnatürlicher Ring von Muskeln entstanden. Der Druck des Fleisches gegen die Fesseln hatte beide Armlehnen gesprengt. Auf Gabriels Unterarmen waren rote Male zu sehen, die sofort wieder verblassten. Gabriel hob die Hände und schüttelte seine Fesseln ab. «Mein Gott, das brennt», sagte er.
    «Binden Sie mich los.»
    Er nickte, dann bückte er sich und löste zuerst seine eigenen Fußfesseln.
    Illes humpelte durch die zerschossene Terrassentür in die Küche. Seine Augen waren wie Schwarze Löcher. Sein Rollkragenpulli war blutdurchtränkt. Er trat um den Rollstuhl mit dem toten
Signeur
herum und stieg über den schlaffen Leichnam von Benjámin Vass. «Wo?», fragte er Gabriel. «Wo ist die
Főnök

    «Oben. Sie haben sie nach oben gebracht.»
    Illes schleppte sich in den Flur.
    «Bitte, Gabriel», flehte Hannah. «Beeilen Sie sich!»
    Er zog das letzte Seil von seinen Füßen, erhob sich von seinem Stuhl, stieß einen Schrei aus, als seine verletzten Füße sein Körpergewicht tragen mussten, und fiel auf die Knie. Er rutschte zu ihr, und auf seinem Gesicht glitzerte Schweiß. «Der Bastard hat mir in beide Füße geschossen», zischte er schmerzerfüllt, während er an den Knoten ihrer Fesseln fummelte. «Ich kann nicht gehen und nicht stehen. Es tut mir

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