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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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ihm seinen Schlüssel reichte.
    Lukács führte Márkus hinauf in die zweite Etage, sperrte die Tür zu seiner Suite auf und trat ein. Er ging zu einem Barschrank, nahm zwei schwere Gläser hervor und schenkte Whisky aus. Er reichte Márkus ein Glas.
    Márkus kippte den Inhalt in einem einzigen Zug hinunter und wischte sich über den Mund. «Ich nehm noch einen davon.»
    «Sicher, gerne.»
    «Sieh dir dieses Zimmer an, Lukács! Himmelbett, Spitzendeckchen auf dem Schrank!» Er ging zum Bett, strich mit der Hand über die Laken. «Das musst du gefühlt haben! Wie sie duften!»
    Lukács lachte angesichts von so viel Bewunderung in der Stimme seines Freundes. «Hast du schon die Aussicht bewundert?»
    Márkus kippte einen weiteren Whisky hinunter, stellte das leere Glas ab und ging zum Fenster. Er blickte hinunter auf die Straße und schüttelte voller Staunen den Kopf. «Ich könnte so leben. Ehrlich, ich könnte das.»
    «Meinst du? Das denkst du vielleicht jetzt, aber sei dir nicht so sicher. Ich kann es nicht. Und ich werde es auch nicht. Du kennst die Einschränkungen nicht, die mit dieser Art zu leben einhergehen. Es hat seine Vorteile, zugegeben. Seinen Komfort. Aber es bringt auch Komplikationen mit sich. Komplikationen, die dir die Freude an diesem Leben nehmen.» Lukács spürte, wie er alleine durch das Reden über seine Gefühle missmutig wurde. Er wechselte das Thema. «Wo triffst du dich heute Abend mit Krisztina?»
    «Bei der Kirche von Sankt Anne auf der Batthyány tér.»
    «Nein, das tust du nicht.» Fauchend und mit gebleckten Zähnen versetzte Lukács dem jungen Mann einen Schlag mit der Whiskyflasche auf den Schädel. Er war froh, dass die improvisierte Waffe von der Wucht des Aufpralls nicht zersplitterte. Márkus drehte sich einmal um die eigene Achse und verhedderte sich in den bodenlangen Vorhängen, dann kippte er vornüber und rührte sich nicht mehr.
    Lukács stellte die Flasche in den Barschrank und machte sich daran, Márkus die Sachen auszuziehen. Es war eine unangenehme Aufgabe. Schiffsbau war eine anstrengende Arbeit, und als er seinem Freund die Unterwäsche herunterstreifte, verzog er das Gesicht wegen des starken Geruchs, der von seinem Körper aufstieg.
    Als er halb fertig war, fiel ihm ein, dass er gar nicht nachgesehen hatte, ob Márkus noch am Leben war. Er tadelte sich wegen seiner Nachlässigkeit, hob ein Augenlid, und als er nichts erkennen konnte, senkte er das Ohr über seinen Mund. Er atmete noch, wie Lukács erleichtert an der warmen feuchten Luft erkannte, die zwischen Márkus’ Lippen hervorströmte. Er hatte nicht gewusst, wie hart er zuschlagen musste, damit Márkus das Bewusstsein verlor, also hatte er all seine Kraft in den Schlag gelegt. Er hatte seinen Freund zwar nur außer Gefecht setzen wollen, doch er hatte billigend hingenommen, dass ihn der Schlag möglicherweise töten würde. Er betastete Márkus’ Schädel und die mächtige Schwellung, die sich dort gebildet hatte. Doch darunter war nichts Weiches. Er hatte ihm nicht den Schädel eingeschlagen.
    Als Márkus vollkommen entkleidet war, griff Lukács unter das Bett, um die Schnüre hervorzuziehen, die er dort verstaut hatte. Er fesselte den Bewusstlosen an Händen und Füßen und band ihn an eines der Beine des massiven Himmelbetts. Dann formte er aus einem Stück Stoff und einer dünnen Schnur einen Knebel, den er Márkus in den Mund schob. Als er damit fertig war, kontrollierte er sämtliche Knoten und überzeugte sich ein letztes Mal, dass Márkus sich weder befreien noch um Hilfe schreien konnte, dann streifte er seine eigenen Sachen ab und legte sie auf das Bett.
    Er hockte sich neben den Bewusstlosen, riss ihm ein paar seiner kastanienbraunen Haare aus und ging damit zur Kommode, wo er die Haare auf das polierte Holz fallen ließ, um die Farbe und Struktur in Augenschein zu nehmen. Dann blickte er auf zu seinem Gesicht im Spiegel.
    Was nun kam, hatte er seit vielen Monaten geübt. Längst ging es nicht mehr darum, die Schatten von Tieren an der heimischen Wand des väterlichen Werkzeugschuppens zu erzeugen. József hatte recht gehabt – es fiel ihm nicht leicht. Doch er war stolz auf die Fortschritte, die er gemacht hatte – trotz der Schmerzen, die er dafür hatte in Kauf nehmen müssen.
    Lukács biss die Zähne aufeinander, als er mit beiden Händen die Kommode umfasste. Er schloss die Augen, atmete dreimal tief und bewusst ein und aus und
drückte
.
    Eine Million Nadeln durchbohrten seine

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