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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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Stadt wolle, lieh József ihm ein Pferd, gab ihm Geld und brachte ihn zur Tür. Seine Freude über die Veränderungen an seinem Sohn war unübersehbar. Lukács hingegen nutzte die Gelegenheit zu einem Trinkgelage mit Márkus und Krisztina.
    Die Stimmung am Tisch an jenem Abend amüsierte ihn sehr. Er wusste, dass Krisztina nicht mit Márkus über das hatte reden können, was sich zwischen ihnen beiden ereignet hatte. Für sie stand zu viel auf dem Spiel. Lukács saß da und lachte und scherzte mit Márkus und ignorierte sie völlig, bis sie sich mit gerötetem Gesicht entschuldigte und die Taverne verließ. Die beiden Männer tranken bis spät in die Nacht weiter und erzählten sich Geschichten aus ihrem Leben.
    Lukács horchte Márkus nach Informationen darüber aus, wie die einfachen Leute in der Stadt lebten. Er musste eine Menge lernen, und das möglichst schnell. Er stellte Márkus Fragen über seine Arbeit, sein Zuhause, wo er aß, seine Beziehung zu Krisztina und die Orte an der Donau, die er schon gesehen hatte. Solange nur das Bier reichlich floss, beantwortete Márkus bereitwillig jede Frage, die Lukács ihm stellte.
     
    Am Nachmittag des dritten
végzet
reiste Lukács allein in der Kutsche. Das Gespann überquerte die Kettenbrücke nach Buda. Diesmal hatte er sich nicht einmal die Mühe gemacht, einen Vorwand zu erfinden. Er gab dem Kutscher ein großzügiges Trinkgeld und bat darum, ihn direkt vor Márkus’ Arbeitsstätte abzusetzen.
    Auf der Ujvári-Schiffswerft fand er seinen neuen Freund mitten im Gestank von kochendem Pech und dem lauten Klappern von Hämmern, wo er den Rumpf eines mastlosen Flussschoners glättete. Als die Kutsche hielt und Lukács ausstieg, richtete Márkus sich auf und stieß einen langgezogenen leisen Pfiff aus. «Höllenzahn, Lukács, du reist wie ein König, wie? Ich dachte mir schon, dass du ein richtiger Edelmann sein musst, aber sieh sich ein Mensch den Zierrat an dem Ding an!» Er sah der davonfahrenden Kutsche hinterher, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte. «Was machst du hier?»
    Lukács schlug dem jungen Mann freundlich auf den Rücken. «Ich weiß, dass du dich dienstags mit Krisztina triffst, aber ich war in der Gegend, und da dachte ich, ich sehe mal nach, ob mein hart arbeitender Freund ein Bier vertragen kann, um seinen Durst zu löschen, bevor er sich mit seiner Liebsten trifft.»
    «Und ob!», erwiderte Márkus und schüttelte den Kopf. «Ich frage mich immer wieder, womit ich es verdient habe, einem Burschen wie dir über den Weg zu laufen!»
    Sie verbrachten zwei Stunden damit, in einer Taverne gleich um die Ecke einen Humpen nach dem anderen zu leeren. Lukács lachte herzlich über die Witze seines Freundes und war hoch zufrieden darüber, dass er den anderen zum Lachen bringen konnte mit frei erfundenen Anekdoten über sein eigenes Leben. «Márkus», sagte er schließlich. «Da ist eine Sache, die würde ich dich gerne fragen.»
    «Nur zu!»
    «Es ist ein wenig … heikel.»
    «Sehe ich aus, als wäre ich empfindlich? Nur zu – heraus damit!»
    «Ich habe beschlossen, Ungarn zu verlassen», sagte Lukács und empfand eine bizarre Freude, als er die Enttäuschung in den Augen des jungen Mannes sah. «Die Entscheidung wird meinem Vater nicht gefallen. Sie wird niemandem gefallen, offen gestanden. Ich habe Pläne geschmiedet, aber ich brauche deine Hilfe. Du musst ein paar Dinge für mich erledigen, wenn ich weg bin.»
    «Kein Problem.»
    Lukács nickte. «Ich weiß das zu schätzen, ehrlich. Es sind nur Kleinigkeiten, die noch zu regeln sind. Vielleicht, wenn du mich zu meiner Unterkunft begleiten würdest, kann ich dir zeigen, was es ist. Ich habe eine Suite im Albrecht angemietet.»
    Márkus hob die Augenbrauen. «Sie lassen mich wahrscheinlich gar nicht rein dort.»
    «Doch, das werden sie. Schließlich bist du in meiner Begleitung.»
    Das Albrecht war ein Grandhotel, fünf Minuten Fußweg von der Ujvári-Schiffswerft entfernt. Ein Portier vor der imposanten Fassade öffnete ihnen die Tür und begrüßte Lukács, während er Márkus geringschätzig musterte. In der Empfangshalle trat Lukács zum Schalter und wartete darauf, dass der Concierge ihn bemerkte.
    «Ah, Herr György! Guten Abend. Wie schön, Sie zu sehen. Ihr Zimmer wurde hergerichtet, wie ich mit Freude feststellen darf.»
    «Danke sehr», sagte Lukács. «Ich wünsche nicht gestört zu werden.» Er schob eine Münze über den Tresen, und der Concierge verneigte sich, bevor er

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