Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
Vom Netzwerk:
knallte er ein paar Münzen auf den Tisch und stürzte nach draußen.
    Erna hatte die Straßenseite zum Palast hin gewechselt und ging durch eine Allee. Die Zweige der Bäume waren übersät mit frischen grünen Knospen. Jakab rannte hinterher und rief laut lachend und voller Freude ihren Namen.
    Erna drehte sich um, und als sie sah, wie er sich ihr näherte, zögerte sie und blickte über die Schulter nach hinten, als hoffte sie, er meinte eine andere.
    Schnaufend legte Jakab die letzten Meter zurück.
    «Kenne ich Sie?», fragte Erna.
    In seiner Hast hatte er das Offensichtliche vergessen. Statt ihres Liebsten erblickte sie einen sonnengebräunten, schwitzenden Márkus Thúry. Kein attraktiver Anblick, wie er vermutete. «Erna, es tut mir leid.» Er grinste. «Ich bin es.»
    «Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht folgen», sagte sie. «Sind Sie vielleicht ein Freund von Hans?»
    «Ich bin Jakab, Erna.
Dein
Jakab. Ich hatte versprochen, dass ich zurückkehren würde. Hier bin ich.»
    Sie riss die Augen auf, und er sah betroffen einen Schatten von Furcht über ihr Gesicht huschen. Sie wollte einen Schritt zurückweichen, bemerkte, was sie tat, und hielt inne. Ihre Brust hob und senkte sich wogend, während sie ihn anstarrte. «Jakab?»
    Er breitete die Arme aus.
    «Was willst du?»
    Die Frage erschreckte ihn genauso sehr wie der Blick in ihren Augen. «Was ich will? Erna, ich bin zurück! Es ist getan! Ich weiß, mein Anblick muss ein Schock für dich sein, aber …»
    «Ein Schock? Wie … Jakab. Erstens, woher weiß ich, dass du es wirklich bist? Woher weiß ich, dass du nicht einer dieser beiden
hosszú életek
bist, die damals meinen Vater nach dir ausgefragt haben?»
    «Aber ich bin es! Hörst du es nicht an meiner Stimme? Ich kann es beweisen, wenn es sein muss. Aber nicht hier. Außerdem solltest du das nicht sehen müssen. Wie viele andere Männer haben dich mit ans Seeufer genommen und dich gefragt, ob du ihre Frau werden willst?» Er griff nach ihr, und als er sie an den Armen berührte, versteifte sie sich.
    Sie starrte ihn an, als wäre er gerade aus einer Gruft gestiegen. «Was machst du hier, Jakab?»
    Ihre Reaktion hatte seine Hochstimmung in Verwirrung umschlagen lassen. «Ich bin hier wegen dir. Wegen uns. Wie ich es versprochen hatte.»
    Der kleine Junge auf ihrer Hüfte richtete den Finger auf Jakab. «Mama, wer ist der –»
    Erna griff nach seiner Hand und brachte ihn zum Schweigen.
    Jakab starrte das Kind an.
Wie
hatte es Erna gerade genannt? «Wer ist der Junge?»
    «Jakab, weißt du, wie lange du weg warst?»
    «Wer ist der
Junge
, Erna?»
    «Ich dachte, du bist tot!»
    Er brüllte jetzt. «Erna, WER IST DIESER JUNGE ?»
    Der kleine Junge fing an zu weinen. Sie drückte sein Gesicht gegen ihre Brust und beruhigte ihn. «Das ist mein Sohn. Mein Sohn Carl. Ich weiß nicht, was du hier willst, Jakab, und ich weiß auch nicht, wieso du dich plötzlich entschlossen hast zurückzukommen. Was wir hatten … es ist lange her.»
    «Wie kannst du das sagen –»
    Sie schüttelte den Kopf. «Ich weiß nicht, was passiert ist, wohin du gegangen bist, was du getan hast, aber du bist offensichtlich verwirrt und nicht bei klarem Verstand, Jakab. Es ist
Jahre
her! Du kannst nicht einfach so wiederkommen, aus heiterem Himmel! Das ist grausam, Jakab. Ich habe geheiratet. Ich habe einen Mann, eine Familie.»
    Er begriff nicht, was sie sagte, begriff nicht, wie es wahr sein konnte. Langsam stieg Entsetzen in ihm auf. Der kleine Junge war mindestens zwei Jahre alt. Wann hatte er Keszthely verlassen? Vor einem Jahr, höchstenfalls. Oder? Er versuchte die Monate zu zählen, die Jahreszeiten und starrte Erna mit offenem Mund an. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie lange er weg gewesen war.
    Jakab spürte, wie in seinem Innern etwas zu zerbrechen drohte, und er wappnete sich dagegen. Es fühlte sich an wie ein zerplatzter Traum, als versuchte er, die Scherben festzuhalten.
    Nein.
    Wütend wandte er dem Gedanken den Rücken zu.
    Sie stand unter Schock, das war alles.
    Aber sie hat einen Sohn!
    Er stellte sich vor, wie sie mit einem anderen im Bett war, und wollte schreien. «Erna, ich hätte besser nachdenken sollen, bevor ich zu dir kam. Ich weiß, du hast recht. Es war ungeschickt und tölpelhaft von mir, so unangemeldet zurückzukommen. Lass uns noch einmal von vorne anfangen. Ganz von vorne, meine ich. Ich –»
    «Jakab, ich muss gehen.»
    «Warte, nein! Sag das nicht, Erna. Du kannst mich nicht einfach so

Weitere Kostenlose Bücher