Der Barbar aus den Highlands
ging zwar etwas flach, doch seine Brust hob und senkte sich deutlich und sehr regelmäßig.
Sie stützte die Ellbogen auf die Bettkante und umschloss mit ihren Händen seine Linke. Die Hand fühlte sich warm an, aber schlaff. Als sie darüber strich, wies nichts darauf hin, dass er es spürte. Flüchtig dachte sie daran, sich eine Nadel zu besorgen und ihn damit zu pieksen, ließ diesen Gedanken jedoch rasch wieder fallen. Es würde ihn kaum weiter beeindrucken als die Nadel, mit der sie vor ein paar Stunden seine Wunden genäht hatte. Sie musste eine Menge Stiche machen, doch er hatte nicht gezeigt, dass er etwas fühlte.
Mit einer solchen völligen Reglosigkeit hatte sie es als Heilerin bislang noch nie zu tun gehabt. Das beunruhigte sie sehr. Der krummen Cat zufolge war sie die geschickteste Heilerin, die es in Glascreag je gegeben hatte. Was leider bedeutete, dass es nun an ihr lag, Artan aus diesem Zustand zu holen, und sie hatte keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte. Alles, was sie über die Heilkunde wusste, hatte sie von der großen Lorna gelernt, und diese Frau hatte nie davon gesprochen, was man für einen Mann tun konnte, dessen Geist aus seinem Körper entwichen schien.
»Artan«, flüsterte sie und küsste ihn auf die Lippen. Doch als nichts darauf schließen ließ, dass er es gespürt hatte, zog sie sich wieder zurück.
»Ach, Artan, wo steckst du nur? Verlass mich nicht!« Sie streichelte seine Stirn, die sich kühl anfühlte. Einerseits sollte sie sich darüber freuen, andererseits wäre etwas mehr Wärme ein Zeichen gewesen, dass sie nicht eine leere Hülle nach Glascreag zurückgebracht hatten.
»Vielleicht sollte ich Bennet bitten, dass er nach einer der berühmten Heilerinnen in deiner Familie schickt.«
Als sie eine Weile darüber nachgedacht hatte, fühlte sie sich ein wenig getröstet durch das Wissen, dass es andere gab, an die sie sich wenden konnte. Sie lebten zwar ziemlich weit entfernt, doch sie würden bestimmt kommen, wenn sie Bescheid wüssten.
Sie nahm sich vor, am nächsten Morgen mit Bennet darüber zu reden und dann gemeinsam mit ihm zu beschließen, ob sie die Murrays benachrichtigen sollten. Es war zwar kein Versprechen auf eine Wunderheilung, aber sie fühlte sich schon allein dadurch ruhiger, dass sie einen Plan hatte.
Sie kletterte neben Artan ins Bett und legte den Kopf auf seine Brust. Auch sein regelmäßiger Herzschlag war ihr ein großer Trost. Schließlich schlang sie die Arme um seine Taille, doch trotz seines warmen Körpers und seines steten Herzschlags fühlte sie sich sehr allein. Der Geist, der Artan zu dem Mann machte, den sie mehr liebte als ihr Leben, war nicht da.
Doch, er war da, widersprach sie sich. Sie würde es merken, wenn dieser Geist seinen Körper gänzlich verlassen hätte. Als sie daran zurückdachte, wie er in Sir Fergus’ Zelt gelegen hatte, glaubte sie zu wissen, wann er in seinen Schlaf gesunken war. In seine schönen Augen war ein verträumter Blick getreten, und er hatte rein gar nichts zu seiner Rettung unternommen. Das schmerzerfüllte Stöhnen, das er von sich gegeben hatte, als der blonde Ian ihn schulterte, war das letzte Geräusch gewesen, das sie von ihm vernommen hatte, aber sie glaubte nicht, dass Ian ihn dazu veranlasst hatte.
Zu dem Zeitpunkt war Artan bereits auf der Flucht vor den Schmerzen gewesen.
Und wer würde ihm das vorwerfen?, dachte sie. Es gab kaum einen Fleck an seinem Körper, der nicht von Blutergüssen oder Stichen gezeichnet war. Viele Männer hätten vor Schmerzen laut gebrüllt.
»Ich bin mir nicht sicher, was ich tun soll, Artan«, wisperte sie. »Es macht mir zwar Angst, aber ich kann verstehen, dass es so für dich am besten ist. Du würdest schrecklich leiden, wenn du die Schmerzen in deinem Körper spürtest. Dein Schlaf verhindert das, stimmt’s? Er führt dich von den Schmerzen weg.
Ein Weilchen werde ich dich einfach in Ruhe lassen, dich deinem tiefen Schlaf überlassen. Und ich werde mich um deinen armen, geschundenen Körper kümmern, bis du wieder darin Einzug hältst. Es kostet mich nicht viel Mühe, denn dein Körper ist noch immer sehr schön, selbst wenn er von Blutergüssen übersät ist.« Sie küsste ihn sacht. »Aber ich warne dich. Du solltest nicht allzu lange in diesem Zustand verweilen, nicht nur, weil ich dich schon jetzt schrecklich vermisse. Auch wenn ich mich nach Kräften bemühe, deinen Körper zu pflegen, wird er bald anfangen, schwächer zu werden.
Und darin liegt
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