Der Barbar aus den Highlands
habe den Stock, mit dem Anabel Cecily schlug, dem Miststück aus den Händen entwunden und sie selbst damit verprügelt.«
»Danke.«
»Gern geschehen, es war mir ein großes Vergnügen. Aber am Ende war das Mädchen dann völlig allein, und das war nicht gut.« Meg seufzte. »Wenn ich mich täusche und der Junge uns doch entgleitet, dann wird Cecily sich wahrscheinlich so allein fühlen, dass selbst ihr altes Kindermädchen nichts dagegen tun kann.«
Cecily hatte ihre Haare trocken gekämmt und sie zu einem Zopf geflochten. Das heiße Bad hatte ihr gut getan, und sie fühlte sich bereit, eine weitere Nacht zu versuchen, Artan dazu zu bringen, heimzukehren, wie sie es mittlerweile bei sich nannte.
In ihrem Hinterkopf schwebte noch immer der Gedanke, zu versuchen, mit ihm zu schlafen, um zu sehen, ob dieses Gefühl bis zu Artan durchdrang, der sich in seinem viel zu reglosen Körper versteckte. Da der Gedanke nicht weichen wollte, beschloss sie, die Möglichkeit etwas eingehender zu prüfen. Doch wie sollte sie so etwas überhaupt anstellen? Ihr fehlte es deutlich an Erfahrung. Die wenigen Male, in denen sie die Führung übernommen hatte, hatte er ihr immer wieder die Richtung vorgegeben.
Sie setzte sich an die Bettkante und nahm einen kleinen Schluck Wein aus dem Becher, den sie vorher dort abgestellt hatte. Er wirkt so friedlich, dachte sie, als sie sein Gesicht betrachtete, wie sie es häufig tat bei ihrer unermüdlichen Suche nach einem Anzeichen, dass das Leben in ihn zurückkehrte. Er sah so gut aus, aber solange kein Leben in seinen Gesichtszügen aufblitzte, waren es nur gut geschnittene Linien.
Sie überlegte, worüber sie reden sollte und was sie bislang noch nicht angesprochen hatte. Auf einmal verspannte sie sich und lenkte ihre gesamte Aufmerksamkeit wieder auf sein Gesicht. Sie hatte etwas bemerkt, etwas hatte gezuckt, entweder ein Wangenmuskel oder ein Augenlid. Sie stellte den Becher auf den Nachttisch, setzte sich rittlings auf Artan und starrte so eindringlich auf sein Gesicht, als könne sie die Bewegung noch einmal erzwingen, um zu beurteilen, ob sie etwas zu bedeuten hatte. Bald begann ihr ganzer Körper vor Anspannung zu schmerzen, doch sie war sich so sicher, etwas gesehen zu haben, dass sie es nicht wagte, sich auch nur eine Sekunde abzuwenden.
»Bitte, Artan«, wisperte sie, »bitte komm zurück! Ich weiß, dass du gerade eben da warst. Fliehe nicht mehr!«
Als einige Minuten verstrichen waren, ohne dass etwas passierte, beschloss Cecily, eine höhere Macht anzuflehen. »Bitte, Gott, bitte! Ich werde die perfekte Gemahlin für ihn sein. Ich werde alle Regeln befolgen und mich in allem seinem Willen beugen. Aber bitte gib ihn mir zurück. Ich weiß, dass er angefangen hat, heimzukehren, doch er ist wieder weggeschlichen. Ich werde all die Dinge lernen, die eine gute Gemahlin wissen muss, und die perfekte Herrin für Glascreag werden. Ich werde sogar lernen, Wandbehänge zu weben. Schenkst du mir noch ein Zucken?«
Weil ihre Nackenmuskeln sich verkrampften, senkte sie langsam den Kopf, bis ihre Stirn die seine berührte. Es war wohl ein Trugbild gewesen, hervorgerufen von Hoffnungen, die sie nicht länger hegen sollte. Sie richtete sich wieder auf und wollte sich von ihm entfernen, als sie plötzlich seine Nase zucken sah, auch wenn es so schwach war, als wolle er ein Niesen unterdrücken. Mach es noch einmal, bitte noch einmal!, befahl sie stumm. Ihr Gesicht verdüsterte sich enttäuscht. Sie wusste, dass sie etwas gesehen hatte, doch sie musste sich sicher sein, bevor sie in den anderen neue Hoffnung weckte.
»Warum starrst du meine Nase an?«
Die Stimme war heiser und leise, aber sie war schmerzlich vertraut, und Cecily merkte, dass Artan sie anstarrte. Seine silberblauen Augen wirkten wie ein Zauber auf sie. Sie waren wieder von Leben erfüllt. Einen Schluchzer der Erleichterung unterdrückend, nahm sie den Weinbecher und half ihm, einen Schluck zu trinken.
»Besser«, krächzte er und rieb sich die Kehle. »Der alte Fergus hat versucht, mich zu erwürgen, oder?«
»Nay, er hat versucht, dich zu erschlagen, und zwar vor einer Woche.« Sie nickte, als er sie entsetzt anstarrte. »Du warst eine ganze Woche lang bewusstlos. Wir haben alles versucht, aber bis heute Nacht hast du dich nicht gerührt. Ich glaube, deine Nase hat gejuckt.«
»Ich erinnere mich daran, dass du ins Zelt getreten bist.«
»Ich sollte dafür sorgen, dass Sir Fergus ausschließlich auf mich achtet, damit
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