Der Barbar aus den Highlands
sie zu essen begann. Sie hatte Gewicht verloren, und so zart, wie sie war, fand er das gar nicht gut.
»Du willst, dass uns ein Priester vermählt?«, fragte sie, während sie sich gedankenverloren ein kleines Stück kaltes Lammfleisch nahm.
»Selbstverständlich, das wollte ich immer. Aber Sir Fergus und mein kleines Nickerchen standen uns im Weg.«
Kleines Nickerchen, dachte Cecily einigermaßen ergrimmt. Sie glaubte nicht, dass sie ihm je klarmachen konnte, wie schrecklich diese Zeit für sie gewesen war. Nie wieder wollte sie eine derart schwere Prüfung durchstehen – ihn atmen zu hören und sein Herz schlagen zu sehen, doch abgesehen davon kein Lebenszeichen an ihm wahrzunehmen.
»Wann sollen wir es tun?«, fragte sie.
»Morgen. Ich habe mit Angus und Meg schon alles besprochen.«
Sie schob den Verdruss beiseite, dass niemand sie eingeweiht hatte, und nickte ergeben. Eine gute Gemahlin zu sein, erwies sich als weit schwerer, als sie gedacht hatte. In solchen Momenten, wenn Artan so eigenmächtig handelte, musste sie ihr aufsässiges Selbst gewaltsam niederringen. Eine gute Gemahlin beugt sich den Wünschen ihres Gemahls, mahnte sie sich streng.
Artan kaute auf seinem Honigbrot und fragte sich, ob es helfen würde, seine Frau zu schütteln, um die alte Cecily zu wecken, so, wie er durch ihre Stimme aus seinem Schläfchen geweckt worden war. Er hatte ihre Fügsamkeit, Sanftmut und Gehorsamkeit gründlich satt. Jeden Tag verschwand ein wenig mehr von ihrem Temperament, das er so an ihr liebte.
Er blinzelte und starrte überrascht auf seinen Teller. Hatte er in Gedanken soeben das Wort ›lieben‹ geäußert? Aye, das hatte er. Es war durch seinen Kopf gehuscht, als gehöre es dorthin und würde sich fortan den Zutritt nicht mehr verwehren lassen. Offenbar liebte er Cecily inzwischen, und zwar von ganzem Herzen. Da ihm diese Empfindung bislang fremd gewesen war, hatte er sie nicht gleich erkannt. Natürlich hätte er es am Zustand seiner Gefühle ablesen können; denn vom ersten Kuss an hatte er sie sich als seine Lebenspartnerin vorgestellt.
Doch in diesem Moment freute er sich nicht über seine Erkenntnis, weil er wusste, dass sie ihn ablenken und dazu bringen würde, zu erforschen, was seine Gemahlin für ihn empfand. Das war zwar wichtig, aber erst einmal musste er seine Sile mit dem Segen der Kirche heiraten, und erst danach konnte er herausfinden, welches Spiel sie mit ihm trieb.
Langsam aber sicher veränderte sie sich und wurde zu einer Frau, die er nicht kannte. Das machte ihm große Sorgen. Vielleicht wollte sie ihn schonen wegen seiner Wunden und der Krankheit, die sie dazu gebracht hatte, eine Woche lang an seiner Seite zu wachen, aber das glaubte er nicht. Und er war sich auch nicht sicher, welche Fragen er ihr stellen sollte, um die Antworten zu bekommen, die er brauchte.
Am meisten beunruhigte ihn, dass sie selbst im Schlafzimmer schüchtern wurde und sich zurückzog. War sie womöglich wieder ihrer jungfräuliche Zurückhaltung anheim gefallen, weil sie nur so kurz zusammen gewesen waren, bevor er außer Gefecht gesetzt worden war? Etwa eine Woche, nachdem er aufgewacht war, hatte es ihn nach ihr gelüstet, auch wenn ihm klar war, dass er für solche Aktivitäten noch etwas zu schwach war. Er hatte zwar seinen Höhepunkt erreicht, doch etwas hatte ihm gefehlt, und er wusste, dass es nicht nur daher kam, dass er nicht in Hochform war.
Etwas hatte gefehlt in der Art und Weise, wie seine Frau auf seine Berührungen reagiert hatte. Er hatte sogar das Gefühl gehabt, dass sie die Zähne zusammenbiss, damit ihr nur ja kein Laut entwich. Aber warum sollte sie so etwas tun? Es war, als würde das Feuer, das in ihnen beiden gelodert hatte, in ihr allmählich verlöschen, und das beunruhigte ihn zutiefst. Auch aus diesem Grund wollte er sie mit dem Segen eines Priesters heiraten. Vielleicht würde die seltsame Zurückhaltung von ihr abfallen, wenn ihre Ehe durch die Kirche geheiligt war, und seine Sile würde zu ihm zurückkehren. Da er für diese neuerliche Vereinigung bei vollen Kräften sein wollte, hatte er beschlossen, erst wieder mit ihr zu schlafen, wenn sie getraut waren.
»Nun denn, dann ist es also abgemacht. Wir heiraten morgen«, meinte er, erhob sich und drückte ihr einen sehr keuschen Kuss auf die Wange. »Jetzt wirst du bestimmt mit Meg sprechen wollen, damit ihr zwei das Fest planen könnt.«
Cecily sah ihrem Gemahl nach, als er ihre Schlafkammer verließ. Sie würde wohl eine
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