Der Baron und die widerspenstige Schöne
Jungen nicht die Schuld geben, dass er nicht daran gedacht hat, die Achsenkappen noch mal abzunehmen und zu überprüfen, ob die Räder fest sitzen“, sagte Perkins. „Das hab ich dem Herrn gesagt, als er kam. Die Schuld liegt ganz allein bei mir, aber ich kann beschwören, dass ich die beiden Räder erst am Tag davor überprüft hab. Da saßen die Muttern und der Stift ganz fest.“
„Reed hat also den Rum mitgebracht?“
„Ja, Mylord. Aber da es uns beiden danach so schlecht ging, bat er mich, niemandem davon zu erzählen, dass wir einen gehoben haben, weil sein Herr ihn sonst rausschmeißen würde. Er hatte richtig Angst.“ Perkins schaute Lord Dravell besorgt an. „Ich wollte nicht, dass er Schwierigkeiten kriegt, Sir.“
„Nein, natürlich nicht“, sagte Luke bedächtig.
Er verließ den Stall und ging zurück ins Haus. Im Dienstbotentrakt traf er auf den sehr würdevoll wirkenden Butler seines Bruders. „Wo finde ich Sir Gilberts Kammerdiener?“, fragte er knapp.
„Er hat soeben die Stiefel seines Herrn zum Putzen heruntergebracht. Ich glaube, er ist anschließend wieder nach oben gegangen, Mylord.“
„Und Miss Rivington?“
„Sie hat sich bereits früh auf ihr Zimmer zurückgezogen, Sir.“
Luke ging in die Halle zurück und sah seinen Bruder die Treppe herunterkommen. James lächelte.
„Ich komme soeben von Adele. Es geht ihr schon sehr viel besser, und sie sprach sogar davon, dass sie morgen das Bett verlassen will. Luke, warum schaust du so besorgt? Stimmt etwas nicht?“
„Lass uns in dein Arbeitszimmer gehen, dann erzähle ich es dir.“ Er folgte James in den Raum und schloss sorgsam die Tür hinter sich. „Ich habe den Halunken gefunden.“
„Tatsächlich? Wer ist es?“
„Mattingwoods Kammerdiener Reed. Perkins sagt, sie haben in der Nacht vor dem Unfall zusammen getrunken. Ich vermute, er hat Perkins betäubt, indem er irgendwas in den Rum schüttete, den er mitgebracht hat. Anschließend hat er sich vermutlich am Rad zu schaffen gemacht. Perkins war der Einzige, der das Gig vor dem Aushändigen an Adele noch einmal nachgesehen hätte. Allerdings war er nicht in der Lage aufzustehen.“
„Das würde zumindest den Unfall erklären“, sagte James. „Aber es bestätigt nicht deine Annahme, dass Miss Rivington die Zielscheibe dieses Anschlags war.“
Luke zuckte mit den Schultern. „Zwei Übergriffe auf Durini, dann löst sich plötzlich ein Rad an der Karriole, in der seine Tochter sitzt. Das sind meines Erachtens zu viele Zufälle.“
„Aber welchen Groll um Himmels willen kann ein Kammerdiener gegen die Familie hegen?“
„Vielleicht handelt Reed ja auf Anweisung seines Herrn“, meinte Luke bedächtig.
„Mattingwood?“ James lachte auf. „Warum sollte Sir Gilbert es auf einen Künstler und seine Familie abgesehen haben? Er hat mir selbst gesagt, dass er sich nicht für Kunst interessiert.“ Er musterte Luke forschend. „Oder glaubst du, der Tiepolo ist eine Fälschung?“
Luke öffnete die Tür. „Lass uns nachsehen.“
„Würdest du denn überhaupt erkennen, ob es unecht ist, Luke?“, fragte James, während sie zur Bibliothek eilten. „Hast du dir in den letzten Jahren etwa Kunstwissen angeeignet?“
„Nein, das nicht, aber ich weiß, wonach ich Ausschau halten muss.“ Luke betrat die Bibliothek, griff sich einen Kerzenleuchter und trug ihn zur anderen Seite des Raumes. Die Kerzen dicht an das Gemälde haltend, studierte er es aufmerksam.
„Wonach suchst du?“
„Nach etwas ganz Bestimmtem. Ah, da ist es ja.“ Er deutete auf eine Stelle. „Siehst du – da, auf dem Gewand.“
James trat näher an das Bild heran. „Das sieht aus wie eine Schnecke …“
„Ja, eine lumaca . Das ist Durinis Markenzeichen. Ich erinnere mich, dass Carlotta mir erzählte, ihr Vater habe oft im Auftrag von Touristen Kopien berühmter Werke angefertigt. Sie war der Ansicht, dass man die Bilder nicht als Fälschung bezeichnen konnte, da er sie mit einer Schnecke signierte.“
James blickte ihn verblüfft an. „Willst du damit etwa sagen, Mattingwood hat mir wissentlich ein wertloses Gemälde gegeben?“
Trotz seiner Sorge um Carlotta musste Luke lächeln. „Das Bild ist nicht wertlos, James. Durini ist ein meisterhafter Künstler.“
„Mattingwood hat mich jedoch bei der Begleichung einer Ehrenschuld absichtlich getäuscht.“ James pfiff leise. „Wenn das offenbar wird, ist er ruiniert.“
„Aus diesem Grund hat er verhindern wollen, dass Durini oder
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