Der Bastard und die Lady
ich ziemlich gut bin. Meine Verführungskünste, meine ich“, sagte sie leise. „Mein Ruin sollte ganz und gar sein. Du durftest nicht auf die Idee kommen, mich zurückzubringen, damit Thomas und Madelyn irgendeine Geschichte über meinen Besuch bei einer kränkelnden Tante oder so erfinden konnten.“
Beau setzte sich neben sie auf die Fensterbank. „Verdammt noch mal, Weib, ich fühle mich so ausgenutzt “, sagte er, was ihm einen Blick einbrachte, der vermutlich Eisen hätte schmelzen können.
„Hör auf damit. Ich wollte dir gerade erklären, dass es kein so großes Opfer war, wie ich anfangs gedacht hatte. Meine Unschuld zu verlieren, meine ich. Also vermute ich, dass du ebenfalls sehr gut bist. Was nicht heißt, dass ich die Liste deiner Eroberungen anfordere. Die will ich nämlich nicht.“
„Wie sehr mich das erleichtert.“
„Gestern Nacht habe ich dich nicht sehr erleichtert, stimmt’s? Als ich gesagt habe, dass ich dich liebe. Du hast mich geküsst, sehr lieb, aber du hast nichts gesagt. Doch es ist schon gut so, wirklich. Ich hätte es nicht sagen sollen. Damit habe ich für dich alles nur noch schlimmer gemacht, oder? Im Grunde habe ich, seit ich wieder in dein Leben getreten bin, nichts anderes getan, als dein Leben zu komplizieren. Stimmt’s, Oliver?“
„Chelsea, worauf willst du hinaus? Ich dachte, wir hätten gestern alles geklärt. Du gehst nicht zurück zu Thomas, und ich stehe zu meinem Versprechen.“
„Weil du ihn hasst, oder weil ich dich liebe?“
Beau öffnete den Mund, um es abzustreiten, doch dann wurde ihm klar, dass er vermutlich in eine Falle tappte. Wenn er behaupten würde, Brean nicht zu hassen, wäre er dann noch hier, wenn er sie nicht ebenfalls liebte? Wenn er sagte, dass er den Mann hasste, warum sollte sie bleiben? Keine Frau, die zu lieben glaubt, will hören, dass sie nur ein Mittel zum Zweck ist.
Er ergriff ihre Hände. „Chelsea“, begann er bedächtig, „Männer und Frauen haben Freude aneinander. Es ist gut und richtig, dass dir … gefallen hat, was wir getan haben. Und dass es mir gefallen hat. Dieser Freude aneinander muss man keinen anderen Namen geben. Es ist … es ist einfach so. Es gehört zum Leben dazu.“
Sie entzog ihm ihre Hände und wandte das Gesicht ab. „Du hältst mich für dumm, wie? Für naiv. Versponnen.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich halte dich für jung, und ich meine, ich sollte an die nächste Wand gestellt und erschossen werden. Chelsea, sieh mich an.“
Sie drehte den Kopf nur ein wenig und musterte ihn aus den Augenwinkeln. „Jetzt willst du mir erzählen, dass wir uns doch ganz gut verstehen und dass unser Durchbrennen uns beiden das einbringt, was wir uns wünschen, aber dass ich lieber nicht mehr als das erwarten soll, weil du nicht bereit bist, noch mehr zu geben. Warum, Oliver? Warum sollte es dich interessieren, wenn die dumme kleine Chelsea womöglich Leidenschaft für Liebe gehalten hat? Oder glaubst du nicht, dass es so etwas wie Liebe gibt?“
Beau stand auf und durchquerte das Zimmer, drehte sich dann auf dem Absatz um und baute sich vor Chelsea auf. Sie musste aufhören, in ihm mehr zu sehen als ihre Rache an ihrem Bruder. Nicht für immer, aber für diesen Zeitpunkt. Er brauchte die Sicherheit, dass sie keine Dummheiten machte, wenn Brean sie schließlich stellte, keine Tollkühnheit beging, wie Frauen, die zu lieben glauben, es zu tun pflegen – zum Beispiel zu sagen, sie würde mit ihrem Bruder gehen, wenn sie das Leben ihres Liebsten in Gefahr glaubte.
„Ich glaube, dass es die Liebe gibt“, sagte er und hörte selbst die leichte Verbitterung in seinem Tonfall. Wenn er das Thema auf seine Familie beschränkte, war kein Grund vorhanden, diese Verbitterung zu spielen. „Aber nicht so, wie du denkst, Chelsea. Liebe ist eine Waffe oder eine Schwäche, je nachdem, wer liebt, wer die Liebe einsetzt. Liebe dient nur dazu, beherrscht zu werden oder zu beherrschen. Sie hat aus meinem Vater einen Esel gemacht. Mich hat eine irregeleitete kindische Liebesaffäre fast umgebracht. Und du warst im Begriff, dich für mich zu opfern, weil deine vermeintliche Liebe zu mir deinen Verstand aufgeweicht hat.“
„Ach, Oliver“, sagte sie mit vor Kummer belegter Stimme. „Glaubst du wirklich, dass Liebe so funktioniert? Wie eine Waffe? Eine Schwäche? Glaubst du wirklich, dass die Liebe entweder einen Schurken oder ein Opfer aus dir macht? Das ist so traurig.“
„Aber ich brauche mir keine Sorgen zu machen,
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