Der Bastard und die Lady
Vielleicht auf eine feuchte Höhle? Mit Fledermäusen?“
„Chelsea, du vergeudest deine Zeit. Na schön, ich gehe in den Stall und sehe nach unseren Pferden, aber in zehn Minuten bin ich zurück. Ich habe dich gewarnt.“
„Ich bin gewarnt “, sang sie, als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte. „Der Mann hat mich gewarnt . Bin ich nicht ein Glückspilz?“
Und dann wurde ihr klar, dass sie nicht nur ein Glückspilz, sondern nackt war, und sie sprang so hastig aus dem Zuber, dass sie das tropfnasse Handtuch vergaß, darüber stolperte und beinahe gestürzt wäre.
Ein anderes Handtuch gab es nicht. Sie hatte das einzig vorhandene benutzt, um ihre Blöße zu bedecken.
„Natürlich“, sagte sie und sah sich nach etwas um, womit sie sich abtrocknen könnte, fand jedoch nichts. Sie musste etwas tun. Und zwar schnell. Sie wollte nicht wie eine halb ertrunkene Katze aussehen, wenn er zurückkam!
Das Wasser rann ihr aus dem nassen Haar über den Rücken und in die Augen. Hastig öffnete sie Beaus Reisetasche und entnahm ihr ein säuberlich gefaltetes weißes Hemd, das sie ihrer Meinung nach dringender benötigte als er, und trocknete sich damit ab, so gut es ging.
Es erschien ihr nur gerecht, denn schließlich war er eindeutig schuld an diesem Dilemma.
Die Kammerzofe – die hier vermutlich eher als Dienstmagd zu bezeichnen war, da Kammerzofen wenigstens so taten, als läge ihnen etwas an ihren Schützlingen – hatte ihr Nachthemd nicht bereitgelegt und auch das durchnässte Reitkleid nicht sorgsam am Feuer zum Trocknen aufgehängt, sodass diese etwas gründlichere Verhüllung im Moment nutzlos war.
Sie wühlte das schauderhafte Nachthemd aus ihrer Tasche und zog es sich über den Kopf. Es fiel ihr bis auf die Schultern … und glitt dann prompt herab bis zur Taille. Auf dem Portrait hatte Abigail ausgesehen wie eine Waldnymphe, doch in den Jahren nach der Entstehung des Gemäldes hatte sie doch wohl entschieden an Umfang zugelegt.
Wie schon in den vorangegangenen Nächten griff Chelsea nach der Gardinenschnur, die sie aus ihrem Schlafzimmer in Blackthorn mitgenommen hatte, und wickelte sie sich zweimal um die Taille, um das Nachthemd wenigstens halbwegs zu halten. Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf das Bett.
Die Bettdecke sah zumindest annähernd sauber aus, aber selbst wenn sie vor Ungeziefer gewimmelt hätte, war sie ihre einzige Hoffnung, bei Beaus Rückkehr wenigstens anständig statt lächerlich auszusehen.
Im Vergleich zu den Romanen, die sie gelesen hatte und in denen Durchbrennen stets eine große Rolle spielte, war Durchbrennen nicht gar so romantisch, wie die Autoren es darstellten. Die Logistik musste bedacht werden, und das war nicht immer sehr vergnüglich. Eine Flucht übers Moor, einen erzürnten Vater auf den Fersen, wurde nie im selben Atemzug mit langen Stunden zu Pferde, minderwertigen Gasthäusern oder Wolkenbrüchen erwähnt.
Und die Hauptbeteiligten waren natürlich immer irrsinnig verliebt, sodass sie eventuelle Hindernisse gar nicht wahrnahmen.
Dennoch, Beau tat, was er konnte, angesichts der knappen Zeit zur Planung dieser Flucht, und es war nicht seine Schuld, dass sie nicht verliebt waren. Nun, sie hatten einander seit sieben Jahren nicht gesehen, und damals war sie eine Göre gewesen und er ein Idiot.
Darüber musste Chelsea trotz allem lachen. Doch als der Schlüssel sich dann zum zweiten Mal im Schloss drehte, saß sie immer noch auf dem Kaminvorleger, in ihr Nachthemd geschnürt, die Bettdecke übergeworfen, ihre Bürsten in den Händen, bereit, ihr Haar am Feuer zu trocknen. Sie redete sich ein, wenigstens annähernd romantisch zu wirken.
Und Beau schien der gleichen Meinung zu sein – zu Anfang.
„Wie hübsch“, sagte er und schloss die Tür hinter sich. „Wie der Feuerschein auf deinem Haar tanzt, wie die Bettdecke dich umfließt und du vor dem Feuer posierst. Eine sehr schöne Szene, Chelsea. Ich muss dich loben für deine Fähigkeit, dich so schnell zu organisieren, wenn du … Ist das mein Hemd dort auf dem Boden? Was ist passiert? Verdammt noch mal, Weib, das war mein einziges sauberes Hemd!“
So viel zur Romantik.
„Das ist dann eines mehr, als ich habe“, sagte sie mit einem gleichgültigen Blick auf das Hemd, das nass und zerknittert am Boden lag. Dummerweise ärgerte es sie, dass er sein Kompliment nicht zu Ende gesprochen hatte. „Leider taugt es eher zum Hemd als zum Handtuch, aber wir haben nichts anderes.“ Sie riskierte einen
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