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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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gelacht. Er ist zu gut mit dem Schwert. Aber da es ein Duell vor Zeugen war, konnte ich nichts machen, außer meinen Mann zu begraben.« Er trank einen Schluck und fügte hinzu: »Irgendwann geht der Bursche zu weit und wird am Galgen enden.«
    »Und was geschah mit dem Weib?«, wollte Guilhem wissen.
    Pilet kratzte sich den Bart. »Verdammt, wenn ich es weiß. Verschwunden. Hab sie nie wieder gesehen.« Dann packte er Guilhem ins graue Haar und schüttelte ihn. »Denkst du eigentlich nur an Weiber, du verhurter Gockel?«
    Eine Woge derber Witze und Gelächter brach über Guilhem
lo Galinier
herein, der aber glücklich grinste und allen seine Zahnlücke zeigte.
    Als es wieder ruhiger wurde, lehnte sich Pilet zu mir über den Tisch und raunte leise: »Ricard wird hier nicht länger Unruhe stiften. Bertran schickt ihn weit weg, wo er höchstens Beduinen ärgern kann.«
    »Woher weißt du das?«
    »Der Fürst hat es mir selbst gesagt.«
    »Auf einen Grenzposten?«
    »So sieht es aus.«
    »Es ist das Beste.« Ich hob meinen Trinkbecher. »Auf Graf Bertran!« Auch Pilet hob seinen Becher und zwinkerte mir zu, als wolle er andeuten, dass er an Bertrans Entschluss nicht ganz unbeteiligt gewesen war.
    In kurzen Abständen wurde immer mehr aufgetragen. Es kam ein Krug Wein nach dem anderen, mehr Sardinen sowie gedünstete Muscheln, gegrillte Hühnerkeulen, mit Knoblauch gespickter Lammbraten, dazu in Essig eingelegtes Gemüse, Oliven und frischer Schafskäse. Das junge Ding, das uns bediente, beeilte sich, unsere Wünsche, so gut es ging, zu erfüllen. Sie hatte ein hübsches Gesicht und eine schmale Taille, war flink auf den Beinen und lächelte aufs freundlichste. Die Männer machten kecke Bemerkungen, und Roger verneigte sich einmal vor ihr. Da wurde sie rot, musste dennoch über ihn lachen. Ich bemerkte, dass Guilhem sie besonders im Auge hatte und seine Blicke über ihren jungen Leib wandern ließ.
    »Männer! Das sind die Freuden der Fastenzeit!«, schrie Robert und leerte seinen Becher in einem Zug. Alle lachten über diese Lästerung und taten es ihm gleich. In der Tat, unser armer Kaplan hätte uns mit dem Kruzifix verprügelt und ins Fegefeuer verwünscht, wenn er heute unsere Prasserei gesehen hätte, so kurz vor dem Fest des Herrn.
    Wir langten zu und tranken von Pietros Bestem, redeten durcheinander und lachten über die Zoten, die Pilet und Guilhem um die Wette erzählten. Von den Beichten einer geilen Nonne, vom Bäuerlein, das zu Markte zieht und sich von den Stadthuren alles Geld aus der Tasche ziehen lässt, oder von dem Räuber, der die Edelfrau überfällt, welche jedoch bereit ist, eher die Keuschheit als ihren Schmuck zu opfern. Woraufhin der Bandit sich beides nimmt.
    Jede Geschichte endete mit einem großen Gelächter, und die Stimmung wurde immer ausgelassener. Ich sah in ihre weingeröteten Gesichter. Roger war neu in der Runde. Aber sonst waren diese Männer hier meine Kameraden, mit denen ich viel erlebt und durchgemacht hatte. Wer wem schon mal das Leben gerettet hatte, daran konnte man sich kaum noch erinnern. Sie waren in gewisser Weise meine
familia.
    Roger stand auf und sang ein paar Verse eines provenzalischen Liebeslieds.
    Sieu so del pe tro qu’al cima
e si tot venta’ill freg’aura,
l’amor qu’ins el cor mi pleu
mi ten caut on plus iverna.
    Von Kopf bis Fuß gehör ich nur ihr,
möcht’ wehen der Wind auch noch so kalt,
denn die Liebe, die in mein Herz regnet,
hält mich umso wärmer, je mehr es draußen wintert.
    Die ganze Schenke klatschte Beifall, und er verbeugte sich rundum. Ich war erstaunt, wie gut er singen konnte. Ein einfaches Lied, aber die Worte berührten mich. Roger hob seinen Trinkbecher.
    »Auf
Domna
Noura!«, rief er laut in den Raum.
    »Auf
Domna
Noura!«, donnerte es im Chor zurück.
    Für einen kurzen Augenblick wurde mir elend zumute. Ich dankte ihm bewegt.
    Doch bevor die Wehleidigkeit ausbrechen konnte, zwinkerte Pilet mir zu und trumpfte schon mit einem anderen Vers auf. Von einem Rittersmann, der nachts zu seiner Geliebten in die Kammer steigt und dann, vom heimkehrenden, Schwert schwingenden Ehemann erwischt, mit blankem Arsch das Weite suchen muss. Wir bogen uns vor Lachen und sangen den Kehrreim dreimal hintereinander.
    »Ich habe einen Brief aus der Heimat erhalten«, sagte ich unvermittelt. Da wurde es ganz still. Sie starrten mich an und sagten nichts. War es das Wort Heimat, das sie verstummen ließ?
    »De la Proensa?«,
fragte dann Robert

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