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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Strick um den Hals!«
    Und Brun schlang dem Jungen wirklich einen Riemen um den Hals und würgte ihn. Dann lockerte er die Schlinge wieder. Da war wieder große Angst in Enrics Augen, und er schrie: »Nemo, sie bringen mich um!«
    »Wartet,
Senher!
«, brüllte Nemo. »Wir lassen Euch ziehen, ich schwör’s beim Allmächtigen! Aber lasst den Jungen gehen.«
    Ich stieg in den Sattel und lenkte Ghalib an den Rand des Abhangs, so dass sie mich von unten sehen konnten. »Gut!«, rief ich hinunter. »Dann nehmen wir ihn eben mit.«
    Die Bande hatte sich hinter Felsbrocken und Büschen verschanzt. Einige bewachten den schmalen Grat, falls wir dort auszubrechen versuchten. Ich zählte mehr noch als zuvor. Nemo stand aufrecht mit den Armen auf seinen Schild gestützt.
    »Was soll das heißen?«, rief er. »Hier kommt Ihr nicht raus.«
    »Du irrst, Nemo! Es gibt einen Weg. Und den Jungen nehmen wir mit. Solltet ihr uns folgen, dann ist er tot. Lasst ihr uns aber in Ruhe, dann werde ich ihn laufen lassen, sobald wir auf Rocafort sind. Darauf hast du mein Wort.«
    Er blickte zu Boden, drehte sich zur Seite, wie einer, der unschlüssig nachdenkt. Einer der Männer murmelte ihm etwas zu. Ein hitziger Wortwechsel, den ich nicht verstehen konnte. Es musste sie schmerzen, die goldene Gans entfliegen zu sehen, doch dann sah ich, wie er tief durchatmete.
    »Also gut«, rief er. »Ich habe Euer Wort,
Senher
Montalban.«
    »Das hast du. Aber das andere Versprechen gilt auch. Eines Tages spüre ich dich auf, und dann strampelst du am nächsten Baum.«
    Damit wendete ich den Hengst, und wir begannen unsere Flucht von der steinernen Tafel der Mauren in der Hoffnung, sie würden uns nicht verfolgen.

Ausgesperrt
    Sanctus Iustinus, Patron der Philosophen
    Quarta Feria, 1.Tag des Monats Juni
    H amid verließ die Hügelkuppe als Letzter und deckte uns mit seinem Bogen, falls die Wegelagerer uns verfolgen sollten. Es sah jedoch so aus, als ob Nemo sich an die Abmachung halten würde. Ich ritt voraus und lenkte Ghalib den steilen Südhang hinab. Einmal rutschten seine Hufe im Geröll, doch er fand gleich wieder Halt. Die Tiere setzten vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Nach einer Weile fiel der Hang so steil ins Tal ab, dass es unmöglich schien, dort hinunterzukommen. An einem Felsen hieß ich alle von den Pferden steigen, außer Cortesa, denn sie konnte immer noch nicht laufen.
    »Von hier an werden wir die Tiere führen«, sagte ich. »Keine Angst, hinter dem Fels beginnt ein Ziegenpfad, der ist recht gut begehbar.«
    Adela vermied meinen Blick. Ich bemerkte ihre tränennassen Wangen und ahnte, was in ihr vorging. »Sie haben uns angegriffen, Kind.« Die Mundwinkel nach unten gezogen, nickte sie tapfer, nur in die Augen sehen mochte sie mir nicht.
    »Hättest du ihn ermordet?«, hauchte sie.
    Ich blickte zu dem Jungen hinüber, der sich Enric nannte. Mit hängenden Schultern saß er im Sattel. Er hielt sich den Hals, wo ich ihn geritzt hatte. Auch er vermied es, mich anzusehen. Ich spürte noch den Schmerz in der Schulter, wo er mir den Axthieb versetzt hatte.
    »Natürlich nicht«, antwortete ich. »Doch dieser Nemo musste es glauben, verstehst du?«
    Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Herrgott, dachte ich, was musste das Kind noch alles erleben. »Bleib genau hinter mir, hörst du? Geh langsam und sieh zu, dass deine Stute ruhig bleibt. Es ist weniger gefährlich, als es aussieht.«
    Ich führte unsere kleine Gruppe den schmalen Steig hinab, der in Windungen zu Tal führte. Eines der Maultiere scheute einige Male, aber Alexis beruhigte das Tier. Nach etwa einer Stunde hatten wir den steilsten Teil hinter uns gebracht und saßen wieder auf. Ich blickte zurück, den Hang hinauf, über den wir gekommen waren.
    »Werden sie uns folgen?«, fragte Brun.
    »Vermutlich schon. Aber bis jetzt sehe ich niemanden.«
    Wir erreichten die Talsohle und fanden einen breiteren Weg, der sich durch das Tal nach Südwesten schlängelte. Wir ritten durch niedrigen, aber dichten Wald. Nach dem Überfall waren wir immer noch angespannt. Adela und Cortesa waren nicht die Einzigen, die ängstlich nach links und rechts spähten. Doch bald lockerte sich der Wald, und wir kamen durch Wiesen und vereinzelte Felder. Auf einer Anhöhe versteckten wir uns hinter Büschen und warteten lange, bis die Sonne hoch am Himmel stand, um zu sehen, ob Nemo uns folgte. Aber mehr als einen Bauern auf einem Esel und einen Jungen, der eine Herde Ziegen in die Berge

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