Der Bastard von Tolosa / Roman
»
Certas, certas!
Das ist gut, sehr gut«, grinste er plötzlich. »Ganz recht. Wir werden die Sache einer Prüfung unterziehen.« Er hob die Arme und sprach laut in die Runde. »
La prova de Dieu!
Der Herrgott selbst soll diesen Halunken überführen. Ich verlange ein Gottesurteil!«
Da ging ein Raunen durch die Menge, und bald redete und flüsterte alles durcheinander. Der Mönch überlegte es sich und nickte zuletzt zustimmend. Die Kriegsknechte grinsten. Berta wusste nicht, wie ihr geschah, und war zu sprachlos, um etwas zu sagen, genau wie ich selbst. Das Ganze war so überraschend gekommen, dass niemand widersprach. Ich selbst war noch zu erstaunt darüber, wie Berta sich für mich eingesetzt hatte, und zum anderen rätselte ich über die Wirkung, die mein Ring auf Robert ausgeübt hatte.
Ring der Tolosaner?
Was hatte er damit gemeint?
Aber sie ließen mir keine Zeit, darüber nachzudenken.
»Solltest du der wahre Jaufré sein, dann wirst du siegen«, schrie Robert, dass alle es hören konnten. »Und wenn nicht,
vilan,
dann hat dich die gerechte Strafe Gottes ereilt.« Er winkte dem ungeschlachten Riesen aus seiner Söldnertruppe zu. »Hier ist mein
champio,
mein Kämpfer für die Sache der Gerechtigkeit.« Er zog ihn am Arm zu sich heran und klopfte ihm auf die Schulter.
Neben diesem Koloss wirkte Robert wie ein Winzling. Dieser Borcelencs schien es mächtig eilig zu haben, mich aus dem Leben zu befördern. Seine Männer traten einen Schritt näher und bildeten einen Halbkreis. Der hässliche Riese stülpte sich den Helm über und grinste über sein stoppelbärtiges Gesicht. Ein Berg von einem Kerl, ganz in Eisen gekleidet, Helm und Nasenschutz wie eine furchterregende Maske. Man hatte ihm seinen übergroßen, eisenbeschlagenen Schild gebracht, und nun zog er eine mächtige Streitaxt aus dem Gürtel, so breit und schwer, als ob sie mit einem Streich einen ausgewachsenen Ochsen fällen könnte.
»He,
vilan?
«, höhnte er in tiefem Bass. »Willst du nicht kämpfen? Wo ist deine Mistgabel, Bauer?« Seine Axt machte einen hässlichen Ton, als er sie mit Wucht durch die Luft zischen ließ. Noch hässlicher war sein Lachen.
Rasch blickte ich mich um.
Deable,
wo war mein Schwert?
Brun und Jaume hatten sich unauffällig genähert, und hinter den Köpfen der Menge sah ich Drogo in Begleitung von Männern mit Spießen und Saustechern in den Händen. Meine Freunde standen bereit, aber es hatte keinen Sinn, hier auf der Dorfwiese ein Blutbad anzuzetteln, das wir kaum gewinnen konnten. Da tauchte Alexis auf und schleppte meine Waffen an.
»Schwert genügt!«, rief ich, und er warf es mir zu.
Roberts Diener hatten die Leute zurückgedrängt. So irrsinnig es schien, ich sah keine andere Möglichkeit, als mich mit diesem Hünen zu messen und ihn zu besiegen, wenn ein blutiges Ende mit vielen Toten vermieden werden sollte. Ich riss das Schwert aus der Scheide und ließ die Klinge in weitem Schwung durch die Luft schneiden, nur um dem Kerl zu zeigen, dass er mich nicht beeindruckte. Dann spannte und lockerte ich abwechselnd meine Nackenmuskeln. Um mich herum das aufgeregte Gemurmel der Dorfgemeinde und vereinzelte Spottrufe von Roberts Männern.
»Du darfst dir ruhig Schild und Panzer nehmen«, sagte Robert. »Keiner soll sagen, dass es nicht gerecht zugegangen ist. Aber es wird dir ohnehin nichts nützen.«
Es war gewagt, gegen diesen Goliath nur mit einem Schwert in der Hand anzutreten. Aber ich sagte mir, Panzer und Schild würden mich gegen diese Axt ohnehin nicht lange schützen, während ihr Gewicht an meiner Kraft zehren und jede Bewegung verlangsamen würde. Bei diesem klobigen Klotz war ich bereit, mein Leben auf Schnelligkeit und Beweglichkeit zu setzen.
»Braucht man eine Rüstung, um einen fetten Ochsen zu schlachten?«, erwiderte ich höhnisch auf Roberts Angebot und starrte meinem Gegner herausfordernd in die blutunterlaufenen Augen. Er musste den Abend zuvor schwer gezecht haben. Umso besser. Noch einmal schwang ich die Damaszenerklinge durch die Luft, dass sie sang.
»Ein guter Ochsenstecher genügt. Und den hab ich hier.«
Die Beleidigung entlockte dem Riesen ein wütendes Grollen. Er hob den Schild und packte die Axt fester. Roberts Männer johlten und pfiffen, um Goliath anzutreiben. Robert selbst grinste erwartungsvoll.
Und dann lief der Koloss gegen mich an.
Im vollen Lauf schwang er seine Waffe. Ich sprang zurück, und die Axt, deren Lufthauch ich spürte, verfehlte mich um wenig, aber
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