Der Bastard von Tolosa / Roman
anbiete. Ich bitte Euch im Namen Eurer Söhne, schlagt mein Angebot nicht aus.«
»Ich brauche Euren Arm nicht, denn ich bin schon verheiratet«, sagte Berta mit Nachdruck.
»Aber Euer Gemahl ist seit vierzehn Jahren verschollen«, rief Robert gereizt. »Wir haben darüber gesprochen. Es ist nur eine Formsache. Prior Bernard wird sein Ableben in einer kirchlichen Urkunde bestätigen. Ihr seid frei,
Domna
Berta.«
Nun versuchte Raol, sich einzumischen. »Mutter, sei vernünftig. Es ist doch das Beste für uns alle!«
Sie sah ihren Sohn lange an und seufzte schließlich.
»Raol, dein Vater ist heimgekehrt.«
Bei diesen Worten fiel dem Jungen die Kinnlade auf die Brust, und Robert verlor zum zweiten Mal die Fassung.
»Was sagt Ihr da?«, schrie er außer sich. »Der Kerl ist zurückgekehrt? Wo ist er? Was soll das heißen?«
Es war an der Zeit, einzugreifen.
»Das heißt«, rief ich mit lauter Stimme und bahnte mir meinen Weg durch die Dorfgemeinschaft, »dass ich, Jaufré Montalban, aus dem Heiligen Land zurückgekehrt bin und dass diese Frau immer noch mein Eheweib ist.«
Aller Augen richteten sich auf mich. Es war sehr still geworden. Trotz der bedrohlichen Nähe seiner
soudadiers
konnte ich es mir nicht verkneifen, mich breitbeinig und mit verschränkten Armen vor Robert aufzubauen. Ein Stück größer als er war ich außerdem. Täuschte ich mich, oder hatte ich ein belustigtes Glitzern in Bertas Augen entdeckt? Als ich aber zu ihr hinüberblickte, war sie wie zuvor ernst und gefasst, schien jedoch nicht unzufrieden über mein plötzliches Erscheinen.
»Und damit ist Euer Handel mit Berta ja wohl hinfällig«, fügte ich hinzu.
»Was ist das für ein elendes Spiel?« Fast schrie er Berta an. »Wer ist dieser Kerl. Wollt Ihr mir einen Bauern als Euren Gemahl vorführen?«
»Das ist mein Gemahl! Ob es Euch oder mir gefällt, ist unwichtig.«
»Ein Spitzbube und Betrüger ist er, da bin ich sicher!«
»Es ist Jaufré!«
»Kann er es beweisen?«
Da war ich nun selbst für einen Augenblick ratlos, und Robert merkte dies sofort. »Seht Ihr. Er kann es nicht!«
Mir fiel der Ring ein, den Odo mir gegeben hatte. »Hier, Berta. Dies ist der Ring meines Vaters.«
Ich nahm ihn vom Finger und reichte ihn ihr. Gleichzeitig wurde mir der Irrwitz bewusst, dass ich ausgerechnet auf meinem eigenen Grund und Boden beweisen sollte, wer ich war. Aber bevor ich den Ring wieder an mich nehmen konnte, hatte Robert ihn schon Berta mit einer hastigen Entschuldigung entrissen und hielt ihn in die Sonne, um ihn sich genauestens anzusehen. War es nur ein Eindruck, oder war Robert wirklich beim Betrachten des Rings leichenblass geworden? Er fluchte leise, warf mir einen mörderischen Blick zu und murmelte etwas vom »Ring der Tolosaner«, aber ich war nicht sicher, ob ich richtig gehört hatte. Dann fing er sich wieder, gab Berta den Ring zurück und machte ein geringschätziges Gesicht.
»Ohne Zweifel gestohlen«, knurrte er. »Der Mann ist ein Betrüger. Seht ihn Euch doch an, Berta! Sieht so ein
senher
aus? Vielleicht hat er Euren Jaufré ermordet und ausgeraubt. Und Ihr lasst Euch von diesem Strauchdieb Sand in die Augen streuen?« Er hob den Blick zum Himmel und stieß einen Stoßseufzer aus. »Oh, die Leichtgläubigkeit der Weiber!
Que Dieu m’ajut!
«
Dann zog er ein Schriftstück aus der Brust seines Gewandes.
»Hier ist der Beweis«, sagte er und entrollte das Pergament. »In der Tat hat Prior Bernard schon die Sterbeurkunde ausgestellt. Ich habe sie Euch gleich mitgebracht. Seht her!« Er hielt die Urkunde zuerst hoch, dass alle sie sehen konnten, und dann zeigte er sie Berta. Die konnte sie ebenso wenig lesen wie die Dorfbewohner. »Ein Dokument der Kirche, das beweist, dass Euer Gemahl nicht mehr lebt.«
Verdammt noch mal! Mit diesem Schriftstück in der Hand brauchte er mich nur noch umzubringen. Wollte er Berta verführen, mit ihm zum Verräter an mir zu werden? Langsam wurde es mir zu viel. Ich wollte diesen Robert schon am Kragen packen, da trat der Graubärtige mit der Augenklappe vor und sprach in einer Stimme so rauh wie ein Reibeisen.
»Herr, wenn Ihr wollt, hängen wir ihn gleich auf, diesen Strolch.«
»Seid kein Narr, Robert«, rief Berta heftig und trat dazwischen. »Bei allen Heiligen! Es ist Jaufré, ich kann es beschwören.«
Nun versuchte auch der Mönch Galhard, Robert zu beschwichtigen. Man müsse die Sache doch erst prüfen, meinte er.
»Prüfen.« In Roberts Gesicht leuchtete es auf.
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