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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Stirnband gehaltenen Schleier, unter dem sich ihr dichtes blondes Haar andeutete.
    Ich begann zu verstehen. Es sollte eine öffentliche Handlung werden, mit dem ganzen Dorf als Zeuge. Vielleicht war gar eine Urkunde aufzusetzen. Wieder begann es in mir zu brodeln, so dass ich mich beherrschen musste, nicht auf der Stelle dazwischenzugehen. Aber fürs Erste war es besser, zu beobachten, was hier vor sich ging.
    Berta näherte sich dem Baldachin.
    Der fremde Besucher war aufgesprungen, aber ließ dem jungen Burschen an der Seite des Söldnerführers den Vortritt. Der ging ihr entgegen, sprach sie mit Mutter an und begrüßte sie in aller Form. Dass dies mein Sohn Raol sein musste, ließ mein Herz schneller schlagen. Hochgewachsen für sein Alter, fast schon ein Mann, dunkelhaarig und mit ernstem Gesicht. Bertas hastige Umarmung schien er steif und nur mit Zurückhaltung über sich ergehen zu lassen. Dann nickte er dem Bruder zu und nahm seinen Platz zur Linken seiner Mutter ein. Bertas Hand ruhte auf Martins Schulter, der noch klein, fast kindlich wirkte. Sein Blondschopf leuchtete in der Sonne, und er blickte sich neugierig um. Das also waren meine Söhne! Ich bekam einen Kloß in der Kehle, denn nicht zuletzt für sie hatte ich die lange Reise unternommen.
    »
Domna
Berta. Was für eine schöne Frau Ihr doch seid!«, sagte der Brautwerber mit einem gewinnenden Lächeln. »Ich bin froh, Euch gesund und wohlbehalten wiederzufinden.«
    Dabei verbeugte er sich tief. Ich musste zugeben, der Mann hatte recht. Fast so groß wie er, gab Berta eine ansehnliche Erscheinung ab. Ungeduldig wartete ich auf ihre Antwort. Auch das Dorfvolk lauschte gebannt.
    »
Mossenher
Borcelencs, willkommen auf Rocafort«, erwiderte sie ernst mit einem angedeuteten Kopfnicken.
    Borcelencs? Der Name traf mich wie ein Blitz aus blauem Himmel. Hatte ich richtig gehört? War der Kerl einer der Borcelencs-Brüder? Nachdem ich so viel von Graf Bertran und meinem Onkel über jene Familie gehört hatte, konnte das kein Zufall sein. Was hatte Berta mit den Borcelencs zu tun? Und was wollten die von uns?
    »Auf den Tag genau vor drei Monden habe ich Euch vorgeschlagen, mit mir die Bande des heiligen
matrimoniums
zu knüpfen«, sprach Borcelencs auf ruhige, selbstsichere Art, doch ohne hochmütig zu wirken. Ein gewandter Höfling, gewohnt, in vornehmer Gesellschaft das Wort zu ergreifen. »Und Ihr batet um diese Bedenkzeit.«
    »So ist es«, erwiderte Berta gefasst, obwohl es mir vorkam, als schwanke sie einen Herzschlag lang. Um mich herum spürte ich eine leichte Bewegung in der Menge, wie der Wind, der über ein Ährenfeld streicht. Manche blickten verstohlen zu mir herüber, neugierig, welche Miene ich zu alldem machen würde.
    »Nun, die vereinbarte Zeit ist um«, sagte Borcelencs und lächelte Berta erwartungsvoll zu. Und dann, als sei es ihm gerade erst eingefallen: »Verzeiht! Ich bin zu ungeduldig, und das macht mich vergesslich. Wollt Ihr Euch nicht setzen?« Mit diesen Worten verbeugte er sich abermals und wies auf einen der Feldstühle.
    Berta zögerte wieder einen winzigen Augenblick lang, aber dann sagte sie mit höflichem Lächeln: »Für jetzt gefällt es mir zu stehen,
Senher
Robert.«
    Robert! Es war also der jüngere der Brüder, der Aufrührer. Hatte Odo nicht gesagt, dass er versuche, unter den alten Verbündeten seines Vaters Widerstand gegen Elvira und ihren Sohn zu entfachen?
    »Nun gut, meine Liebe«, erwiderte Robert Borcelencs mit einem Stirnrunzeln, das aber gleich wieder dem siegesgewissen Lächeln wich, das er bisher zur Schau getragen hatte. »Meinen Vorschlag für den Ehevertrag habt Ihr bereits erhalten. Ich nehme an, Ihr fandet ihn äußerst großzügig. Eure Söhne, besonders Raol hier …« Er nickte freundlich in Raols Richtung, der ihm diese Aufmerksamkeit mit einem erfreuten Lächeln dankte. »Eure Söhne kennen meine Großzügigkeit. Es wird ihnen unter meiner Munt an nichts fehlen,
Domna
Berta. Dafür bürge ich. Die betreffende Urkunde werden wir nach der Hochzeit unterschreiben.«
    Munt? Wollte der Kerl sich die Gewalt über meine Söhne anmaßen? Das wurde ja immer schöner!
    Die Munt oder die Verantwortung für Frau und Kind hat naturgegeben der Vater. Er bestimmt das Schicksal der Familie. Söhne bleiben so lange unter seiner Herrschaft, bis sie einen eigenen Hausstand gründen. Durch diese Heirat also schien Robert sich die Munt über meine Söhne sichern zu wollen. Sie würden seine Fürsorge und

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