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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Jungs, denn keiner wollte zum Gespött der Mädels werden.
    Nach drei Tagen waren sie so weit, dass ich sie zum ersten Mal in Reih und Glied aufstellen ließ. Ich führte vor, wie man den Schild hielt, wie der rechte Rand den des Nachbarn zu überlappen hatte, um seine Seite zu schützen. Dann übten wir den Gleichschritt, zuerst unbewaffnet, vor und zurück und seitwärts, drehen und schwenken im Glied, bis sie nicht länger über ihre eigenen Füße stolperten. Dann mussten sie lernen, alles mit ihren Waffen auszuführen.
    Manchmal, wenn ich sie bei ihren unsicheren Schritten beobachtete, wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Wie oft wünschte ich mir nicht in diesen Tagen eine Kompanie Fußsoldaten, unsere guten, alten
pezos,
wie wir sie dank Arnauds harter Ausbildung in Tripolis gehabt hatten.
    Aber zuletzt konnten sie kämpfen, ohne Gefahr zu laufen, sich gegenseitig zu verletzen. Turnierpreise würden sie nicht gewinnen, doch nun waren sie einigermaßen einsatzfähig. Jetzt übten wir mit ihnen den Kampf im Gedränge, wie es bei einem Sturm auf die Burg vorkommt. Sich gegenseitig in kleinen Gruppen mit den Schilden decken, auf Befehl vorstoßen, die Speere zum Einsatz bringen, sich wieder zurückziehen, den Kameraden den Rücken schützen, sich neu formieren. Wir stiegen auf die Wehrgänge und gingen mehrfach durch, wie man einen Leiterangriff abwehrt, wie man die Katapulte bedient, was zu tun ist, wenn der Feind das Tor zertrümmert. Peire Alfons zeigte ihnen die Pfannen zum Erhitzen des Öls, wie man Brandpfeile für die Katapulte herstellt, wie man Feuertöpfe mit brennendem Öl ins Gedränge der Gegner hinabschleudert.
    Mein Sohn Martin wich bei all diesen kriegerischen Übungen nicht von meiner Seite. Alles beobachtete er mit größter Aufmerksamkeit. Oft, wenn die jungen Kerle etwas nicht verstanden hatten, sich aber nicht trauten zu fragen, tat er es an ihrer Stelle. Wenn ich woanders gebraucht wurde, gesellte er sich zu Gustau und übte mit den Bogenschützen. Die Männer liebten ihn und betrachteten den Jungen als eine Art Glücksbringer. Wenn Martin mit seinem sonnigen Grinsen auftauchte, dann war die ganze Truppe zufrieden. Und wo er war, da war auch Adela nicht weit. Sie hatte Martin mittlerweile mütterlich unter ihre Flügel genommen, auch wenn sie die Jüngere war. Den Jungen schien es nicht zu stören.
    Und dann, in der Mitte der zweiten Woche, nach all den Mühsalen und der Eile, war plötzlich alles getan, und die Arbeit ruhte. Ich zerbrach mir den Kopf, was ich vergessen haben könnte. Wichtiges konnte es nicht sein. Zeit, ein wenig auszuruhen, denn die Leute aus dem Dorf waren völlig erschöpft. Nur mein kleines Heer führte seine Übungen fort, wenn auch etwas gemäßigter.
    Drogo und ich riefen das Dorf zusammen. Auch von den umliegenden Höfen waren sie gekommen.
    »Ihr wisst inzwischen, wer eure Felder verwüstet und euer Vieh auf dem Gewissen hat«, rief ich mit lauter Stimme, damit alle mich hören konnten. »Er schreckt vor nichts zurück, und nun ist er im Anmarsch. Nur mit vereinten Kräften können wir uns zur Wehr setzen.«
    Es erhob sich ein Gemurmel, als sie untereinander tuschelten. Ich bat um Ruhe.
    »Wir sind gut vorbereitet, und wenn alle tun, was ich sage, dann geht die Sache sicher glimpflich ab. Aber wir können nicht alle in der Burg unterbringen. Deshalb werden wir neben den Wachleuten nur etwa die Hälfte der anderen Kämpfer aufnehmen, in der Hauptsache Ledige, die sich nicht um Weib und Kind zu sorgen haben. Wir nehmen die Hälfte der Speerkämpfer, dazu Gustaus Bogenschützen und einige andere, die besonders gut mit der Schleuder umgehen können. Das muss zur Verteidigung der Burg ausreichen.«
    »Und was sollen die anderen tun?«, fragte einer der jungen Bauern, die mit uns hart geübt hatten.
    »Die restlichen Krieger sind zum Schutz des Lagers in den Bergen bestellt. Drogo hier«, ich legte meinem Freund den Arm um die Schulter, »Drogo ist euer
capitan.
Der Feind wird nicht wissen, dass es euch gibt. Zur rechten Zeit werdet ihr, so Gott will, für eine Überraschung sorgen.«
    Drogo hatte einen Großteil der Waffenübungen mitgemacht und konnte es leicht mit jedem aufnehmen. »Maultiere und Esel werden mit Lebensmitteln beladen«, sagte er. »Am späten Nachmittag rücken wir aus. Wer will, kann gleich mit uns kommen.«
    »Was wird aus dem Dorf?«, rief einer.
    »Ich will, dass alle das Dorf verlassen. Bei einer Belagerung seid ihr nur im Weg und

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