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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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und an Ramon, Amelhas Sohn, mitten unter ihnen. Nein, er war doch auch mein Sohn, wenn der Gedanke auch noch ungewohnt war. Wie fremd sie mir noch waren, meine Söhne. Keinen von ihnen hatte ich je als Säugling im Arm gehalten, nicht einmal Raol.
Jes Maria,
war das wahr? Nicht einmal Raol! Mein Gott, Jaufré, sagte ich zu mir selbst, du hast sie nicht verdient, deine Kinder, und sie so einen wie dich noch weniger.
    Es war nicht weit bis zur Mühle, und ich beschloss, dort nach dem Rechten zu sehen. Als ich ankam, war es still am Fluss. Ich stieg vom Pferd und setzte mich ans Ufer, zog die Stiefel aus und steckte meine Füße ins kühle Wasser. Thor und Odin hingen ihre Zungen in den Fluss und schlabberten geräuschvoll. Es war angenehm im Schatten der Weiden. Plötzlich raschelte es im Gras hinter mir, aber ich sah mich nicht um. Die Hunde hoben die Köpfe und nahmen Witterung auf. Ich sprach beruhigende Worte, und sie legten sich in den Schatten.
    »Sie tun dir nichts«, sagte ich.
    Und dann, mit seinen ungeschickten Bewegungen, setzte sich Ramon neben mich und steckte ebenfalls seine braungebrannten Füße ins Wasser. Er grinste mich unsicher an.
    »Ramon!« Ich lächelte ihm aufmunternd zu. »Wie geht es dir?«
    »Gut!«, erwiderte er und sah verlegen weg.
    Er schielte etwas besorgt zu den Hunden hinüber. Sein Kopf nickte unruhig, und es war, als wüsste er nicht, was er mit seinen Händen anfangen sollte. Er fummelte an seinem vielgeflickten Hemd, rupfte ein paar Grashalme aus und warf sie ins Wasser, kratzte sich die Nase. Schließlich blickte er mich schüchtern an, nur einmal ganz kurz, als brauche er Zeit, sich an mich zu gewöhnen. Als ich ihm sanft die Hand auf die Schulter legte, zuckte er zuerst zurück, aber dann ließ er es geschehen.
    »Weißt du, wer ich bin, Ramon?«
    Er schüttelte den Kopf und zappelte dabei aufgeregt. Die Frage schien ihn zu beunruhigen. Ich ließ ihm Zeit.
    »M-Mutter sagt, du b-bist mein Vater.« Das war ein langer Satz, und er hatte Schwierigkeiten damit, musste mehrmals Anlauf nehmen, bevor er ihn herausbekam.
    »Doch du glaubst ihr nicht.«
    »Nein.« Er schüttelte wild den Kopf und verdrehte die Augen.
    »Warum nicht?«
    »H-Hab schon einen!«, stieß er hervor und grinste. »Hab schon einen!«, wiederholte er noch mal, falls ich nicht begriffen hätte.
    »Warum sitzt du dann hier bei mir?«, fragte ich.
    Er lächelte scheu und wurde ein bisschen rot.
    »M-Mutter schickt mich«, brachte er hervor.
    Ich sah mich um. Sie stand in der Tür zur Mühle, halb die Hand zum Gruß erhoben. Ich erinnerte mich an ihren Namen, Marta, Joris Frau, und erwiderte ihre flüchtige Geste.
    Plötzlich fasste mich Ramon am Bart und berührte meine Narbe.
    »W-Wunde«, stammelte er und machte ein mitfühlendes Gesicht. »Wunde, Wunde.«
    Marta näherte sich langsam und setzte sich auf einen Hocker.
    »Er soll Euch nicht stören,
Senher.
«
    »Du bist ihm eine gute Mutter, Marta. Dafür will ich dir danken.«
    Sie lächelte sichtlich erfreut. »Wie geht es
Domna
Berta?«
    »Es geht ihr gut.«
    »Berta, Berta«, murmelte Ramon und grinste glücklich.
    »Er kennt sie?«
    »Sie kommt ihn häufig besuchen«, antwortete Marta verlegen.
    Nun war ich sprachlos. »Warum tut sie das?«
    Sie hob die Schultern. »Er ist Jaufrés Sohn, gleich wie die anderen, sagt sie immer. Und sie gibt mir Silber, damit ich mich um ihn kümmere. Obwohl ich es nicht brauche.«
    Berta war doch immer für eine Überraschung gut,
per Dieu!
    »Berta«, gluckste Ramon.
    Martas Miene war besorgt geworden.
    »Alle sprechen nur von Krieg, Herr. Was sollen wir tun?«
    »Nichts«, entgegnete ich. »Sie werden euch nichts tun.«
    »Jori und Matiu haben unsere Vorräte ins Kloster gebracht. Zur Sicherheit. Sie sind gerade dort.«
    »Das ist klug. Das Kloster werden sie in Ruhe lassen. Die fremden
soudadiers
werden Nahrung kaufen wollen. Da ist gutes Geld zu verdienen.«
    »Jori denkt genauso. Aber ich mache mir Sorgen.«
    »Wenn du willst, komm mit deinen Kindern auf die Burg. Aber das Kloster ist noch besser«, riet ich ihr. »Niemand wird dort den Gottesfrieden stören.«
    Sie nickte. »Ich habe schon das Nötigste gepackt.«
    »Wenn alles vorbei ist, möchte ich Ramon zu mir nehmen.«
    Sie fuhr zurück und schlug bestürzt die Hand auf den Mund.
    »Aber er wird sich dort nicht wohl fühlen.«
    Ihre Augen wurden feucht. Liebte sie ihn so sehr, diesen einfältigen Krüppel, der mein Sohn war? Ramon verstand nicht, was wir redeten.

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