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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Er sah mich nur mit großen Augen an und lächelte ein wenig. Amelhas Lächeln. Da begriff ich. Ja, auch so ein Kind konnte man lieben.
    Ich hob die Füße aus dem Wasser und zog die Stiefel über.
    »Mach dir keine Sorgen, Marta. Wir sprechen später darüber.«
    Ich band den Braunen los und stieg in den Sattel. Thor und Odin sprangen auf und hechelten erwartungsvoll.
    »Bis bald, Ramon!«
    Er winkte linkisch und lächelte Amelhas Lächeln.
    ***
    Mit dem braunen Wallach kam ich gut zurecht. Weit weniger lebhaft als Ghalib und sicher nicht so schnell, aber trotz seiner ruhigen Art folgte er auf jede meiner Regungen. Er trottete zufrieden den Waldpfad entlang und überließ mich meinen Grübeleien.
    Wie anders hatte ich mir meine Heimkehr vorgestellt. Ein ruhiges Leben und keine bedrohliche Fehde. Die Vergangenheit hatte ich vergessen wollen, aber sie ließ mich nicht los. Und dann Berta. Diese Frau verwirrte mich!
    Als ich so durch den Wald ritt, ahnte ich nicht, dass meine Verwirrung in Kürze noch viel größer sein, ja, dass meine ganze Welt bald einstürzen würde. Es begann damit, dass der Braune unverhofft scheute, so dass ich fast aus dem Sattel rutschte. Als sei sie wie ein Gespenst aus dem Boden gewachsen, stand Joana plötzlich vor uns, barfuß im alten Laub des letzten Herbstes stehend, die Schuhe an den Schnüren über die Schulter geworfen.
    Thor und Odin schnupperten an ihren Beinen.
    »Ruf sie zurück, Jaufré!« Ihre Stimme klang ängstlich. »Vielleicht sind sie zahm, wie du sagst, aber …«
    Ich hieß die Hunde, sich niederzulegen.
    »Was machst du hier?«, fragte sie dann.
    »Ich suche dich, was denkst du!«, rief ich entrüstet. »Du kannst nicht einfach ohne ein Wort weglaufen.«
    Sie lächelte nachsichtig und ließ sich auf einen verwitterten Baumstamm nieder. »Komm, setz dich zu mir.«
    Ich stieg vom Pferd und tat wie geheißen. »Wir haben uns Sorgen gemacht.«
    »Ich musste nachdenken.«
    Sie machte ein kummervolles Gesicht. Um sie aufzumuntern, schlang ich meine Arme um sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sie schmiegte sich an mich. »Ach, Jaufré. Es ist schön, dass du wieder da bist.«
    »Ich wette, du warst wieder bei deinem Köhler!«
    »Das geht dich nichts an, du Naseweis!« Aber sie lächelte wie eine zufriedene Katze und zauste zärtlich meine Locken. »Wer ohne Liebe lebt, der ist doch lebendig begraben!«
    Bei diesen Worten grinste sie mich spöttisch an. War das auf mich gemünzt? Joana hatte schon immer solche Sprüche auf der Zunge gehabt und mich gern mit ihren fragwürdigen Weisheiten geneckt. Wortgefechte hatten wir uns früher gern geliefert.
    »Zu deiner Liebe fällt mir ein Vers ein«, sagte ich.
    Enquer me membra d’un mati
que nos fezem de guerra fi
e que-m donet un don tan gran:
    Gern gedenk ich jenes Morgens,
als wir unseren Krieg beilegten
und sie mich reich beschenkte:
    Joana riss die Augen auf. »Fängst du jetzt zu dichten an? Scheint ja eine Allerweltsmode geworden zu sein.«
    »Ach woher!«, lachte ich. »Hab den Vers irgendwo gehört. Passt zu dir und deinem Köhler.«
    »Zu mir?«, fragte sie misstrauisch. »Womit hat denn die Dame deinen Dichter so reich beschenkt?«
    »Aha«, rief ich. »Du willst es wissen. Also hör zu!«
    Sa drudaria e son anel
enquer me lais Deus viure tan
qu’aia mas mans sotz son mantel!
    Mit der Liebe ihres Leibes und ihrem Ring.
Möge Gott mich noch lange leben und meine Hände
unter ihren Mantel schlüpfen lassen!
    Sie war rot geworden. »
Drudaria
von wegen! Und Gefummel dazu!«, rief sie wütend. »Ein bisschen Respekt für deine alte Amme. Zotige Soldatenlieder solltest du besser für dich behalten. Bei mir wird nicht gefummelt.«
    Schließlich musste sie doch lachen und kniff mich in die Seite. »Im Ernst, Jaufré, der Vers passt besser zu dir und Berta, denn ihr seid es, die euren Krieg beenden solltet.« Sie lächelte verschmitzt. »Und was das andere betrifft, ihr seid noch beide jung, und hässlich seid ihr auch nicht. Dein Platz ist nicht im Turm, sondern in ihrem Bett!«
    Ich runzelte die Stirn, denn solches Gerede war mir peinlich.
    »Lenk nicht ab,
nounou!
«, erwiderte ich. »Wann lernen wir endlich deinen geheimnisvollen Liebhaber kennen, diesen Waldmenschen?«
    »Mach mich nicht verlegen, Jaufré. Er ist ein guter, aber nur ein einfacher Mann.«
    »Verachte ich etwa die einfachen Leute, eh?«, antwortete ich entrüstet. »Von denen hab ich mehr bekommen als von den großen Herren. Mit einer

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