Der Bastard von Tolosa / Roman
Ramon!«
Er lachte gehässig und gab seinem Gaul die Sporen.
Mit einem üblen Gefühl im Magen starrte ich ihm nach, denn ich wusste, dass er nicht aufhören würde, bis er mich auf den Knien hatte.
Und bis dahin würden er und seine Galgenvögel ihren grausigen Spaß mit uns treiben.
Ricards Begleiter folgten, und Joan
lo Bon
wurde erneut auf die Füße gezerrt. Hatte der Junge verstanden, was mit ihm geschehen sollte?
Ich konnte meinen Blick nicht von seinem Rücken reißen. Vielleicht hätten wir dem armen Kerl die bevorstehenden Leiden durch einen gut gesetzten Pfeil verkürzen sollen. Aber was hätte das genutzt? Ein anderer hätte seine Stelle eingenommen. Nein, Gott hatte ihn dazu bestimmt, das erste der Lämmer zu sein, die für uns geopfert wurden.
***
Was in dieser Nacht geschah, will ich nur in groben Zügen berichten, denn selbst nach den zwanzig Jahren, die seitdem vergangen sind, kann ich immer noch die unerträgliche Ohnmacht spüren und die lähmende Beklemmung, die einem das Herz zerdrückt, dass man kaum noch zu atmen vermag.
Gleich nachdem Ricard in das Lager zurückgekehrt war, stoben in der Abenddämmerung Reiter mit Feuerbränden in alle Richtungen, und es dauerte nicht lange, da begann es, um uns herum zu brennen.
Weizenfelder, die wir in wenigen Tagen abzuernten gehofft hatten, verwandelten sich in glühende Infernos. Scheunen gingen in Flammen auf. Überall stiegen breite Rauchschwaden in den Nachthimmel, gelb und rot beleuchtet von den tobenden Feuersbrünsten darunter. Bald konnte man kaum noch etwas erkennen, und selbst hoch oben vom Turm ließ sich das Ausmaß der Brände schlecht abschätzen, so dicht lag der Qualm über der Landschaft. Die ganze Nacht hindurch wüteten die Feuer. Während die Felder schnell ausbrannten, griff die Feuersbrunst hier und dort auf ein Waldstück über und fraß sich langsam und in unregelmäßigen Flecken den nördlichen Berghang hinauf. Funkenflug erfasste Heuschober und einzelne Höfe auf den unteren Hängen, die gespensterhaft und wie Fackeln in der Nacht loderten.
Mann und Weib weinten in dieser Nacht.
Not und Elend waren groß in unseren Herzen.
Gibt es Schlimmeres für einen Landmann, als die Arbeit eines Jahres in Flammen aufgehen zu sehen? War denn alle Mühe und Plage umsonst gewesen? Was würden wir im Winter essen, so fragte sich manch banges Herz.
Aber Ricard hatte noch Schlimmeres mit uns vor. Bald hallten schrille Schreie zu uns herauf. Im Licht eines riesigen Feuers auf der Wiese mussten wir mit ansehen, wie sie die Frauen aus dem Käfig holten, ihnen die Kleider vom Leib rissen und sich an ihnen vergnügten.
Rosa zerrten sie in Roberts Zelt, auf sie hatte es wohl Ricard selbst abgesehen. Wie Spielbälle schubsten sie die übrigen nackten Weiber, auch die arme Marta, von einem zum anderen, und als sie davon genug hatten, warfen sie sich über sie und vergingen sich an ihnen. Vier oder fünf Kerle hielten jeweils ein schreiendes Weib an Armen und Beinen fest, während ein anderer sich an ihr zu schaffen machte. Immer wieder wechselten sie sich ab, bis die Frauen nicht mehr schrien, sondern alles nur noch leise jammernd über sich ergehen ließen.
Als sie sich an ihnen gesättigt hatten, erfanden sie ein neues Spiel. Zuvor schon hatten wir einen Pfahl bemerkt, den sie in den Boden eingegraben hatten. Darum errichteten sie nun einen Scheiterhaufen, banden Joan
lo Bon
an den Pfahl und zündeten die Scheite an. Manche behaupten, dass Menschen auf dem Scheiterhaufen wenig spüren, weil Rauch und Hitze sie schnell ohnmächtig werden lassen. Doch das stimmt nicht, denn Joan schrie und schrie ohne Unterlass. Selbst als schon der Geruch gerösteten Fleisches zu uns herüberwaberte, da schrie er immer noch. Ein hohes, unmenschliches Kreischen wie ein Tier in höchsten Qualen. Erst als die Haut aufplatzte und das Körperfett zischend Feuer fing, so dass er lichterloh wie eine Fackel brannte, da hörte es endlich auf.
Ich kannte Ähnliches schon zur Genüge. Antiochia und Jerusalem grüßen aus der Ferne, dachte ich bitter. In den Feuern der Nacht sah ich die glühenden Augen der Alten aus dem Bekaatal und konnte ihr hassverzerrtes Gesicht nicht verdrängen. Es war ihr Fluch, der uns heimsuchte.
Hamid und ich überlegten, ob wir einen Ausfall wagen sollten, um die Geiseln zu befreien. Aber das hätte nur zu schlimmerem Blutvergießen geführt. Ricards Männer waren bewaffnet geblieben, und eine Abteilung bildete einen festen
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