Der Bastard von Tolosa / Roman
würden wir ausfechten, ehrenhaft und nach den Regeln der Ritterlichkeit, aber mit dem Unterschied, dass niemand geschont werden würde, denn heute ging es um Leben oder Tod.
Der Tag war grau und wolkenverhangen. Solange es nicht regnete, sollte es mir recht sein. Die kämpfenden Mannschaften warteten in einiger Entfernung von der Burg und in gebührendem Abstand voneinander. Unter den
champios
der Gegenseite befand sich auch Ricard, bemerkte ich befriedigt. Robert, in Begleitung von Prior Bernard, den sie aus Cubaria geholt hatten, und ich, unterstützt von
Paire
Jacobus, trafen zusammen, um alle Vorkehrungen zu treffen. Robert war bleich und wirkte fahrig. Auch ich hatte ein flaues Gefühl im Magen.
Die Priester sollten als Richter und Gottes Zeugen dienen und auf die Einhaltung der Regeln achten. Letztlich bürgten jedoch die Geiseln, Ramon und Jordan, dafür, dass jede Partei sich an ihr Abkommen hielt. Prior Bernard wagte kaum, mich anzusehen. Er wusste nur zu gut, welche Rolle er in diesem verhängnisvollen Schauerstück gespielt hatte.
Wir hatten vereinbart, dass, gleich wie das Gefecht ausgehen sollte und solange ich die Regeln einhielt, alle meine Schuldverschreibungen als Aufrechnung gegen erlittene Schäden nichtig sein würden. Damit wäre Rocafort schuldenfrei. Entsprechend händigte Robert unsere Schuldscheine aus, und Bernard und Jacobus überprüften und verwahrten sie. Im Gegenzug schwor Jacobus auf die Bibel, er würde das bewusste Testament im Falle meiner Niederlage unverzüglich an Robert übergeben. Obwohl wir die Urkunde auf der Burg vermuteten, konnten wir nicht sicher sein. Es hatte mich Stunden gekostet, ihn zu überreden, denn ein Schwur ist ein Schwur und nicht leichtfertig zu behandeln. Zuletzt hatte er zugestimmt, obwohl uns beiden bewusst war, dass im Fall meiner Niederlage auch seine Tage gezählt waren. Das Wagnis, sein Leben wie sein Seelenheil zu verwirken, war sein Geschenk an mich, dem Erben von Tolosa.
Brun hatte mit unseren Speerkämpfern und Leichtbewaffneten den für uns angezeigten Zuschauerbereich eingenommen. Unter ihnen saß Berta bleich und unbeweglich auf ihrem Schecken. Lois Bertran und German wachten über unsere Geisel. Um seine Hände zu schonen, hatten wir ihn nicht gefesselt. Aber sie hielten die Zügel seines Gauls fest in den Händen und ein loses Seil um seinen Hals, damit er uns nicht entkommen konnte.
Gegenüber den Unseren hatten sich Roberts
pezos
eingefunden. Unter ihnen auch der Rest seiner Reiter, diesmal zu Fuß, denn ihre Gäule hatten sie zurücklassen müssen. Andere Bewaffnete waren nicht erlaubt. Roberts
pezos
ließen Weinschläuche kreisen. Johlen und Pfeifen und gegenseitige Beleidigungen flogen von einer Gruppe zur anderen. Gottlob waren sie weit genug voneinander entfernt, um Schlimmeres zu vermeiden.
Endlich war es so weit. Prior Bernard und
Paire
Jacobus baten Gott um einen gerechten Ausgang des Kampfes, segneten uns und kletterten auf den Hochsitz, den man für sie errichtet hatte und auf dem eine weiße Flagge wehte. Daneben bewegten sich die Banner beider Parteien im kühlen Morgenwind.
Robert und ich nickten uns mit ernster Miene zu, und jeder ritt zu seinen Männern. Alexis und der Knecht Luis hatten das mit Waffen beladene Maultier dabei. Sie saßen auf den Gäulen, die wir zur Reserve mitführten, ähnlich wie auch Roberts Männern Ersatzpferde gestattet waren. Ein Blick in die Gesichter meiner Kameraden zeigte die Anspannung, unter der wir standen. Ich prüfte noch einmal den Helmriemen und zog die langen Manschetten meiner gepanzerten Handschuhe hoch. Der Schild hing in der richtigen Höhe am Nackenriemen, und die Axt, die ich heute neben dem Schwert mitführte, steckte am rechten Platz an meinem Gürtel. Meine Wunde schmerzte zum Glück kaum noch.
»In šh’ Allah«,
sagte Hamid und küsste sein Schwert. »So Gott will, werden wir sie heute in den Staub treten.« Wir alle bekreuzigten uns zur Bekräftigung. Mehr gab es nicht zu sagen.
Roberts Männer verteilten sich in einer langen Reihe auf der östlichen Seite in einem meiner zerstörten Äcker, wir dagegen im Westen, auf freiem Weideland, wo das Gebüsch begann und etwas weiter in ein kleines Waldstück überging.
»Sollte mich heute der Tod finden, Jaufré«, sagte Vilapros auf einmal, »musst du wissen, dass ich deine Großmut sehr zu schätzen weiß, so wie du mich und die Meinen aufgenommen hast.«
»Im Gegenteil, Esteve. Du bist eine Bereicherung für uns.«
Er
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