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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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gestritten.«
    »Hört sich nach einem kopflosen Haufen an«, meinte Bertran geringschätzig. »Die brauchten Essbares vor ihrer Rückkehr nach Homs.«
    Hamid schüttelte den Kopf. »Angeblich sind sie nach Westen geritten. Ich glaube, dieser Trupp hat sich selbständig gemacht, um zu plündern. Sie werden noch mehr Dörfer überfallen.«
    Mein Herzschlag stockte. Wenn Hamid recht hatte, dann waren Noura und Adela in Gefahr. »Wie lange sind sie schon fort?«, rief ich beunruhigt.
    Hamid befragte noch einmal den Alten. »Später Vormittag. Etwa fünf Stunden Vorsprung.«
    Ich nagte an meiner Unterlippe. Dann fuhr ich zu Bertran herum. »Herr, ich muss mich eiligst von der Truppe entfernen.«
    Er hob die Augenbrauen und wartete auf meine Erklärung.
    »Diese Seldschuken reiten in die Gegend, wo mein Landgut liegt. Da ist ein größeres Dorf in der Nähe, das sie zu einem Angriff verleiten könnte. Vielleicht mache ich mir unnötig Sorgen, aber ich möchte meine Familie in Sicherheit wissen.«
    Nun war auch Bertran besorgt. »Nimm zwanzig Männer. Damit kommst du schneller voran. Wir finden den Weg zur Burg allein. Na los, worauf wartest du?«
    Guilhem suchte in Eile eine Schar zusammen, und bald preschten wir im Galopp aus dem Dorf. Ich ritt voran, Hamid und Guilhem hinter mir, gefolgt von unseren besten Männern. Und Alexis natürlich. Thor und Odin hetzten neben den Gäulen her. Mir schlug das Herz vor Unruhe in der Brust, und ich wünschte, wir kämen noch schneller voran. Doch die Pferde gaben alles, was sie in sich hatten. Und ich flehte zu Gott, dass es genügen möge.

Noura
    Sanctus Castulus, Patron der Hirten, beschützt vor Blitz und Pferdediebstahl
    Sabbatum, später Nachmittag, 26. Tag des Monats März
    D ie Landschaft öffnete sich zu einer weiten, leicht hügeligen Ebene, die im warmen Licht des Nachmittags vor uns ausgebreitet lag. Wir hetzten die Gäule über die Straße, dass die Hufe Staub und Steine aufwirbelten und Strauch und Baum an uns vorüberrasten. So ging es eine Stunde lang, bis Schaum von den Mäulern der Pferde flog, ihr Atem keuchend und ihr Tritt immer unsicherer wurde. Wollten wir die Tiere nicht zuschanden reiten, mussten wir ihnen Erholung gönnen.
    Bei einem alten Bewässerungsgraben hielten wir an und ließen die Tiere verschnaufen. Sie tranken gierig, und ihre Flanken beruhigten sich etwas. Ich war erstaunt, wie gut die Hunde mitgehalten hatten. Nach einer Weile saßen wir wieder auf. Trotz meiner Ungeduld ritten wir nun verhaltener, denn sollte es tatsächlich zum Kampf kommen, brauchten wir die Pferde in einer noch halbwegs guten Verfassung.
    Es war nicht mehr weit bis zu meinem Anwesen, und bislang hatten wir keine Seldschuken zu Gesicht bekommen. Auch war keine Staubwolke am Horizont zu sehen, die auf einen Reitertrupp schließen ließ. Nichts, außer den Bauern auf den Feldern, die fortliefen, sobald sie uns nahen sahen. Wir verließen die Straße und bogen in einen steinigen Feldweg ein. Bald ließ sich schon mein Landsitz erkennen, ein großes Haus aus unbehauenem Stein mit einer hohen Mauer umgeben. Es lag friedlich auf einer Anhöhe inmitten von Weinbergen und Olivenhainen. Im Garten wuchsen Obstbäume und Zypressen. Nichts, außer dem Zirpen der unermüdlichen Zikaden, schien die Ruhe zu stören. Kein Feind in Sicht. Sicher waren sie in anderer Richtung verschwunden, und es bestand keine Gefahr mehr, dachte ich erleichtert.
    Wir trabten den Hügel hinauf. Vom langen Ritt war uns heiß geworden. Mir lief der Schweiß in Strömen unter dem Helm hervor. Es war still, während wir uns dem Tor näherten, als hätte die Natur den Atem angehalten. Die Sonne beleuchtete ein Spinnennetz am Torbalken, und beim Durchreiten hob ich die Hand, um es abzustreifen. Alles war in bester Ordnung. Ich begann, mich auf Nouras Willkommen zu freuen.
    Und dann sah ich sie im Hof liegen.
    Jäh blieb mein Herz stehen, und ich rang nach Atem.
    Vor uns Angelos, der Pferdeknecht, mit gespaltenem Schädel im Staub. Seine Mistgabel lag nicht weit, und sein Blut bildete eine hässliche Lache auf der festgetretenen Erde des großen Hofes. Weiter vor uns die wie zerbrochen wirkenden Körper der anderen Männer des Gutes. Konstantinos, mein Verwalter, lag auf dem Rücken, und seine Brust war mit Pfeilen gespickt, das Bein lag verdreht unter dem Körper, so wie er gefallen war. Ein anderer, Yannis, lag vom Tor abgewandt auf dem Bauch, als ob er habe fliehen wollen. Sein abgetrennter Kopf war ein paar

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