Der Bastard von Tolosa / Roman
Magen um. Ich bat meine Gefährten, stattdessen ihre Totenlade zu tragen und ihr in Würde das letzte Geleit zu geben. Und so gingen Hamid und Guilhem mit einem Sarg in Nouras Kammer und legten sie hinein. Ich mochte nicht dabei helfen. Ich hatte schon Abschied genommen und brachte es nicht übers Herz, sie wie ein Stück geschlachtetes Vieh in eine Kiste zu packen.
Unter einer strahlenden Morgensonne, ganz als sei Gottes Schöpfung in schönster Ordnung, als sei das Grauen der Nacht nur ein böser Traum gewesen, unter dieser gleichgültig lächelnden Sonne wanderte unser trauriger Zug feierlich über die Felder zum Dorf der Maroniten. Sechs Männer, darunter Hamid und Guilhem, trugen Nouras Sarg auf den Schultern. Guilhem hatte ihr Tod schwer getroffen. Sein Gesicht war tränenbenetzt, und er hatte Mühe, neben Hamid den rechten Tritt zu finden.
Hinter dem Sarg folgten Adela und ich. Ihre Hand in meiner war klein und wie leblos, ihre Augen rot gerändert, aber sie hielt den Kopf hoch, die Lippen fest zusammengepresst. Ein Dutzend Schritte hinter uns stapften die Ochsen, die das Gespann mit den anderen Toten zogen. Alexis ging daneben, bleich und mit verquollenen Augen, eine Hand auf dem Sarg seiner Liebsten, als wolle er sie vor den Stößen des schaukelnden Bauernkarrens schützen. Zuletzt, stumm und mit entblößten Häuptern folgte der Rest der Männer, die ihre Reittiere am Zügel führten. Als sich dann unser Zug durch das Dorf schlängelte, säumten die Bewohner rechts und links die Gassen und zollten den Toten die letzte Ehrerbietung. Ich sah viele beten, und Frauen in schwarzen Gewändern hoben einen schrillen Klagegesang an.
Noura fand die letzte Ruhestätte in einem Winkel des Kirchhofs ganz nahe der Kapelle. Adelas schweißnasse Hand hielt mich fest gepackt. Ich wollte ein letztes Wort an mein totes Weib richten, doch die Stimme versagte mir. Wir ließen den Sarg langsam in das Loch gleiten. Der Priester schwenkte sein Weihrauchgefäß, sang Gebetsformeln und warf zuletzt eine Handvoll Erde auf den Sarg. Wir folgten seinem Beispiel, dann war es vorüber.
Nicht ganz, denn Aniketos und seine Dorfgenossen hatten aufgetischt. An Bänken, die von Speise und Trank fast zusammenbrachen, mussten wir uns niederlassen. Auch wenn es an mir gewesen wäre, zum Leichenschmaus zu laden, so hatten die Dorfleute die Gelegenheit genutzt, um einen Teil ihres Tributs an mich zu zahlen. Es war ein Festmahl, wenn man weiß, wie bescheiden die Menschen hier leben. Wie unpassend mir der Umstand auch scheinen wollte, ich konnte es nicht ausschlagen.
Nach dem Essen gab es weitere Geschenke und Abgaben. Eine kleine Herde Zicklein und Schafe, eine Fuhre Korn, zwei Fässer Wein, mehrere Amphoren Öl und ein halbes Dutzend aus Weidenruten gefertigte Käfige mit Hühnern. Zuletzt führte Aniketos einen prächtigen Ochsen am Nasenring und übergab mir die Leine mit scheuem Lächeln. Dann kniete der Alte nieder und küsste meine Hand.
»Ich bin sehr zufrieden mit den Gaben«, ließ ich von Hamid übersetzen, »und erneuere hiermit unsere Vereinbarung und werde weiterhin meine Hand über das Dorf halten.«
Aniketos nickte erfreut. Das war, was sie hatten hören wollen.
»Und dann sag allen«, fuhr ich fort, »dass mein Weib sich in ihrer Mitte wohl gefühlt hat. Zum Dank will ich dem Dorf den kleinen Olivenhain am Südhang übermachen. Und eure Geschenke übergebe ich dem Pastor und seiner Kirche. Er wird sie weise zu nutzen wissen. Euch bitte ich nur, täglich für Nouras Seelenheil zu beten.«
Es dauerte eine Weile, bis Hamid übersetzt hatte. Als sie verstanden, ging ein freudiges Raunen durch die Gemeinde. Die jährlichen Einkünfte aus dem Olivenhain würden allen zugutekommen. So war ich sicher, dass sie für Noura beten würden, damit Gott sich ihrer erbarme und sie rasch aus dem Fegefeuer in Sein Himmelreich geleite.
Vielleicht war es das lange Festmahl und all das Gerede, aber plötzlich schien Adela es nicht mehr auszuhalten. Sie sprang auf und rannte fort, zurück zu unserem Haus. Ich warf Guilhem einen bittenden Blick zu, und er folgte ihr.
Paire
Georgios bat ich, einen Stein für Noura zu errichten. Den Familien der Magd Aisha und der Köchin gab ich Silber. Sie waren aus dem Dorf gewesen. Die toten Männer dagegen waren nicht von hier.
Drei Tage blieben wir noch, in denen Adela verloren durch das Haus wanderte oder nur leise mit ihrer hübschen Araberstute sprach. Als jemand versehentlich seinen eisenbeschlagenen
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