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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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unbesiegt geblieben. Kerboghas reich ausgestattetes Lager fiel uns unversehrt in die Hände, und die meisten machten sich zuerst über die Lebensmittel her, bevor sie dem Gold der Türken Beachtung schenkten. Am nächsten Tag ergab sich schließlich auch die Besatzung der Zitadelle.
    Mit fünfzigtausend Mann waren wir von Konstantinopel aufgebrochen. Verblieben waren noch zwanzigtausend.
    Ein Großteil war an Seuchen gestorben, andere verhungert, nicht wenige geflohen, mehr noch in den Kämpfen gefallen. Aber nun hatten wir die schwerste Prüfung des gesamten Feldzugs überlebt, den Kampf um Antiochia. Ich gebe keinen Eselsfurz für die frommen Chroniken, die uns weismachen wollen, der Heilige Andreas, Heilige Georg oder wer auch immer hätten die Feinde vertrieben. Nein, es waren allein Bohemunds Tatkraft und Scharfsinn. Und der Todesmut unserer Männer. In allen Schlachten hatte der listige Normanne einen kühlen Kopf bewahrt. Er war der fähigste der Kriegsherren. Sein Gold hatte die Tore geöffnet und seine Klugheit und Unerschrockenheit Kerbogha besiegt. Er war der wahre Prinz von Antiochia.
    Guilhem fand mich, halb tot und immer noch auf dem Schlachtfeld kniend, das Kinn auf die Brust gesunken. Ich war mit Blut besudelt, welches davon mein eigenes und welches Türkenblut war, ließ sich nicht erkennen. Auf einem klapprigen Esel brachte er mich heim. Benommen gewahrte ich Nouras Gesicht, die sich über mich beugte, dann wurde ich ohnmächtig. So spürte ich nicht, wie Guilhem die Schulter freilegte und die Pfeilspitze zur anderen Seite durchstieß, um sie zu entfernen. Ich kam zu mir, als Noura mir die klaffende Wunde im Gesicht nähte. Noch heute trage ich diese Narbe, und sie erinnert mich an ihre geschickten Hände. Aber die Pfeilwunde entzündete sich in den Tagen darauf und stank bald vor Eiter. Ich lag lange in einem fiebrigen Dämmerzustand, und ohne Nouras unermüdliche Pflege wäre ich fraglos gestorben.
    Durch die Vorräte im Lager der geflüchteten Türken hatte sich unsere Lage etwas verbessert, war aber dennoch weiterhin schwierig. Irgendwo fand Guilhem trotzdem immer etwas für uns zu beißen. Noura wusch täglich meine Wunden und machte Kräuterpackungen, flößte mir dünne Brühe ein und bedeckte mich mit Decken und Fellen, denn das Fieber ließ mich so vor Kälte zittern, dass meine Zähne ohne Unterlass aufeinanderrasselten. Als es zu schlimm wurde und sie sich vor Verzweiflung nicht mehr zu helfen wusste, legte sie sich zu mir und schmiegte ihren warmen, nackten Körper eng an mich und rieb meine Haut rot, bis ich nicht mehr fror.
    Nachdem das Fieber nach Tagen endlich besiegt war und ich aus meinem bewusstlosen Dämmerzustand erwacht war, schlief sie wieder allein. Aber nun war es anders zwischen uns geworden. Wenn ich sie ansah, errötete sie, wurde ernst und wich mir aus. Meinen Bart musste ich fortan selbst trimmen.
    So lebten wir miteinander, aber sprachen selten ein Wort. Es war, als sei uns die Fähigkeit, zu reden, abhandengekommen. Die Monate der Belagerung, Kälte, Hunger, das schreckliche Morden, die ständige Furcht vor dem nahenden Feind, die Unausweichlichkeit des eigenen Todes und für Noura die Zerstörung ihrer Familie, all das saß uns noch tief in den Knochen. Es war still in unserem Haus. Zum Lächeln fehlte die Kraft, und der Wein, der sich immer irgendwo auftreiben ließ, bot die einzige Linderung, wobei Guilhem mir Gesellschaft leistete. Wir soffen uns regelmäßig bewusstlos.
    Gefangen in dieser unausweichlichen Woge des Schicksals, klammerten Noura und ich uns aneinander. Und mit der Zeit, trotz der Trübsal, die uns umgab, regte sich etwas in unseren Herzen. Wer vermochte zu sagen, was diese kleine Flamme nährte, aber sie wuchs ganz allmählich von Tag zu Tag. Bis wir begannen, inmitten dieser elenden Welt uns füreinander zu erwärmen. Wir waren jung, und die Liebe weckte neue Hoffnung.
    ***
    Zwölf Jahre war dies nun her, insgesamt glückliche Jahre. Die Hoffnung auf ein besseres Leben hatte uns nicht getrogen. Besitz, Familie, ein gewisses Ansehen. In unseren eigenen Wänden gelang es Noura, eine beruhigende, lindernde Geborgenheit herzuzaubern und gegen die Welt da draußen abzuschirmen. Eine Welt, deren rohe Wirklichkeit sich dennoch nicht leugnen ließ, so dass wir manchmal arg gestritten hatten. Mit ihrer Meinung über uns Eroberer hatte sie nicht hinterm Berg gehalten. Trotz solcher Gegensätze hatte uns eine zärtliche Zuneigung verbunden, genährt durch

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