Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
gepanzerten
ghulam
darunter. Unsere hungergeschwächten Männer taumelten für lange, schreckerfüllte Augenblicke unter dem Ansturm der Türken. Die Ersten fielen, dann immer mehr. Mit den vielen anderen presste ich mich gegen die Rücken der vordersten Reihe. Andere stießen mir ihrerseits den Schild in die Lenden und stemmten die Füße ins trockene Gras, um dem Druck der Türken standzuhalten. Man durfte sich nicht von der Angst überwältigen lassen. Ich dachte an Noura allein in der Stadt. Diesen Kampf durften wir nicht verlieren, ein zweites Mal würde es nicht geben. Die letzte Anstrengung war gefordert, auch wenn man es nicht überlebte.
    Und es gelang, die Schildwand hielt.
    Dann schlugen wir zurück. Wir hatten den Vorteil, dass die meisten von uns Kettenpanzer und Beinschienen trugen und weniger verwundbar waren. In der seltsam kehligen Sprache der Alemannen schrien die Männer sich gegenseitig Mut zu. Viele riefen die Heiligen an, so viel konnte ich verstehen, und plötzlich brüllten alle den alten Schlachtruf, »Gott will es! Gott will es!«, bis jene Raserei über uns kam, in der man die eigene Angst vergisst und nur noch blindwütig den Feind sucht. In der vordersten Reihe versuchten sie, mit dem Schwert in die Lücken zu stoßen, unter dem Schildrand hindurch die Beine des Feindes zu treffen. Wir in der zweiten Reihe drückten uns in den Rücken der Vordermänner, um die türkischen Reihen zum Taumeln zu bringen. Auch mich hatte der wilde Rausch erfasst. Ich spürte meine Wunde nicht mehr. Blut floss aus hundert Wunden entlang der Schlachtreihe, rann an den Schilden herunter, machte den Boden glitschig. Männer fielen. Immer wieder der Ruf: »Lücke füllen! Zusammenrücken!«
    Der Mann vor mir schrie auf und brach in die Knie. Jemand stieß ihn zur Seite, und auf einmal stand ich selbst vor Anstrengung keuchend im vordersten Glied. »Rückt zusammen! Schilde schließen!« Ich stemmte mich gegen den Schild eines Türken. Immer in Linie bleiben, achte auf den Nachbarn, hoch den Schwertarm, verflucht, auch wenn er nicht mehr gehorchen will und der Schweiß dich erblinden lässt. Ein gewaltiger Schlag auf meinen Helm. Ein Speerstoß riss mir die Wange auf. Meine Schwertspitze in die Kehle des Mannes vor mir. Ein anderer an seiner Stelle. Vorwärts! Gegen seinen Schild drücken, stemmen und schieben. Die Hammerschläge der Schwerter machten einen Höllenlärm wie in tausend Waffenschmieden, das Gebrüll der Kämpfer, die Schreie der Getroffenen und hinter uns die Gesänge der Mönche, die uns Mut machen sollten. Brennende Lungen, Blut im Gesicht und Staub in der Nase.
    Und endlich wankte der Feind. Man spürte es entlang der Schlachtlinie. »Jetzt, Jungs!«, schrie jemand. »Schiebt, ihr Hurensöhne! Schiebt!« Und die Männer warfen sich gegen die Vordermänner, gegen den Feind, der versuchte, dagegenzuhalten, stolperten über die Gliedmaßen Gefallener. Versuch, nicht zu fallen, Jaufré, um Gottes willen! Und schließlich brach die Schildmauer der Türken ein. Eisengekleidete Alemannen sprangen in die Lücken und rissen große Löcher in die Linie des Feindes.
    Trotz unserer geschwächten Leiber konnten sie uns nicht mehr widerstehen und begannen, zu weichen und zu straucheln, viele Türken fielen und wurden niedergetrampelt, andere begannen sich abzuwenden, bis sie auf einmal in Scharen vor uns davonliefen.
    Bohemunds Rechnung war aufgegangen, und der Jubel aus zehntausend ausgetrockneten Kehlen hallte über das Feld. Ich brach keuchend in die Knie und bekreuzigte mich. Die Wunde zerriss mir die Schulter. Viel Blut hatte ich verloren. Heftig atmend, sah ich meinen Alemannen hinterher, die die Türken verfolgten. Sie schlachteten alle ab, derer sie habhaft wurden. Unsere wenigen Reiter nahmen die Verfolgung auf und machten Flüchtende nieder.
    Während unsere sich sammelten, war Kerbogha mit seiner Hauptmacht herangerückt, aber es war zu spät. Er hatte die Hälfte seiner Kräfte verloren, denn der geschlagene Heerhaufen am Fluss hatte sich völlig aufgelöst. Angreifen mochte Kerbogha nicht, vor Furcht, Bischof Aimar würde ihm im Westen in die Flanke fallen. Bohemund hatte den Bischof dort klug plaziert. Und so zögerte der
atabeg
zu lange. Er war bei den Emiren nicht beliebt, und sie verweigerten ihm nun die Treue. Duqaq wandte sich als Erster ab, andere Emire folgten, bis auch das restliche Heer von Panik ergriffen wurde und alles nur noch kopflos nach Norden floh.
    Und so waren wir auch diesmal

Weitere Kostenlose Bücher