Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
Burg, war Arnaud eine unerlässliche Stütze. Aber für neue Rekruten war er ein Schinder. Kein Wunder, dass sie ihn hassten. Doch während der Monate, in denen sie ihre Körper stählten und ihre Kampfweise vervollkommneten, lernten sie sein Können als Krieger und Anführer schätzen. Wer ihn besser kannte, fühlte sich geehrt, sein Freund zu sein. Arnaud war im Kampf wie ein Fels in der Brandung. Nicht wenige verdankten ihm ihr Leben, denn er holte Kameraden aus den brenzligsten Umständen heraus, ohne Rücksicht auf sich selbst.
    »Morgen Vormittag schaue ich sie mir an.«
    »Keine Eile, Jaufré. Die Herzchen laufen dir nicht weg.«
    Er berichtete über die abgeschlossene Instandhaltung der Belagerungsmaschinen und andere unverfängliche Dinge. Mit keinem Wort rührte er an Nouras Tod, und dafür war ich ihm dankbar.
    ***
    Von diesem Tag an erlaubte ich dem Wein, von mir Besitz zu ergreifen. Es tat gut, einen vollen Becher in einem Zug zu leeren. Ich goss nach und hoffte, es würde das Pochen in meinen Schläfen lindern. In der Kammer vertieften sich die Schatten, die Sonne musste sich dem Horizont nähern. Begleitet vom wehmütigen Singsang der Muezzin, dämmerte ich dahin ohne Gedanken oder Erinnerungen.
    Nach einer Weile stetigen Trinkens schreckte mich Hamids Klopfen aus meiner Trägheit.
    »Ich wollte sehen, wie es dir geht.«
    »Setz dich her und trink mit mir.«
    »Du weißt doch, ich trinke keinen Wein.«
    »Ach was. Predigt Mohammed nicht Barmherzigkeit? Ich sage dir, es ist eine Sünde, einen Freund allein trinken zu lassen.«
    »Na schön, dir zuliebe«, grinste er und goss sich einen Becher ein. Wir stießen an und nahmen einen tiefen Schluck.
    »Was mache ich nur mit Adela?«, jammerte ich, schon nicht mehr ganz nüchtern. »Wenn sie ein Junge wäre, dann könnte sie mein Knappe werden. Ich würde ihr das Waffenhandwerk beibringen. Aber was, zum Teufel, fängt man mit einer
nina,
einem Mädel, an?«
    »Darüber machst du dir Sorgen?«
    »Soll ich ihr etwa das Sticken beibringen?« Der Gedanke erheiterte mich. »Ich kann nicht mal einen verdammten Faden durchs Öhr fädeln.«
    »Das wird sich alles von selbst ergeben.«
    Ich fand seine Gleichmut ärgerlich. »Soll ich sie etwa mitnehmen, wenn wir für den Grafen reiten? Und all dies Frauenzeug, um das die Weiber so ein Geheimnis machen. Davon weiß ich noch weniger. Bei mir wird sie verwildern«, nörgelte ich mit unsicherer Stimme. »Sie ist noch ein Kind, und ihre Mutter wird ihr fehlen.«
    Eine plötzliche Welle der Verzweiflung drohte mich zu überschwemmen, und ich musste mich mit aller Kraft zusammenreißen.
    »Bei Euthalia ist sie fürs Erste gut aufgehoben.«
    Da ich schon recht betrunken war, schien Hamid zu denken, er müsse mich einholen, denn er leerte seinen Becher in einem Zug und goss gleich wieder nach. »Um dich mache ich mir mehr Sorgen.«
    »Wieso? Mir geht es gut.«
    Ich massierte die schmerzenden Schläfen. In Wahrheit hatte mich Nouras unerwarteter Tod wie ein Keulenschlag aus dem Sattel geholt und nur Leere und Benommenheit hinterlassen. Mir, der immer ihr Beschützer gewesen war, kam auf einmal ein Leben ohne sie unwirklich, ja fast bedrohlich vor, als könne ich mich nicht auf die nächsten Schritte besinnen. Ich fühlte mich fahrig und unsicher, wie auf einem ruderlosen Schiff. Nein, eher wie nach einem Erdbeben, wenn man kaum wagt zu atmen, aus Furcht, jede Bewegung könne das Gebälk des Hauses zum Einsturz bringen.
    »Ich bin noch wie taub«, räumte ich ein. »Wie nach einer plötzlichen Wunde in der Schlacht, du weißt, was ich meine. Man sieht sein Blut fließen, man ist erschrocken und verwirrt, denn es sollte doch höllisch schmerzen, aber man spürt nichts.«
    Hamid nickte.
    »Kannst du dich an … Wie hieß er noch? Guisbert oder so ähnlich, kannst du dich an den entsinnen?«, fuhr ich fort. »Der sah seine Hand auf dem Boden liegen und wunderte sich. Die Hand hielt noch den Schwertgriff umklammert. Er hatte nicht gemerkt, dass man ihm die verdammte Hand abgeschlagen hatte. Blutete wie ein angestochener Eber, aber spürte nichts. Warf den Schild weg, bückte sich und griff sich die Hand. Wanderte ganz benommen mit seiner toten Hand vom Schlachtfeld.«
    »Ich erinnere mich.«
    »Genau so fühle ich mich, verstehst du?«
    »Der Schmerz kommt später.«
    Ich wischte verlegen meine Tränen weg. »Tut mir leid.«
    »Ist schon gut, Jaufré.« Er runzelte die Stirn.
    »Und dann hat der Kerl Wundbrand bekommen. Der ganze

Weitere Kostenlose Bücher