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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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und dafür kamen sie mir gerade recht. Am liebsten hätte ich mein Schwert gezogen und es ihnen in die Kehlen gestoßen. Nur mit Mühe beherrschte ich mich und nahm einen Schluck Wasser, um mich abzuregen.
    »Wäre die Sache vor dem Feind geschehen, so hätte ich euch an der Festungsmauer aufknüpfen lassen.« Meine Stimme hatte gefasst, ja fast gelangweilt geklungen, ganz ohne den inneren Aufruhr, den ich in Wirklichkeit verspürte. »Eure Waffen und Pferde werden eingezogen. Ihr seid ohne letzten Sold aus den Diensten des Grafen entlassen. Nach angemessener Erholung von euren Wunden im Verlies der Festung seid ihr angewiesen, die Grafschaft auf immer zu verlassen. Von eurem Besitz dürft ihr nur mitnehmen, was ihr selbst tragen könnt.«
    Leon die Wespe sah mich hasserfüllt an. Gut, dachte ich, fangen wir gleich mit dir an,
pessa de merda!
    »Leon
la Vespa
erhält sechzig Schläge auf den Rücken mit der Ochsenpeitsche.« Der Bursche zuckte zusammen und riss entsetzt die Augen auf. Das war eine Strafe, die einen Mann, der nicht in guter Verfassung war, töten konnte. »Leon wird härter bestraft, weil es ihm gestern besondere Freude gemacht hätte, mich abzustechen.« Ich fuhr gleich fort. »Für Duran den Ochsentreiber gibt es vierzig Schläge.« Duran leckte sich nur ein Mal über die Lippen. Ansonsten blieb sein Gesicht unbeweglich und versteinert. »Und Joan zehn Peitschenhiebe. Seine Pflicht wäre es gewesen, seinem Hauptmann beizustehen.« Ich starrte mit Genugtuung in ihre Gesichter. »Die Bestrafung ist für morgen früh kurz nach Morgengrauen angesetzt. Jetzt führt sie ab.«
    Joan schien erleichtert. Die anderen marschierten mit dumpfen Mienen aus dem Saal.
    »Sechzig Schläge ist eine harte Strafe, Jaufré.« Arnaud sah mich betroffen an. »Sie waren betrunken, und der Hauptschuldige ist Ricard.«
    »Die Sitzung ist geschlossen!«, sagte ich mit Bestimmtheit und verließ den Saal, ohne noch jemandem in die Augen zu blicken. Arnauds Bemerkung wurmte mich, denn ein anderer hätte die Halunken am Galgen schwingen lassen.
    ***
    Es war nicht Pflicht, einer Bestrafung beizuwohnen, doch der Haupthof im Innern der Festung war ungeachtet der frühen Stunde bis auf den letzten Winkel gefüllt. Selbst auf den Zinnen standen sie dicht an dicht und sahen in den Hof hinunter. Trotz der vielen Männer war es still, als alle gebannt das Vorgehen beobachteten.
    Ich befand mich unter meinen Anführern in einer kleinen Gruppe neben der Richtstätte. Wir waren in voller Rüstung und in lange Mäntel gehüllt, um Würde und Autorität bemüht. Der Himmel über uns war noch grau und wolkenverhangen, so dass kaum Licht in die dunklen Ecken des Burghofs drang und nur Fackeln die düstere Szene erhellten. Der Trommler schlug einen dumpfen Wirbel auf dem Kalbfell.
    Die Gefangenen standen mit entblößten Oberkörpern und gefesselten Händen da. Das nackte Fleisch ihrer Rücken hob sich weiß und verletzlich von der sonnenverbrannten Haut an Händen und Gesichtern ab. Sie trugen immer noch ihre Fußketten.
    Die Wachen packten Joan und banden ihn an das Gerüst, das für den Strafvollzug verwandt wurde. Zwei mächtige Pfosten waren fünf Schritte voneinander in den Boden eingelassen und mit einem hohen Querbalken verbunden. Daran waren Ketten und eiserne Ringe angebracht, an die der Gefangene so gefesselt wurde, dass er aufrecht, mit dem Rücken zur Menge und mit hochgereckten und weit ausgebreiteten Armen stehen musste. Der Anblick erinnerte an eine Kreuzigung. Hier hatten sie Kyriacos zu Tode gequält. Nun standen sie selbst hier.
    Der Hauptmann der Wache rief laut Joans Namen und kündigte das Strafmaß an. Der Mann zitterte leicht. Ob aus Angst oder wegen der Morgenkälte ließ sich nicht sagen. Zwei Mönche hielten Wassereimer und saubere Leinentücher bereit, um später den Bestraften das Blut abzuwaschen und sie, so gut es ging, zu verarzten. Die Männer mit der Ochsenpeitsche waren zwei kräftige Burschen von den Bogenschützen. Sie trugen kein Wams und hatten mehr Muskeln auf den Oberarmen als andere auf ihren Schenkeln. Einer der beiden entrollte die Peitsche hinter sich und sah mich fragend an. Mit einem Kopfnicken gab ich meine Zustimmung.
    Der Trommler steigerte seinen Wirbel und endete mit einem einzelnen scharfen Schlag. Der Mann mit der Peitsche holte weit aus, und in der plötzlichen Stille hörte man den geflochtenen Lederriemen durch die Luft zischen und sodann scharf auf die nackte Haut des Gefangenen

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