Der Bastard
dem Radio.
«Morgen», sagte Heinlein im Vorbeigehen. «Gab ’ s schon Anrufe?»
Sabine blieb, wo sie war, und rief ein deutliches Nein herüber. Ihrem Chef keinen guten Morgen zu wünschen war eigentlich überhaupt nicht ihre Art. Selbst wenn sie erst in den Morgenstunden aus der Disco nach Hause zurückgekehrt war, ein Guten Morgen war bisher immer drin gewesen.
Heinlein stellte seine Tasche ab und ging zu ihrer Tür . « Is was?»
Ohne sich umzudrehen, verneinte sie erneut. In einem Glas neben ihr sprudelte ein Aspirin.
«Ist wohl wieder spät geworden gestern Nacht», sagte er schmunzelnd.
«Kann schon sein.»
«Schlechte Laune?»
«Ja, Einstein.»
Die Tür an Heinleins Seite ging auf, Kilian kam herein. «Morgen. Gibt ’ s schon Kaffee?»
«Morgen», antwortete Heinlein. «So früh und schon so gut gelaunt?»
Sabine drängte sich an ihm vorbei. «Morgen, Kil i an. Wie geht ’ s?»
In der einen Hand eine Tasse, in der anderen die Kanne, schenkte sie ihm ein. «Schwarz und mit Zucker. So wie du ihn immer trinkst.»
«Danke, du bist ein Schatz.»
Seufzend nahm sie das Kompliment entgegen. «Ich weiß.»
«Und, wie war ’ s letzte Nacht?»
Sie setzte sich auf die Tischkante. «Lang und gut.»
«Man sieht ’ s dir an.»
«Danke, es war auch wieder mal Zeit.»
Die beiden verstanden sich prächtig. Das musste sich auch Heinlein eingestehen. Er setzte sich an seinen Platz, und da er nicht in das Gespräch einbezogen wurde, machte er sich an die Arbeit. «Haben wir schon was zu diesem obskuren Taxifahrer? Also, wenn ihr mich fragt, gibt es den gar nicht. Die Jungs haben sich nur rausgeredet.»
Doch niemand hörte ihm zu. Kilian und Sabine flachsten ungeniert weiter.
«Meine Freundin Angie meint zwar: Einmal schwarz, immer schwarz, aber für mich ist das ein Mythos …»
«Hallo!», funkte Heinlein dazwischen. «Es ist Dienstbeginn. Können wir nun endlich mal?»
«Ich trinke ihn auch immer schwarz. Milch versaut einem einfach den Geschmack», sagte Kilian, ohne auf Heinlein zu achten.
Noch bevor Heinlein seine Bitte lauter wiederh o len musste, erschien Polizeidirektor Klein in der Tür. «Gibt es was Neues zu dem toten Jungen?», fragte er knapp.
Kilian wollte schon zur Antwort ansetzen, doch dann entsann er sich seiner neuen Position und hielt den Mund.
Es blieb Heinlein überlassen zu antworten. «Nein, Herr Polizeidirektor. Alles noch auf dem Stand von gestern Abend.»
«Sie hatten doch zwei Verdächtige im Verhör? Was ist daraus geworden?»
«Allem Anschein nach haben sie den Jungen zwa r g eschlagen, aber nicht getötet. Ein dritter unbekan n ter Mann sei aufgetaucht und habe ihn mitgeno m men.»
«Und das glauben Sie?»
Heinlein schwieg. Seine Augen suchten Kilians Unterstützung bei der dünnen Ermittlungslage.
«Es ist eine Spur, die wir neben anderen verfo l gen», antwortete Kilian. «Ihrer Beschreibung nach handelt es sich um einen Mann mit Springerstiefeln und Glatze.»
Klein wog die Antwort ab. «Gut, tun Sie das. Aber seien Sie vorsichtig. Ich will morgen nichts über prügelnde Skinheads in der Zeitung lesen. Das fehlte uns noch. Wir haben hohen Besuch in der Stadt.»
Kilian nickte. Wie immer sollten sie, ohne Staub aufzuwirbeln, den Tod eines Menschen aufklären. Auch wenn er die Brisanz der Lage einsah, rumorte es in seinem Inneren. Dennoch versprach er es mit einem Kopfnicken.
Klein wandte sich zum Gehen. «Ach ja», hielt er inne , « ich hoffe, Sie haben sich in den Berufsalltag wieder eingewöhnt.»
Kilian schmunzelte. «Wenn es einem so leichtgemacht wird wie von meinen beiden Kollegen, ist das kein Problem.»
Überrascht, aber reaktionsschnell lächelte Heinlein nicht ohne Anstrengung zurück.
«Das freut mich», sagte Klein und machte auf dem Absatz kehrt.
Sabine wartete noch einen Augenblick, bis sie sichergehen konnte, dass Klein tatsächlich auf dem Gang verschwunden war. «Ich hab noch keinen gesehen», sagte sie begeistert zu Kilian, «der den Chef so um den Finger wickelt.»
Kilian lächelte zufrieden, Heinlein raunzte: «Es reicht, Sabine. Ruf bei den Taxiunternehmen an und frag, ob sie schon was haben.»
«Die wollten sich bei uns melden.»
«Ruf an.»
Missmutig machte sich Sabine auf den Weg in ihr Büro, wobei sie halblaut vor sich hin schimpfte.
«Is was?», rief Heinlein ihr hinterher.
«Du solltest mal die Peitsche einpacken und das Zuckerbrot herausholen», meinte Kilian. «So wird das nichts mehr mit euch.»
«Ich kann mich doch
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