Der Bastard
etwas bedrückt?»
Maximilian setzte sich auf.
«Pia, was soll das? Du kommst nach Jahren hierhe r u nd faselst etwas von Schwangerschaft und Affäre. Was bringt dich auf solche Ideen? Ist es deine eigene Schwangerschaft? Bist du sicher, dass alles in Or d nung ist?»
Pia wischte die Fragen mit einer Handbewegung beiseite.
«Wieso bist du dir so sicher? Wenn ich mich recht entsinne, hast du sie doch vor ihrem Tod sehr lange allein gelassen.»
«Mein Vater war krank, ich musste ihn in der Kl i nik vertreten. Anna hätte mitkommen können. Aber sie wollte lieber im Busch bleiben und irgendwelche Massai -M edizinmänner befragen. Außerdem war noch ein Ehepaar mit im Haus, das sich um alles kümmerte.»
«Trotzdem, denk nach, war da irgendetwas? Du musst mit ihr telefoniert oder irgendeine Art von Kontakt gehabt haben. Es kann doch nicht sein, dass du rein gar nichts davon mitbekommen hast.»
«Das ist eine absurde Idee.» Maximilian stand auf und setzte sich neben sie aufs Sofa.
«Hör zu, ich sage dir jetzt etwas, das nur Anna und ich wussten. Ich kann mit neunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit keine Kinder zeugen.» Er schwieg kurz und fuhr dann fort: «Wenn Anna schwanger gewesen wäre, hätten wir drei Tage gefe i ert. Und wenn sie von einem anderen Mann schwa n ger gewesen wäre … Tja, dann hätte sie es mir gesagt, und ich hätte das Kind ziemlich sicher akzeptiert. Und das wusste sie auch.»
Pia sah ihn zweifelnd an. «Wärst du nicht eifersüchtig gewesen?»
«Doch, wahrscheinlich schon. Aber Anna hat sich so sehr Kinder gewünscht, und als sie erfahren hat, dass da s m it mir wohl nicht möglich sein wird, war sie sehr unglücklich.»
«Wieso habt ihr nicht an Adoption gedacht?»
Max fuhr sich mit der Hand durchs Haar und seufzte.
«Aus Feigheit. Für Anna wäre es, glaube ich, in Ordnung gewesen. Sie schlug mir vor, zwei afrikanische Waisenkinder zu adoptieren.» Er schüttelte den Kopf. «Aber das ging nicht. Eine Adoption kann man nicht geheim halten. Jeder hätte gewusst, dass es nicht unsere leiblichen Kinder sind. Wäre Anna aber von e i nem anderen Mann schwanger gewesen, wäre niemand auf die Idee gekommen, dass das Kind nicht von mir ist. Anna und ich wären die Einzigen gew e sen, die den Mund hätten halten müssen. Das alles wusste Anna – ob von mir oder einem anderen, sie hätte keinen Grund gehabt, mir die Schwangerschaft zu verheimlichen.»
Wenn sie dich mit einem Weißen betrogen hätte, dachte Pia, aber ein schwarzes Kind hätte euch wohl keiner abgekauft. Doch sie sagte nichts.
«Willst du mir wirklich erzählen, dass deine Frau schwanger war und du es nicht gemerkt hast? Hast du sie in dem halben Jahr nicht einmal besucht? Oder sie gebeten, dich zu besuchen?»
«Sie wollte kommen, hat es aber immer wieder verschoben, wegen irgendwelcher Stammeszeremonien, die sie nicht verpassen wollte. Ich konnte nicht weg. Und jetzt hör endlich auf. Anna war nicht schwanger! Was willst du also von mir? Soll ich mir was ausdenken? Und überhaupt …» Max stand auf und baute sich vor Pia auf . « Wieso hast du nichts davon gewusst? Du bist doch ihre Schwester. Wieso hast du dich nicht um sie gekümmert?»
Damit hatte er Pias wunden Punkt getroffen, und sie spürte, wie die Wut in ihr hochkam. Sie stand e benfalls auf.
«Anna hatte ein Kind, und du musst davon g e wusst haben. Warum lügst du?» Pia war laut gewo r den.
Max setzte seine Brille wieder auf und tat einen Schritt nach hinten. Seine Stimme war nun kühl.
«Ich glaube, es ist besser, du gehst jetzt. Aber ich sage es dir noch einmal. Ich wusste nichts von einer Schwangerschaft, und ich halte es auch für unmö g lich. Du kannst jeden fragen, der mit uns Umgang hatte. Du wirst niemanden finden, der diese aus der Luft gegriffene Schwangerschaft bestätigen wird.»
Pia nahm ihre Tasche vom Sofa, ging zur Tür, öffnete sie und drehte sich noch einmal zu ihm um.
«Ich habe jemanden gefunden. Jemanden, der ohne jeden Zweifel beweisen kann, dass Anna nicht nur schwanger war, sondern ein Kind geboren hat.» Max setzte an, etwas zu sagen, doch Pia schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. «Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann ruf mich an.» Dann ging sie und ließ die Tür hinter sich offen.
17
D er Würzburger Hauptbahnhof gehört sicherlich zu den unansehnlichsten Bauwerken der Stadt. Arch i tektonisch hat der Klotz der Schalterhalle und der a n grenzenden Gebäude den verblassten grau-speckigen Charme eines
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