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Der Bastard

Der Bastard

Titel: Der Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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DDR-Plattenbaus. Ist die Schalterhalle noch schnell mit halbgeschlossenen Augen zu durc h queren, sieht man sich dem Leid der Vernachläss i gung auf dem Vorplatz schutzlos ausgeliefert. Aufgesprengter, gewellter Asphalt, ein niedergeworfenes Feld herrenloser Fahrräder, stinkend qualmende Bratwurstbuden und Verkaufsbaracken der sechziger Jahre erinnern den ahnungslosen Besucher eher an den heruntergekommenen Balkan als an eine barocke Residenzstadt, die Kaiser und Könige beherbergt hat. Jede gläubige katholische Seele me i det dieses Terrain nach Einbruch der Dunkelheit. Wer sich dann noch dort aufhält, ist allein aufgrund seiner Präsenz ve r dächtig.
    Kilian und Heinlein hielten auf das Wartehäuschen der Taxifahrer zu, das ebenso herunterg e kommen und verraucht war wie die restlichen Baracken um den Bahnhofsplatz.
    Roland «Rollo» Gebhardt war leicht im Kreis der sechs Taxikutscher als der gesuchte Mann zu erkennen. Seine Glatze, die grüne Bomberjacke, die Armeehose und die Springerstiefel ließen keine Verwechslung zu. Heinlei n t rat lieber nicht in das verrauchte Kabuff, sondern rief von der Tür aus den Namen hi n ein.
    Gebhardt blickte auf, Heinlein winkte ihn heraus. Zögernd kam er der Anweisung nach.
    «Was gibt ’ s?», fragte er.
    «Sie sind Roland Gebhardt?», versicherte sich Heinlein.
    «Sehen Sie hier noch einen anderen?»
    «Sind Sie es? Ja oder nein.»
    «Ja, verdammt.»
    Heinlein zeigte ihm seinen Ausweis. «Sie wurden vorgestern Nacht gegen 22 . 30 Uhr in der Mainaustraße, Höhe Afrika-Festival, gesehen, wie Sie mit einer Gruppe Jugendlicher in Streit gerieten. Unter ihnen soll sich ein weiterer Jugendlicher mit schwarzer Hau t farbe befunden haben.»
    Gebhardt steckte sich eine Zigarette an. «Ja, und?»
    «Sie geben also zu», fragte Kilian nach, «dass Sie sich zum genannten Zeitpunkt dort aufgehalten h a ben und mit fünf Jugendlichen russischer Herkunft und einem Schwarzen in Streit gerieten?»
    «Ich war dort, ja, aber ich habe mich nicht mit i h nen geprügelt.»
    «Sondern?»
    «Die Jungs hatten den kleinen Schwarzen in der Mangel. Ich hatte meinen Wagen ein paar Meter entfernt geparkt und es beobachtet. Als die Sache aus dem Ruder lief, bin ich eingeschritten.»
    «Beschreiben Sie es genauer.»
    «Sie haben ihn herumgeschubst und ihm ein paar Ohrfeigen verpasst. Der Junge fiel hin, hat sich abe r n icht gewehrt. Das war der Moment, wo ich ihm he l fen musste.»
    «Wie haben Sie das angestellt? Die waren schließlich zu fünft», fragte Heinlein.
    «Das sind übermütige Kids, die gern ein bisschen auf den Putz hauen, nichts Dramatisches. Es gibt Schlimmeres.»
    «Trotzdem, die Jungs haben Sie nicht daran zu hindern versucht?»
    «Schauen Sie mich an», sagte Gebhardt und ric h tete sich auf. «Würden Sie mir widersprechen, wenn Sie mir nachts begegneten?»
    Kilian verneinte innerlich sofort, auch Heinlein legte keinen großen Wert auf diese Art von Bekann t schaft.
    «Deshalb ist mir als Taxikutscher bisher auch noch nichts Ernsthaftes passiert. Ich habe eine Frau und zwei Kinder, die ich zu versorgen habe. Mein Outfit ist schlicht Selbstverteidigung. »
    «Und das funktioniert?», fragte Kilian.
    «Hundertpro.»
    «Zurück zu vorgestern Nacht», griff Heinlein den Faden wieder auf. «Was haben Sie mit dem Jungen gemacht, nachdem Sie ihn vor der Bande beschützt hatten?»
    «Ich brachte ihn zu meinem Wagen. Dort haben wir geschaut, ob er verletzt war. »
    «War er es?»
    «Nichts Ernsthaftes. Ein paar Schürfwunden und Prellungen.»
    «Und dann?»
    «Habe ich ihn gefragt, ob ich noch etwas für ihn tun könnte. »
    «Konnten Sie?»
    «Ja, er bat mich, ihn in die Mergentheimer Straße zu fahren. Ganz offiziell, er hat dafür gezahlt. Mein Taxameter war eingeschaltet, und ich habe die Fahrt auch abgerechnet. Wenn Sie es überprüfen wollen?»
    «Später. Wo genau haben Sie ihn abgesetzt?»
    «Gleich nach der Brücke, dort, wo sie die neue Wohnanlage gebaut haben, am Main.»
    «Haben Sie gesehen, in welches Haus er gegangen ist?»
    «Ja, ich wollte sichergehen, dass er wohlbehalten zu Hause ankommt.»
    «Wohnt er dort?»
    «Hat er gesagt.»
    «Sein Name?»
    «Keine Ahnung. Ich schätze, der Bengel war was Besseres, so wie er gekleidet war und gesprochen hat.»
    «Wie kommen Sie darauf?»
    «Wie ich schon sagte, er hat sich überraschend gut und erwachsen ausgedrückt, so, als würde er gute Schulen besuchen. Internate für die Reichen und so.»
    Kilian und Heinlein schauten sich

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