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Der Bastard

Der Bastard

Titel: Der Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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das Glas in seinen Händen hin- und herrollte. Er hatte wie ein kleiner Schuljunge gewirkt, der etwas angestellt hatte und anschließend den Einsichtigen spielt. Sie brauchte einen Moment, um zu verarbeiten, was ihre Beobachtung bedeutete. Sie ließ sich die Fakten noch einmal durch den Kopf gehen. Dann telefonierte sie mit Karl, der ihr bestätigte, dass ihre Erinnerung sie nicht trog. Sie versuchte sich zu entscheiden. Sie konnte wieder nach oben gehen und Heinrich mit ihrer Fr a ge konfrontieren. Oder auch noch einmal zu Ubunta gehen. Aber alle hatten es bisher vorgezogen, zu lügen und zu verschweigen.
    «Nein.» Pia sagte es so laut, dass einige Besuche r d er Cafeteria sie verwundert ansahen. Sie achtete nicht darauf. Sie würde erst den hieb- und stichfesten Beweis erbringen, danach war wieder Zeit für Gespräche.
    Sie fuhr erneut in den zweiten Stock und betrat Heinrichs Zimmer.
    «Entschuldige, dass ich noch einmal störe. Ich kann meinen Autoschlüssel nicht finden. Kann es sein, dass ich ihn hier habe liegenlassen?»
    Heinrich winkte sie herein.
    «Du musst selber nachschauen, ich kann leider nicht für dich unters Bett kriechen.»
    Pia beugte sich hinunter und hielt Ausschau nach etwas, das für ihre Zwecke geeignet war. Doch natürlich war unter dem Bett nichts. Sie erhob sich. Auf dem Nachttisch stand das Glas.
    «Kann ich dir noch etwas bringen?»
    Heinrich wehrte ab, und Pia wusste, dass sie nun gehen musste. Die Tür ging auf, und sie wurde erlöst. Zwei Ärzte und eine Schwester betraten den Raum. Während sie sich auf Heinrich konzentrierten und er ihnen entgegensah, griff Pia blitzschnell nach dem Glas und der Serviette, die danebenlag.
    «Dann will ich nicht weiter stören», sagte sie und verabschiedete sich.
    31
    E s gab schon immer geschäftstüchtige Würzburger, dachte Kilian, als er ins Steinbachtal eingebogen war. Auf mittlerer Höhe des über zwei Kilometer langen Tals, das zur einen Seite mit Wald bewachsen und zur Rechten von Villen und Seniorenheimen g e säumt war, kam er an dem Verwaltungsgebäude der Kneipp-Werke vorbei. Es glich einem von Bäumen eingefassten großzügigen Landhaus aus der Jahrhundertwende.
    Seine Mutter hatte ihm die Geschichte erzählt, wie der Würzburger Apotheker Leonhard Oberhäußer und der Urvater der Naturheilverfahren Sebastian Kneipp sich darauf geeinigt hatten, «pharmazeutische und kosmetische Produkte sowie diätetische L e bensmittel mit dem Namen und dem Bilde des Herrn Pfarrer Sebastian Kneipp zu entwickeln, herzustellen und zu ve r treiben».
    Das war vor rund hundert Jahren. Damals war von alternativen Heilmitteln kaum die Rede gewesen, geschweige denn von einem Massenmarkt à la Ökomärkte und Body Shop. Der Apotheker der E n gel-Apotheke hatte eine himmlische Eingebung e r halten, was sich zukünftig verkaufen ließ. Heute fand man in nahezu jeder Apotheke und Drogerie Kneipp-Produkte, und das nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz, den Niederlanden und den U SA.
    Kilian bog wenige Meter weiter in die kurze Auffahrt der Sibelius-Klinik ein. Er war das letzte Mal vor über zwanzig Jahren hier gewesen. Seitdem hatte sich nicht viel verändert. Noch immer klebte dieses Juwel einer vornehmen Jugendstilvilla am Hang, ohne lautstark um Patienten werben zu müssen. Mit einer AOK-Mitgliedskarte kam man hier nicht weit. Wenn jemand eines der begehrten Betten für die Dauer seines Au f enthalts hatte buchen können, dann hatte er sich als Privatpatient ausgewiesen.
    Kilian parkte neben einem dezent wirkenden Jag u ar.
    Eine etwa zwanzigjährige Frau, in seinen Augen eigentlich noch ein Mädchen, erwartete ihn. Der Empfangsbereich mit Rezeption glich mehr einer Hotellobby als einem Krankenhaus. Sie saß in einer der bequem wirkenden bordeauxroten Ledergarnituren. In den anderen nahmen Patienten, überwiegend Schwarze, ihren Tee und Gebäck. Als sie ihn sah, erhob sie sich und kam auf ihn zu. Sie trug ein legeres Freizeitkostüm, wie alles in diesem Haus passend, nur nicht aufdrin g lich.
    «Alexandra May», stellte sie sich vor und reichte ihm die Hand.
    «Vielen Dank», antwortete Kilian, «dass Sie an einem Sonntag Zeit gefunden haben. Es wird hoffentlich nicht lange dauern.»
    Sie nahm die Entschuldigung mit einem professionellen Lächeln entgegen und ging voran.
    «Können Sie mir sagen, um welchen Zeitraum es sich genau handelt?», fragte sie. «Das würde die S u che erheblich erleichtern.»
    «Laut meinen Informationen muss der

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