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Der Bauch von Paris - 3

Der Bauch von Paris - 3

Titel: Der Bauch von Paris - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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mein schönstes Werk gewesen ist, dessen ich mich mit der meisten Befriedigung erinnere? Das ist eine ganze Geschichte … Letztes Jahr am Heiligabend, als ich mich bei meiner Tante Lisa befand, war der Fleischergeselle, der Auguste, wissen Sie, dieser Idiot, gerade dabei, die Schaufensterauslagen herzurichten. Ach, der Elende! Er machte mich rasend mit der lässigen Art, wie er das Ganze zusammenstellte. Ich bat ihn, sich zu verziehen, und sagte, ich würde ihm das ein bißchen netter malen. Sie verstehen, ich hatte da alle kräftigen Farbtöne, das Rot der nappierten Rinderzungen, das Gelb der kleinen Schinken, das Blau der zurechtgeschnittenen Papierunterlagen, das Rosa der angeschnittenen Stücke, das Grün der Heidekrautblätter, vor allem aber das Schwarz der Blutwürste, ein prachtvolles Schwarz, wie ich es auf meiner Palette niemals habe wiederfinden können. Natürlich gaben mir die Fettnetzstücke, die Bratwürste, die Leberwürste, die panierten Schweinefüße allerfeinstes Grau. Ich schuf also ein wirkliches Kunstwerk. Ich nahm die Platten, Teller, Schüsseln und Kruken; ich setzte die Farbtöne an; ich errichtete ein erstaunliches Stilleben, auf dem Farbenraketen barsten, von kunstvollen Tonleitern gestützt. Die roten Zungen streckten sich mit Flammengefräßigkeit, die schwarzen Blutwürste brachten in den hellen Sang der Bratwürste die Düsternis ungeheurer Übersättigung. Nicht wahr, ich hatte die Freßsucht der Weihnachtsschlemmerei gemalt, die dem Fraß gewidmete Mitternacht, das Schlemmen der von den Gesängen geleerten Mägen. Oben ließ eine große Pute ihre weiße, unter der Haut von den schwarzen Flecken der Trüffeln marmorierte Brust sehen. Es war barbarisch und prachtvoll, etwas wie ein in einem Heiligenschein geschauter Bauch, aber mit einer solchen Grausamkeit der Pinselstriche, einem solchen Aufbrausen der Spötterei, daß sich die Menge zusammenrottete, beunruhigt durch diese Schaufensterauslage, die so rücksichtslos flammte … Aber als meine Tante Lisa aus der Küche kam, kriegte sie Angst und bildete sich ein, ich hätte Feuer an die Fettsachen in ihrem Laden gelegt. Vor allem die Pute erschien ihr so schamlos, daß sie mich vor die Tür setzte, während Auguste die Sachen wieder herrichtete und dabei seine Dummheit ausstellte. Niemals wird dieses Viehzeug die Sprache eines roten Flecks verstehen, der neben einen grauen gesetzt wird … Gleichviel, es war mein Meisterwerk. Ich habe niemals Besseres geschaffen.«
    Claude schwieg und lächelte, in diese Erinnerung versunken. Der Wagen war beim Arc de Triomphe42 angekommen. Aus den offenen Avenuen rings um den riesigen Platz wehten weite Windstöße auf diese Höhe. Florent setzte sich aufrecht hin und atmete tief diese ersten Grasgerüche ein, die von den Festungswerken aufstiegen. Er drehte sich um, sah Paris nicht mehr, wollte das Land in der Ferne schauen. Auf der Höhe der Rue de Longchamp zeigte ihm Frau François die Stelle, wo sie ihn aufgelesen hatte. Das stimmte ihn ganz nachdenklich. Und er betrachtete sie, die so gesund und ruhig war und mit den ein wenig vorgestreckten Armen die Zügel hielt. Mit ihrem Taschentuch auf der Stirn, ihrem rauhen Teint, ihrem derbgutmütigen Aussehen war sie schöner als Lisa. Wenn sie ein wenig mit der Zunge schnalzte, spitzte Balthasar die Ohren und schritt aus auf dem Pflaster.
    Als sie in Nanterre eintrafen, bog der Wagen links ein, fuhr in eine enge Straße, an Mauern entlang und hielt ganz hinten in einer Sackgasse. Es war das Ende der Welt, wie sich die Gemüsebäuerin ausdrückte. Die Kohlblätter mußten abgeladen werden. Claude und Florent wollten nicht, daß sich der Gärtnerbursche, der gerade damit beschäftigt war, Salat zu pflanzen, stören ließ. Sie bewaffneten sich jeder mit einer Forke, um den Haufen in die Mistgrube zu werfen. Das machte ihnen Spaß. Claude hatte eine Vorliebe für Mist. Die Gemüseabfälle, der Unrat der Markthallen, der von dieser riesenhaften Tafel gefallene Kehricht, blieben lebendig, kamen dahin, wo das Gemüse gewachsen war, zurück, um neue Geschlechter von Kohl, Rüben und Möhren warm zu halten. Sie wuchsen wieder heran zu prachtvollen Früchten; sie kehrten zurück, um sich auf dem Pflaster auszubreiten. Paris brachte alles zum Faulen, gab alles der Erde wieder, die, ohne jemals zu ermüden, das Sterben wiedergutmachte.
    »Da«, sagte Claude und schwang die letzte volle Forke, »das ist ein Kohlstrunk, den ich wiedererkenne. Der wächst

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