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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Ortes stören. Diese Frage kann nur der Pharao selbst klären. Und jetzt entschuldigt mich, bitte. Ich möchte meine Zeit nicht mit sinnlosen Auseinandersetzungen vergeuden.«
    Als Senânkh allein war, lächelte er zufrieden.
    Sesostris hatte ihn nach Abydos geschickt, um den Kahlen auf die Probe zu stellen. Würde sich der neue Oberpriester wie ein getreuer Diener des Pharaos verhalten, oder berauschte er sich so an seiner neuen Macht, dass er alles allein regeln zu können glaubte und sich nicht an die Weisungen des Herrschers hielt?
    Die Antwort auf diese Frage war eindeutig: Der Kahle würde keinem Druck nachgeben, egal woher er auch kommen mochte. Er hielt sich an sein Versprechen, dass nur der Monarch selbst wichtige Entscheidungen treffen durfte.
    Dieser Auftrag war glücklicherweise gut ausgegangen. Blieb noch der von Gergu.
    Man hatte Gergu in ein Verwaltungsgebäude geleitet. Hier wachten einige wenige Beamte, die der König nach genauer Überlegung selbst ausgewählt hatte, über das Wohlergehen der Einwohner von Uâh-sut. Die Siedlung, die von den Leuten angelegt worden war, die den Tempel und die ewige Ruhestätte von Sesostris erbauten, hieß auch »Ständige Baustelle«.
    An diesem nüchternen Ort, an dem nicht einmal laut gesprochen wurde, fühlte sich Gergu äußerst unwohl. Wie weit weg war doch das lebhafte Treiben von Memphis!
    Und auch der oberste Verwalter machte nicht den Eindruck, als sei er zum Scherzen aufgelegt.
    »Was wünscht Ihr?«
    »Ich bin die rechte Hand des Großen Schatzmeisters Senânkh.«
    »Das weiß ich.«
    »Ich bin für die Getreidespeicher zuständig.«
    »Die sind hier in Abydos gut gefüllt.«
    »Das freut mich, das freut mich… Aber mein Auftrag geht noch weiter.«
    »Ich höre.«
    »Nun, es ist ganz einfach, aber auch ein wenig heikel: Ich soll mich davon überzeugen, dass es hier niemand an etwas fehlt.«
    »Was Uâh-sut und die Gemeinschaft der Bauleute betrifft, so fehlt es uns an nichts. Sollten sich Lebensmittellieferungen verspäten, würde ich Euch sofort verständigen. Was die ständigen und zeitweiligen Priester angeht, kann ich dazu nichts sagen. Deshalb hole ich jetzt einen Zuständigen, der Eure Fragen beantworten kann.«
    Seltsamerweise begann Gergu, Gefallen an dem inneren Frieden dieses Ortes zu finden. Noch nie zuvor hatte er ähnlich merkwürdige Gefühle gehabt – so als nähme er Abstand von sich selbst, als wären Gewalt und Bestechung nicht unter allen Umständen die beste Lösung. Gergu ertappte sich dabei, dass er von einer weniger rohen Welt träumte, in der es weder Mörder noch Diebe, noch rücksichtslose Ehrgeizlinge gab.
    Verwirrt von diesen ungewohnten Gedanken, schüttelte er sich wie ein nasser Hund. Mächtige Zauberer mussten hier gewohnt und den Ort mit ihren einlullenden Vorstellungen durchtränkt haben! Von nun an würde sich Gergu vor Abydos in Acht nehmen. Trotzdem wollte er seinen Geheimnissen auf den Grund gehen, auch wenn kaum Aussicht bestand, er könne sie erfahren.
    Der Priester, der jetzt den Raum betrat, wirkte äußerst eigenartig. Er sah abstoßend und eiskalt aus.
    Gergu spürte auf den ersten Blick, dass dieser Mann berechnend war und keine Gefühle kannte. Dennoch ahnte er gleichzeitig, dass sie irgendetwas gemeinsam hatten.
    »Man hat mir gesagt, dass Ihr Gergu heißt und vom Schatzmeister geschickt werdet. Ihr sollt Euch davon überzeugen, dass es uns an nichts fehlt.«
    »Besser hätte man meinen Auftrag nicht beschreiben können. Mit Eurer Hilfe kann ich ihn sicher zur Zufriedenheit ausführen.«
    Als der Priester diesen ungeschlachten Menschen vor sich sah, der offenkundig fleischlichen Genüssen nicht abgeneigt war, hätte er Gergu am liebsten einfach wieder weggeschickt und nach einem anderen Gesprächspartner verlangt.
    Doch dann entstand zwischen ihnen eine sonderbare Verbindung. Zweifellos war dieser Gergu bestechlich, und Gemeinheit gehörte bestimmt zu seinen Grundsätzen.
    Gerade als der Priester den Plan gefasst hatte, sich für die ihm angetane Beleidigung zu rächen, indem er sich persönlich bereichern wollte, erschien dieser Gergu. War diese Begegnung nicht ein Wink des Himmels? – Natürlich musste er misstrauisch bleiben und auf keinen Fall unüberlegt handeln. Es würde einige Zeit und mehrere Besuche brauchen, ehe man den Beginn eines Bündnisses wagen konnte.
    »Es fehlt uns hier leider tatsächlich an einigen Dingen«, erklärte der Priester. »Dies könnte uns bei der Erfüllung unserer

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