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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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gewesen. Ehe er vor das göttliche Gericht treten muss, sollen wir unser Urteil über ihn abgeben. Meines fällt sehr gut aus. Will einer oder eine von euch ein anderes Urteil abgeben?«
    Die Versammlung schwieg.
    »Das heißt also, dass die Riten allesamt gefeiert werden. Möge die gerechte Stimme von dieser Erde als solche auch in den Himmeln anerkannt werden und für immer durch die Ewigkeit reisen.«
    Dem zukünftigen Oberpriester fiel es immer schwerer, seine Ungeduld zu beherrschen. Doch endlich sprach der Herrscher die entscheidende Frage an.
    »Die augenblickliche Priesterschaft wird sein Werk genauso unnachgiebig weiterführen. Was aber die goldene Palette betrifft, auf der die Formeln des Wissens verzeichnet sind, so habe ich beschlossen, dass sie bei mir, beim Pharao, bleibt.«
    Der Kandidat für das höchste Amt glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Sesostris fragte die Mitglieder der Bruderschaft nicht nach ihrer Meinung, er wollte niemand zum Nachfolger ernennen… Ein Albtraum!
    »Ich möchte in ständiger Verbindung mit Abydos bleiben«, fuhr der Herrscher fort. »Der Kahle wird mein Stellvertreter und leitet eure Gemeinschaft während meiner Abwesenheit, unternimmt aber keine Schritte ohne meine ausdrückliche Erlaubnis. Er erhält laufend Unterweisungen von mir und hält mich seinerseits über alles auf dem Laufenden. Sollte jemand bei einem Fehler ertappt werden, wird der Schuldige – egal wie lässlich sein Fehler auch sein mag – aus der Bruderschaft ausgeschlossen. Wir sind im Krieg, und unser Feind ist viel gefährlicher als viele tausend Soldaten. Irrtümer, Unaufmerksamkeit oder jede andere Form von Versagen kämen einem Verrat gleich und werden dementsprechend bestraft. Jetzt wollen wir aber ein Festmahl zu Ehren unseres Bruders feiern, den die schöne Göttin des Westens gerade zu sich geholt hat.«
    Obwohl ihm der Magen wie zugeschnürt war, aß der Enttäuschte die geweihten Speisen und machte gute Miene zum bösen Spiel. Niemand durfte seine Wut bemerken, die gleichzeitig gegen Sesostris, Abydos und die anderen Priester und Priesterinnen gerichtet war, die nicht einmal das Wort ergriffen hatten, um seine Verdienste zu rühmen.
    Rache allein konnte ihn nicht befriedigen, er wollte auch sein Ziel erreichen. Wenn ihm das gelingen sollte, war eines unerlässlich: Er musste reich und zur wichtigsten Persönlichkeit der heiligen Stadt werden, indem er sein Netz im Verborgenen webte. Aber wie sollte er ein Vermögen machen, ohne sich zu erkennen zu geben?
    Diese Schwierigkeit schien unüberwindlich.
    »Du machst einen bedrückten Eindruck«, stellte eine der Priesterinnen fest.
    »Wer wäre das jetzt nicht? Einen so guten Oberpriester zu verlieren, ist eine traurige Prüfung.«
    »Gemeinsam werden wir es überstehen, aber dazu brauchen wir deine Weisheit und deine Erfahrung.«
    »Ihr könnt euch auf mich verlassen.«

 
48
     
     
     
    »Mein Name ist Gergu, ich bin Oberaufseher für die Getreidespeicher im Auftrag des Großen Schatzmeisters Senânkh. Zeig mir die Gebäude, für die du zuständig bist.«
    Für den Mann, der für die Kornspeicher in dem kleinen Dorf Blühender Hügel verantwortlich war, kam der Besuch einer derart wichtigen Persönlichkeit völlig überraschend.
    »Wir sind mitten in der Arbeit und…«
    »Entweder gehorchst du auf der Stelle, oder ich rufe die Wachen.«
    »Dann kommt, bitte!«
    Gergu hatte zusammen mit Senânkh bereits die Getreidespeicher einiger großer Städte in Augenschein genommen. Er verstand es, sich zurückhaltend zu benehmen, und befolgte genau die Vorschriften seines Herrn, der ihn für einen ausgezeichneten Beamten hielt.
    Sobald sich aber Senânkh in seinen Palast zurückzog, ergriff Gergu die Gelegenheit und interessierte sich mit großem Eifer für die Vorräte der kleinen Ortschaften. Dort nutzte er in vollem Umfang die Vorteile seines Amtes und ließ sich gehen.
    Der für das Getreide verantwortliche Dorfbewohner führte ihn zu dem Hof mit den Kornspeichern des Porfes, der von einer festen Mauer umgeben war.
    »Diese Mauer ist nicht hoch genug«, bemängelte Gergu. »Sie ist kein Hindernis für Diebe.«
    »Wir kennen uns hier alle, und es gibt keine Diebe!«
    Er stieß die Tür zum Hof auf. »Kein Schloss?«
    »Nein, nicht nötig.«
    »Die Getreidevorräte müssen sicher sein. Das ist hier nicht der Fall.«
    »Ich kann Euch versichern…«
    »Vorschrift ist Vorschrift.«
    Verunsichert betrat der Mann den Hof, von dem aus man über eine

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