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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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erlernen, ehe sie sich Soldaten oder Beamten nähern konnten, von denen sie wichtige Hinweise haben wollten.
    Der Prophet hatte ihm aufmerksam zugehört. »Du leistest gute Arbeit, mein Freund. Mach weiter so. Geduld ist eine der wichtigsten Waffen.«
    »Ich stehe in Verbindung zu einem merkwürdigen Mann«, fuhr der Libanese fort. »Ich weiß nur, dass er ein einflussreicher hoher Beamter ist und an viel Geld kommen will. Ich muss noch mehr über ihn in Erfahrung bringen und hoffe, über seinen Mittelsmann Verbindung zu einem Würdenträger aus dem königlichen Palast herstellen zu können.«
    »Das gehört mit zu den schwierigsten Vorgehensweisen«, sagte der Prophet. »Du musst äußerst vorsichtig sein. Wie heißt er denn… dieser Geschäftsmann?«
    »Er hat mir seinen Namen nicht genannt. Und wenn er es getan hätte, hätte er mir einen falschen gesagt.«
    Der Prophet schloss die Augen und versuchte, das Gesicht dieses sonderbaren Händlers zu sehen, indem er mit seinem inneren Auge in das Gedächtnis des Libanesen eindrang.
    »Der Weg scheint vielversprechend zu sein«, schloss er. »Finde heraus, wer er ist, ohne ein Wagnis einzugehen. Worin besteht eure Abmachung?«
    »Es geht um den Handel mit wertvollen Edelhölzern. Er macht mir den Markt von Memphis zugänglich, aber seine Bedingungen sind hart an der Grenze des Erträglichen. Ich gewinne dabei so gut wie nichts.«
    »Vergiss nicht, von diesem ›beinahe nichts‹ den Teil abzugeben, der meinem Nachrichtennetz zusteht.«
    »Das hatte ich natürlich vor, Herr!«
    »Wie steht es mit den Vorbereitungen für das geplante Unternehmen in Kahun?«
    »Auch das braucht seine Zeit, sehr viel Zeit sogar. Wenn wir Erfolg haben wollen, brauchen wir zahlreiche Gehilfen, und kein Glied der Kette darf brechen. Aber es gibt auch eine ausgezeichnete Neuigkeit: Mein erster Spitzel ist in Kahun eingetroffen, hat dort bereits Arbeit gefunden und beginnt zu beobachten, wie die dortigen Sicherheitsschleusen ineinander greifen.«
    »Ist er ein fähiger Mann?«
    »Fähig und unsichtbar, Herr! Wir dürfen nicht gleich das Unmögliche wollen, aber der Anfang ist gut.«

 
52
     
     
     
    Iker war dabei, als der Getreidespeicher eingerissen wurde, der hastig und mit ungeeignetem Material errichtet worden war. Der Mann, der für diese Straftat verantwortlich war, konnte ihm nicht mehr drohen – er war gerade zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Mit dem Bau des neuen Silos sollte gleich am nächsten Tag begonnen werden, und zwar nach den Plänen des jungen Schreibers, die sein Herr gebilligt hatte.
    In der überschaubaren kleinen Welt der Würdenträger von Kahun hatte Iker mit einem Mal sehr an Ansehen gewonnen. Nachdem ihn die anderen Schreiber zunächst verächtlich abgetan hatten, war er jetzt zu einem gefährlichen Mitstreiter um einen wichtigen Posten geworden. Dass er so schnell Licht in die dunkle Sache mit dem Kornspeicher gebracht hatte, deutete auf ausgezeichneten Sachverstand hin. Der Fremde, der in der Stadt Thots gelernt hatte, wurde seinem Ruf mehr als gerecht. Trotzdem hatte dieser allzu schnelle Erfolg auch etwas Erschreckendes und drohte die gesamte Stufenleiter der Schreiber auf den Kopf zu stellen.
    Iker waren Klatsch und Tratsch nach wie vor gleichgültig, und er ließ sich mit niemandem ein. Nordwinds Freundschaft genügte ihm völlig, und er hatte keinerlei Bedürfnis danach, seine Zeit damit zu verschwenden, mit anderen über irgendwelche Belanglosigkeiten zu reden. Außerdem hatte ihm Heremsaf gerade eine neue, überaus schwierige Aufgabe anvertraut: Er sollte die sich stark vermehrenden Nagetiere bekämpfen, die beträchtlichen Schaden anrichteten.
    Iker hatte sich für den Einsatz von Erfolg versprechenden Methoden entschieden: Ausräuchern der Häuser, Verstopfen der Gänge und Zuhilfenahme von erfahrenen Katzen und nicht zuletzt gezähmten Kobras, die sich die Mäuse schmecken lassen sollten.
    Iker hatte alle Gebäude und Wohnungen in Kahun behandelt, von den großen Villen im Osten der Stadt bis hin zu den bescheidenen Behausungen im westlichen Viertel. Die kleinsten darunter hatten nur drei Räume und weniger als sechzig Quadratmeter, aber auch in diesen Wohnungen ließ es sich gut leben.
    Als Iker gerade die Untersuchung des am wenigsten begüterten Stadtviertels abgeschlossen hatte, traf er auf eine hübsche dunkelhaarige Frau. Sie kniete auf dem Boden und zermahlte mit einem Stein Weizenkörner, die aus einem Säckchen fielen,

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