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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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gegen Fürst Uakha zu erheben? Er ist tot, weil die heilige Schlange seiner Provinz tot ist, weil jemand ihren heiligen Krug zerbrochen hat, weil die Felder verdorrt sind, weil die Viehherden krank sind… Und das alles, weil unser symbolischer Beschützer seine Aufgabe nicht mehr erfüllt.«
    Sesostris ging zum Tempel, der Hathor geweiht war. Viele Menschen hatten sich davor versammelt und warteten auf ein Hoffnungszeichen.
    »Verehrt den Pharao!«, rief ihnen Nesmontu zu. »Er ist der Einzige, der eurem Elend ein Ende machen kann.«
    Alle blickten auf den Hünen. Ein Priester lief auf ihn zu und verbeugte sich vor ihm.
    »Unser Widerstand ist gerade hart bestraft worden, Majestät. Verschont unser Leben, ich flehe Euch an.«
    »Keiner hat etwas zu befürchten.«
    Ein paar Einwohner von Kusae begannen zaghaft zu lächeln. Wenn der Pharao einverstanden war, sie zu beschützen, hatte das Elend ein Ende.
    »Ich muss Euch das große Unglück zeigen, das sich ereignet hat, Majestät.«
    Sesostris folgte dem Priester ins Tempelinnere. In einer Kapelle wurde das heiligste Kultobjekt der Provinz aufbewahrt, ein Papyrus mit zwei Federn, die eine Sonnenscheibe umrahmten, welche von zwei Uräus-Schlangen flankiert wurde.
    Ein einziger Blick genügte, um das Ausmaß des Unglücks zu erkennen.
    Der Papyrus war verwelkt, die Scheibe hatte all ihren Glanz verloren und die Augen der Kobras funkelten nicht mehr. Die Energie dieses Symbols, das genau wie der Provinzfürst Uakha hieß, war fast vollständig verloren gegangen.
    »Wir werden alle zugrunde gehen«, prophezeite der Priester. »Dieser Ort ist verflucht!«
    »Beruhige dich«, befahl ihm der König.
    Nur die beiden Federn wirkten noch annähernd lebendig. Als Symbole der leuchtenden Luft, die durch das Universum zirkulierte und die Lebenskeime befruchtete, schienen sie die allerletzte Möglichkeit eines Überlebens zu bieten.
    »Ein Krebsgeschwür zerfrisst die Akazie, und das hier ist eine seiner Metastasen«, stellte der Monarch fest. »Konzentriert eure Gedanken auf die Sonnenscheibe, lebt jedes der Worte, die ich gleich aussprechen werde, lasst die Kraft zurückkehren, indem ihr mit dem WORT in Verbindung tretet.«
    Sehotep, Nesmontu und Sobek schlossen sich der Rede ihres Herrschers an, um eine Einheit der Erkenntnis zu bilden.
    Dann erhob Sesostris seine Stimme und trug eine Hymne an die aufgehende Sonne vor.
    »Erscheine in der Welt des Lichts, erleuchte die Zwei Länder türkisfarben. Vertreibe die Finsternis, werde jeden Tag aufs Neue wiedergeboren, komme zu dem, der deinen Namen nennt. Du für immer Einzigartige – vereinige dich mit deinem Symbol. Es offenbart dein Wesen, ohne es zu verraten. Erschaffe das Unten und das Oben. Schicke deine lebendige Flamme mitten in sein Auge, sei der Erbauer, dringe ein in dein Heiligtum.«
    Nach und nach wurde der Papyrus wieder grün. Dann leuchteten die Augen der Kobras wieder rot wie Glut. Schließlich bekam die Sonnenscheibe ihren Glanz zurück und beleuchtete die Kapelle.
    »Geh und hole die anderen Priester«, befahl der Monarch General Nesmontu.
    Als sie sahen, dass ihr Symbol wieder auferstanden war, verneigten sich die Ritualisten vor dem König und begannen, Lobgesänge auf ihn anzustimmen.
    »Genug mit dem Getue«, unterbrach sie der Pharao. »Ihr habt die Riten nicht richtig gefeiert und hättet dafür beinahe teuer bezahlen müssen. Anstatt euch selbst zu bemitleiden, erfüllt lieber vorschriftsmäßig eure Morgen-, Mittags- und Abendandacht. Beim kleinsten Zwischenfall müsst ihr mich sofort verständigen. Ab sofort untersteht diese Provinz dem Pharao.«
    Als Sesostris aus dem Tempel trat, applaudierte ihm die Bevölkerung. Doch plötzlich hörte der Jubel auf, und die Leute gingen zur Seite.
    Etwa dreißig Ordnungsleute mit Fleischerhunden an der Leine marschierten auf. Sie waren die am besten ausgebildete Einheit von Uakhas Truppen gewesen, und ihr Kommandant schien keine guten Absichten zu haben.
    »Wir sind nicht bereit, uns zu beugen! Diese Provinz war unabhängig, und das wird sie auch bleiben.«
    »Hör doch mit diesem Unsinn auf«, fuhr Nesmontu dazwischen. »Der Pharao hat sie eben vor dem Untergang bewahrt. Jetzt gehorcht sie auch ihm.«
    »Wir brauchen keinen fremden Herrscher«, beharrte der Kommandant. »Hiermit erkläre ich mich zum neuen Provinzherrn und werde alle Eindringlinge aus meinem Gebiet verjagen.«
    »Wer sich gegen den Pharao auflehnt, muss sterben«, mahnte Sesostris eindringlich. »Ich

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