Der Baum des Lebens
bin gern bereit, deine vorübergehende Unvernunft zu vergessen, aber nur, wenn du dich mir jetzt unterwirfst.«
»Wenn Ihr auch nur einen Schritt vorwärts macht, hetze ich die Hunde auf Euch.«
»Geht kein Wagnis ein«, bat Sehotep den Monarchen. »Wir sind ihnen zahlenmäßig unterlegen. Ziehen wir uns in den Tempel zurück!«
Sesostris ging auf die Truppen zu.
Der Kommandant und seine Leute ließen die Hunde von der Leine, die auf den König losstürzten.
Sobek wollte sich schützend vor seinen Herrn stellen, doch der schickte ihn mit einer kurzen Handbewegung weg.
Als sie kaum noch einen Meter von ihrer Beute entfernt waren, liefen die Hunde plötzlich wild durcheinander, drehten sich im Kreis, fletschten die Zähne, bellten wie verrückt und beruhigten sich schließlich. Mit einem Mal waren sie nur noch eine friedliche Meute, deren Anführer zu Sesostris kam und gestreichelt werden wollte, ehe er sich ihm zu Füßen legte.
»Diese Tiere wissen, wer ich bin. Du bist ein unwürdiger Kommandant, der ihnen nichts zu befehlen hat.«
Voller Angst versuchte der Offizier zu fliehen, aber zwei seiner Untergebenen schlugen ihm mit einem Knüppel den Schädel ein.
Während wieder Beifall aufbrauste, dachte Sesostris darüber nach, wie wohl sein Kampf weitergehen würde. Das Schicksal der Akazie war ausschlaggebend für das von ganz Ägypten, und er musste mit weiteren Nackenschlägen rechnen.
Eines war sicher: Uakha war es nicht gewesen, der dem Baum des Osiris geschadet hatte. Dann blieben nur noch zwei Verdächtige: Djehuti, der Herr über den Hasengau, und Chnum-Hotep, der Fürst der Provinz der Gazelle.
Ein kleiner Raum für den Ahnenkult, ein bescheidenes Besucherzimmer, ein Schlafzimmer, Toilette und Bad, Küche, Keller und Terrasse – Ikers Dienstwohnung war kein Palast, aber sehr wohnlich. Alle Räume waren frisch gekalkt und sparsam möbliert. Zum Glück gab es ganz in der Nähe auch einen Stall, in dem nur eine alte Eselin war, mit der sich Nordwind sofort verstand.
Nachdem er nur wenige Habseligkeiten besaß, brauchte Iker nicht lange für seinen Umzug. Als er gerade alles verstaut hatte, erschien ein armer Tropf an seiner Tür.
Er hatte lange Haare, war schlecht rasiert, ein bisschen krumm und mager und bot alles in allem einen traurigen Anblick.
»Ich bin der Diener, der Euch zweimal die Woche für zwei Stunden zugeteilt wurde.«
Im ersten Augenblick wollte Iker ihn sofort wieder wegschicken und sich allein um seinen Haushalt kümmern. Aber irgendwoher kannte er diesen Mann.
»Nein, das gibt es doch nicht… Bist du es, Sekari?«
»Äh, ja… Der bin ich.«
»Erkennst du mich denn nicht?«
Der arme Kerl sah seinen Herrn ängstlich an. »Du, Iker… Du bist aber schön angezogen!«
»Was ist dir denn passiert?«, wollte Iker wissen.
»Ach, der übliche Ärger. Aber jetzt geht’s schon wieder. Bist du denn einverstanden, dass ich für dich arbeite?«
»Ehrlich gesagt, ist mir das ein bisschen unangenehm!«
»Schließlich bezahlt mich die Stadt. Ich habe etwa zehn Häuser, die ich putzen muss, ich erledige die Einkäufe und bringe dies und das in Ordnung. Damit komme ich ganz gut über die Runden.«
»Und wo wohnst du?«
»In einem Gartenhäuschen. Ich versorge den Garten und darf dafür Gemüse anbauen.«
»Komm rein und trink etwas mit mir.«
Die beiden alten Freunde erzählten sich von ihren Abenteuern auf dem Sinai, aber Iker erwähnte nicht im Einzelnen, was er seit ihrer Trennung erlebt hatte.
»Dann gehörst du jetzt also zu den besten Schreibern der Stadt«, stellte Sekari anerkennend fest, »und hast eine schöne Laufbahn vor dir.«
»Der Schein trügt manchmal.«
»Wieso, hast du Ärger?«
»Darüber reden wir später. Mach es dir bequem. Aber jetzt entschuldige mich bitte, ich habe viel zu tun.«
Um sich zu beruhigen, vergrub sich Iker in Arbeit. Jetzt hatte er den Beweis, dass sein Alb träum Wirklichkeit gewesen war, dass die Gefährte des Windes von Werftarbeitern in Kahun gebaut worden war und dieses Schiff nur Pharao Sesostris gehören konnte.
Keiner wollte daran glauben, dass es das geheimnisvolle Land Punt wirklich gab, aber Iker wusste sehr wohl, dass dieses Schiff, auf dem er beinahe ums Leben gekommen wäre, Punt zum Ziel gehabt hatte.
Noch einmal ging Iker zu Hobel, und diesmal musste er ihm alles sagen.
Die Haustür war verschlossen.
Als Iker klopfte, antwortete ihm niemand. Nur eine Nachbarin sprach ihn an.
»Was willst du denn?«
»Ich
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