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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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der größtmöglichen Hochachtung behandelt werden.«
    Die Vertrauen erweckende Stimme des Herrschers beruhigte das werdende Muttertier.
    Und dann kam auch schon der Kopf des Kälbchens, während der Geburtshelfer vorsichtig an den Vorderhufen zog. Es war gefleckt und hatte kastanienbraune Augen – ein sehr schönes Kälbchen.
    Der Geburtshelfer legte es zur Mutter, die es gründlich ableckte.
    Alle warteten auf ihre Entscheidung.
    Mit entschlossenem Blick sah die Kuh Iker an.
    »Geh hin und nimm das gefleckte Kalb«, wies ihn der Flötenspieler an.
    Ein wenig ungeschickt, aber zärtlich hielt Iker das kleine Wesen im Arm, das keinerlei Angst zeigte.
    »Die neue Sonne ist aufgegangen«, sagte der Pharao abschließend. »Das Erntedankfest möge uns alle in Freude vereinen.«
     
     
    Für Sobek den Beschützer und seine Leute kam es nicht in Frage, sich gehen zu lassen oder sich in irgendeiner Weise an den Vergnügungen zu beteiligen. Wegen seiner angeschlagenen Gesundheit hatte Uakha, der Herrscher über die Provinz der Kobra, nicht an der Zeremonie mit dem König teilnehmen können. War das aber nicht vielleicht nur eine geschickte Vorgehensweise, um sich aus der Verantwortung zu stehlen, falls es einen Anschlag geben sollte?
    Sich solcherart auf feindliches Gebiet zu wagen, schien der reine Wahnsinn. Doch Sesostris hatte sich dafür entschieden, und sein oberster Leibwächter musste sich fügen. Zum Glück wusste am Hof von Memphis niemand etwas von den wahren Plänen des Monarchen.
    »Was konntest du über Uakha in Erfahrung bringen?«, fragte ihn Sesostris.
    »Er gilt als guter Verwalter, die einfachen Leute lieben ihn, und er hat nie ausdrücklich gegen Euch Stellung bezogen. Wie bei seinen Vorfahren gilt seine Hauptsorge dem Bau seiner ewigen Ruhestätte.«
    »Verfügt er über bewaffnete Einheiten?«, wollte der Pharao nun wissen.
    »Nein, er hat nur ganz wenige Streitkräfte, abgesehen von den Ordnungskräften in der Wüste, die die Wege zu den Oasen Dachla und Charga bewachen, wo diese Provinz beginnt. Sie sorgen für die Sicherheit der Karawanen.«
    »Hast du dich auch nach diesem Jungen erkundigt, den ich dir gezeigt habe?«
    »Er heißt Iker«, antwortete Sobek. »Er ist ein Landarbeiter, der hier noch nicht lange verpflichtet ist.«
    »Verliere ihn nicht aus den Augen.«
    »Wenn Ihr ihn für gefährlich haltet, Majestät, warum verhaften wir ihn dann nicht?«, wandte Sobek ein.
    »Er stellt keine Bedrohung dar.«
    »Aber…«
    »Es reicht, wenn du ihn beobachten lässt, ohne dass er es bemerkt.«
     
     
    Von Arthrose gebeugt, empfing Provinzfürst Uakha den Pharao auf der Schwelle zu seiner unglaublichen Wohnung für die Ewigkeit, die an die Bauwerke aus der Zeit der großen Pyramiden erinnerte. Das gewaltige Grab ragte bis an den Gipfel des Felsens und war durchdrungen von der Kraft des Hohen Gebirges. Treppen verbanden die einzelnen übereinander liegenden Teile des Gebäudes miteinander.
    Vom Empfangstempel führte ein langer Weg zu einem ersten Platz; der Aufgang endete in einem Säulengang, der sich zu einem zweiten, von hohen Mauern umgebenen Hof hin öffnete. Dann kam eine Art Heiligtum, das die Kammer der Auferstehung beherbergte. Am Ende des Weges war auf der Lichteinfallachse eine Nische für den ka, den Berührungspunkt zwischen dem Diesseits und dem Jenseits.
    »Ein prächtiges Bauwerk, beinahe eines Königs würdig«, stellte Sesostris fest.
    »Ich weiß, Majestät, ich weiß«, sagte Uakha. »Aber versteht es bitte nicht als Angriff auf Euch. Es entspricht nur den Gepflogenheiten dieser Gegend, die mit mir aussterben wird.«
    »Warum sollte sie?«
    »Weil Eure Herrschaft eine große sein wird, die alles unter sich vereint. Und weil Ihr beschlossen habt, der Unabhängigkeit der Gaufürsten ein Ende zu setzen.«
    »Wie kommst du zu dieser Überzeugung?«, fragte der Pharao verwundert.
    »Eure Anwesenheit hier ist der beste Beweis.«
    »Und wenn es so wäre, wie würdest du dich dazu verhalten?«
    »Ich unterwerfe mich Euch ohne irgendwelche Vorbehalte. Dieser Zustand der Rechtlosigkeit hat schon viel zu lange gedauert. Noch ist nicht viel Schaden angerichtet, aber es wird höchste Zeit, Maats Gesetz wieder Geltung zu verleihen. Wenn Ihr die Provinzen wieder vereint und diese Union mit starker Hand führt, werdet Ihr Ägypten zu neuem Reichtum verhelfen. Bitte gestattet mir, mich auf diese Steinbank zu setzen.«
    Sesostris nickte zustimmend.
    »Ich bin glücklich, dass ich lange genug leben

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