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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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merkte er, dass sie irgendwie merkwürdig schmeckte. Er nahm einen großen Schluck Wasser, um den unangenehmen Geschmack hinunterzuspülen, erreichte damit aber nur das Gegenteil. Das Wasser selbst schmeckte ungenießbar.
    Der Schreiberschüler wollte mit dem Koch reden, aber der war verschwunden.
    Dann drehte sich ihm plötzlich alles im Kopf. Iker wurde es auf einmal so schwindlig, dass er hinfiel und nicht mehr aufstehen konnte.
    Und obwohl ihm alles vor den Augen verschwamm, erkannte er noch die Umrisse der drei Töchter Djehutis.
    Die Jüngste beugte sich über ihr Opfer.
    »Keine Angst, wir haben dich nicht vergiftet. Wir haben dir nur ein harmloses Schlafmittel gegeben, um dich uns ein wenig gefügig zu machen. Und jetzt flößen wir dir noch Dattelschnaps ein, sehr viel Dattelschnaps. Deine Haut und deine Kleider werden davon durchtränkt sein. Das Küchenpersonal findet dann morgen im Speisesaal einen vollkommen betrunkenen Schreiberling vor. Ist das nicht lustig?«
    Iker versuchte aufzubegehren, aber er redete nur wirres Zeug.
    »Schlaf gut, du unverschämter Kerl, der es gewagt hat, uns abzuweisen! Wenn du aufwachst, haben wir unsere Rache. Und du hast dann alles verloren.«
     
     
    »Du siehst aus wie ein verbogenes Steuerrad«, sagte General Sepi zu Iker. »Wie eine Kapelle ohne Gott, wie ein leeres Haus!
    Einem Affen kann man das Tanzen beibringen, einen Hund kann man dressieren, man kann sogar einen Vogel lehren, mit den Flügeln zu fangen, aber dich… wie soll man dich erziehen? Du bist mit deinen Gedanken woanders, deine Ohren sind taub! Ein Schüler aus meiner Klasse – und besäuft sich dermaßen! Du hast das Ansehen unserer ganzen Zunft beschmutzt.«
    »Ich bin das Opfer einer Verschwörung«, erklärte der Beschuldigte, der noch immer ganz benommen war.
    Der Zorn des Generals legte sich ein wenig. »Und wer bitte sollen diese Verschwörer gewesen sein?«, wollte er wissen.
    »Leute, die meine Gutgläubigkeit ausgenutzt haben.«
    »Nenne mir ihren Namen!«
    »Ich bin allein dafür verantwortlich, ich hätte besser aufpassen müssen. Man hat mir ein Schlafmittel ins Essen gemischt und mich gezwungen zu trinken.«
    »Wer ist ›man‹?«
    »Wenn ich es Euch sage, glaubt Ihr mir nicht. Und wenn doch, könnt Ihr nichts unternehmen, damit die Schuldigen bestraft werden. Sie hatten nur ein Ziel – mich bei Euch in Verruf zu bringen. Was könnte ein Schreiberlehrling, der erwiesenermaßen betrunken war, anderes verdienen, als dass man ihn aus Eurer Schule und vielleicht auch gleich aus der Provinz verjagt, die ihn aufgenommen hat?«
    »Die Tatsachen sprechen für sich, Iker. Und deine Erklärungen sind viel zu verworren, um glaubwürdig zu scheinen. Wenn du beweisen willst, dass du unschuldig bist, musst du deine Feinde beim Namen nennen und eine Gegenüberstellung bewirken.«
    »Das würde zu nichts führen, General.«
    »Dann könnte höchstens noch ein Zeichen aus der anderen Welt etwas an meiner Entscheidung ändern!«
    Sepi rief zwei Soldaten zu sich, die Iker zur Südgrenze des Hasengaus begleiten sollten. Es tat dem Lehrer sehr Leid, dass er sich von seinem besten Schüler trennen musste, aber das Vergehen war einfach zu schwerwiegend.
    »Seht nur, General!«, rief einer der Soldaten und trat einen Schritt zurück.
    Ein Chamäleon mit einem weißen Bauch war in das Zimmer gekommen. Es richtete seine seltsamen Augen auf Sepi, der sogleich eine Beschwichtigungsformel sprach. Nach kurzem Zögern verschwand das Tier wieder.
    »Das Chamäleon ist eines der Tiere, in denen sich der Gott Anubis offenbart«, erklärte Sepi Iker. »Du scheinst erstaunlichen Schutz zu genießen.«
    »Wollt Ihr mich jetzt etwa nicht wegschicken?«
    »Wer wäre so wahnsinnig, Anubis’ Einschreiten zu missachten?«
    »Sagt, bitte, General, glaubt Ihr, dass ich eines Tages zum Goldenen Kreis von Abydos gehöre?«
    Sepi erstarrte. Iker hatte den Eindruck, er befände sich einer Statue mit den Augen eines gestrengen Richters gegenüber.
    »Wer hat dir von diesem Kreis erzählt?«
    »Das ist doch wohl nur so etwas wie ein dichterischer Ausdruck, oder?«
    »Beantworte mir meine Frage.«
    »Ein Gärtner. Unsere Wege haben sich einmal gekreuzt und dann wieder getrennt.«
    »Die Dichter bringen uns zum Träumen, mein Junge. Du sollst aber arbeiten, damit du ein guter Schreiber wirst, und dich um die Wirklichkeit kümmern, sonst nichts.«

 
37
     
     
     
    Djehutis drei Töchter hatten sich vor ihrem Vater aufgebaut, der auf

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