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Der Befehl aus dem Dunkel

Der Befehl aus dem Dunkel

Titel: Der Befehl aus dem Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Deutschland, und diese junge Dame, Mister Sifan, ist Fräulein Allgermissen aus Riga.«
    Der Mönch warf mit einem Ruck den Kopf zurück. »Allgermissen? … Fräulein Allgermissen, Sie sind aus Riga?« Musterton fragte verwundert:
    »Sie sprechen den Namen aus, als wäre er Ihnen bekannt, Sifan?«
    »Ich kannte einst einen Professor Allgermissen in Riga …« »Mein Vater!« schrie Lydia auf. »Sie kannten ihn?« »Ja, wir hatten uns während des großen Krieges kennengelernt. Ich lag lange Zeit bei ihm in Quartier. Sie waren ja damals noch ein kleines Mädchen.«
    »Wie wunderbar!« sagte Lydia und sah den Mönch mit strahlenden Augen an. »Treffe ich hier einen Freund meines Vaters. Wie hießen Sie denn früher? Ich war ja damals noch ein kleines Kind. Aber vielleicht wurde der Name später in unserer Familie genannt?«
    Der Mönch senkte den Kopf. »Früher hieß ich … Rochus Arngrim.«
    Ein Schrei aus dem Munde des Mädchens. Lydia wich einen Schritt zurück.
    »Sie sind Rochus Arngrim?« Die widerstreitenden Gefühle, Überraschung … Freude … Schreck jagten sich in ihren Mienen.
    Sie trat an den Mönch heran und schaute ihn an, als wenn sie ihn zum erstenmal sähe.
    »Arngrim sind Sie? Der Arngrim, an den ich mich wenden sollte, wenn ich in Deutschland wäre? Mein Vater gab mir wichtige Papiere mit, die ich Ihnen bringen sollte.«
    »Ah, Lydia, nie hast du davon gesprochen«, fiel Dr. Musterton ein. »Papiere solltest du nach Deutschland bringen, zu Arngrim? Und Sie«, er deutete auf Sifan, »sind der Arngrim, für den die Papiere bestimmt waren?«
    »Ja! Es waren wissenschaftliche Aufzeichnungen. Mein Vater nannte sie in seinem Abschiedsbrief sein Vermächtnis.«
    »Und wo sind diese Papiere?« drängte Sifan.
    »Ich habe sie nicht mehr«, antwortete Lydia mit leiser Stimme, »ich trug sie in einem Blechkästchen an einem Riemen um die Schulter. Sie müssen damals bei dem Unfall im Fluß verlorengegangen sein. In Gartok wurde mir gesagt, man wisse nichts davon.«
    »Setzen wir uns«, sagte Dr. Musterton nach einer Pause, »es wird noch viel zu erzählen geben.«
    Sifan stand noch eine Weile und blickte sinnend in das Feuer. Waren die Papiere, das Vermächtnis Allgermissens, wirklich im Fluß versunken? —
    »Nun mußt du erst noch einmal erzählen, Lydia, wie du aus Irkutsk entkamst«, sagte Dr. Musterton.
    Lydia begann: »Eines Tages wurde ich zum Inspektor des Gefängnisses gerufen. Der sagte mir, ich wäre frei und könnte das Gefängnis sofort verlassen. Mit bangem Gefühl nahm ich den Entlassungsschein an mich und fragte nach dem Vater. Ein gleichmütiges Achselzucken des Beamten, ein Wink zur Tür war die Antwort.
    Ich eilte nach Hause und hoffte im stillen den Vater dort zu finden. Er war nicht da. Ich eilte zu dem großen Ofen, wo mein Vater hinter einer losen Kachel stets wichtige Papiere zu verstecken pflegte, entfernte die Kachel und griff in die dunkle Öffnung. Da fand ich ein flaches Blechkästchen. Als ich den Deckel aufklappte, lag zuoberst ein offener Brief des Vaters an mich. Er gebot mir, sofort zu dem Schrank in der Küche zu gehen, wo burätische Kleider verborgen seien. Die sollte ich anziehen, die Blechbüchse darunter um die Schulter hängen und sofort das Haus durch die Hintertür verlassen. Dann sollte ich den Pfad einschlagen, der um die Stadt herum zur großen Karawanenstraße führt. An der Brücke würde ich ein kleines Mongolenlager finden. Der burätische Führer sei unterrichtet. Er habe ein gutes Geldgeschenk bekommen, ich dürfe ihm trauen. Er würde mich in seiner Karawane nach Süden bringen, bis ich in Sicherheit wäre. Noch einmal befahl der Brief mir höchste Eile. Meine Freiheit wäre nur von kurzer Dauer, jede Minute sei kostbar.
    Ich tat, wie mir der Vater geschrieben hatte, fand die Karawane an der Brücke, und dann wanderten wir nach Süden. Das andere ist ja bekannt.«
    Lange saßen sie noch am Lagerfeuer. Dr. Musterton erzählte, wie Lydia zu ihm gekommen sei und schon mehrere Jahre in seinem Hause weile. Sie habe ihn hin und wieder auf seinen Exkursionen begleitet. Vor einigen Tagen wären sie im Kloster Tschaidam gewesen, um das Fest der Wasserweihe mitanzusehen. Jetzt wollten sie nach Mustertons Standquartier zurück. Gesprächsweise erwähnte der Doktor auch, er werde bald Asien verlassen und nach Australien gehen, um dort im Auftrage der australischen Regierung seine Forschungsergebnisse praktisch anzuwenden.
    Am anderen Morgen trennten sie sich. Dr.

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