Der Befehl aus dem Dunkel
Aufenthalt Turi Chans und Arngrims festzustellen. —
Aber immer wieder blieb die Frage: Was hatte Arngrim mit Turi Chan zu tun? Welches Interesse hatte Turi Chan, Arngrim mit sich zu nehmen? Zweifellos mußten sie doch früher in Beziehung gestanden haben. Wahrscheinlich mußten sie sich irgendwie in Asien kennengelernt haben.
In seinem Sinnen wurde Georg von Marian unterbrochen. »Mir ist es, Georg, als wenn Arngrim in seinen Erzählungen aus seiner Klosterzeit auch einmal den Namen des Klosterabtes genannt hätte. Ich meine jetzt bestimmt, daß es der Name Turi Chan gewesen ist.«
Georg horchte auf.
»Ich selbst kann mich nicht daran erinnern, Marian. Aber wenn es so ist, wie du sagst, dann sind wir, glaube ich, diesen rätselhaften Zusammenhängen ein großes Stück nähergekommen. Auf jeden Fall werde ich einmal Musterton danach fragen.«
*
Eine Woche vor diesen Ereignissen war in Numea auf Neukaledonien bei der Verwaltung der Strafkolonie ein Mann erschienen, der den Direktor zu sprechen wünschte. Vor Direktor Rabaud geführt, stellte sich der Fremde als ein Herr Crouzard aus Paris vor.
Schon nach den ersten Sätzen, die aus dem Munde Crouzards kamen, glaubte Rabaud, einen Verrückten vor sich zu haben. Dieser Fremde wollte einen der Deportierten, der zwei Eigenschaften besitzen mußte – nämlich Chemiker und gewandter Einbrecher zu sein – geliehen haben – geliehen!
Rabaud änderte jedoch seine Meinung, je länger der merkwürdige Fremde sprach. Als er schließlich geendet hatte, schüttelte der Direktor immer wieder lachend den Kopf.
»Das ist allerdings ein tolles Stückchen, was Sie da vorhaben, Herr Crouzard. Indes – wir leben jetzt gerade in der heißen Jahreszeit. Ihr Kopf könnte ein wenig unter der tropischen Hitze gelitten haben. Sie werden mir wohl gestatten, daß ich mich vorher genau in Paris über all das informiere, was Sie mir da erzählten.«
»Aber gewiß, Herr Direktor. Ich werde Ihnen die Namen und Adressen, an die Sie sich zu wenden hätten, sofort aufschreiben. Die Adresse des Herrn Ministers Duroy ist Ihnen ja bekannt. Es dürfte sich aber vielleicht empfehlen, während Sie mit Paris verhandeln, immer schon nach einem geeigneten Mann unter den Sträflingen suchen zu lassen.«
»Das will ich gern tun«, sagte Rabaud. »Sobald ich die nötigen Auskünfte eingezogen habe, werde ich Sie wieder zu mir bitten.«
*
Zwei Tage später erhob sich vom Flugplatz in Numea ein Privatflugzeug, in dem außer dem Piloten zwei Männer saßen. Der eine war Herr Crouzard, der andere Deportierter Nummer 6490, jetzt wieder Herr Dr. Anatole Dufferand.
Dr. Dufferand war Angestellter in einer großen chemischen Fabrik gewesen. Ein paar gestohlene Platintiegel gaben den Grund zu seiner Entlassung und gleichzeitig zur ersten Bekanntschaft mit dem Gefängnis. Einmal auf die schiefe Ebene geraten, hatte er sich im Laufe der Jahre in allen möglichen Branchen des Pariser Verbrechertums betätigt. Er war also für Crouzard durchaus geeignet. Hinzu kam noch, daß er von den zehn Jahren Deportation bereits neun verbüßt hatte, so daß man das fehlende Jahr unter diesen Umständen leicht nachsehen konnte. —
In Brisbane ließ Crouzard sein Flugzeug zurück und fuhr nach Erledigung einiger Einkäufe in einem selbstgesteuerten Mietwagen mit Dufferand nach Westen weiter.
Ohne Georgetown zu berühren, kamen sie kurz vor Einbruch der Dunkelheit in der Gegend von Paulinenaue an. Crouzard fuhr den Wagen in ein Gehölz in der Nähe der Straße und ging, von Dufferand begleitet, im Schutz des großen, parkartigen Gartens bis in die Nähe des Hauses. Mit Hilfe eines guten Nachtglases konnte er Dufferand das Wohngebäude und die Lage der Zimmer genau zeigen.
Der Raum, auf den es allein ankam, das Laboratorium Georgs, war ein Eckzimmer im Obergeschoß an der Ostseite des Hauses. Vor Jahren war es nur eine große Veranda gewesen, von der man auf einer Eisentreppe direkt zum Garten hinuntergehen konnte. Später war der Raum zu einem geschlossenen Zimmer ausgebaut worden. Die Treppe zum Garten war stehen geblieben, obgleich sie nur sehr selten benutzt wurde. Seitdem Georg hier sein Laboratorium eingerichtet hatte, war die Treppe von innen mit Schloß und Riegel ständig gut verschlossen. —
Nach stundenlangem Warten sahen sie endlich das letzte Licht im Haus erlöschen. Eine Weile verhielten sie sich noch ruhig. Dann traf Dufferand seine letzten Vorbereitungen. Der Einbruch hier … gewiß eine ganz einfache
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