Der Befreier der Halblinge: Roman (German Edition)
Bedauern klang in den Worten des obersten Elbenschamanen mit.
» Wird irgendwann ein Tag kommen, da die Elbenmagie nicht mehr schwächer wird? « , fragte Arvan.
» Du kannst mir glauben, in den letzten Zeitaltern, die ich miterleben musste, hat mich kaum eine Frage so sehr beschäftigt wie diese. Ich habe keine Antwort gefunden. «
Elbanadors Burg hatte mehrere Eingangstore. Insgesamt war das Bauwerk aus der Nähe um ein Vielfaches größer und imposanter, als man aus der Ferne erkennen konnte. Unzählige Türme ragten hinter den Mauern empor. Die verschnörkelte Bauweise und vor allem die zahlreichen Kuppeln und Erker schienen jedem Naturgesetz zu widersprechen. Es schien unmöglich zu sein, dass sie sich aus eigener Kraft aufrecht hielten.
Arvan war überrascht, dass keines der Tore, die er aus der Ferne gesehen hatte, von den Ankömmlingen, die auf die Burg zustrebten, benutzt wurde. Und auch Brass Elimbor schien gar nicht erst versuchen zu wollen, dort Einlass zu bekommen.
Die ankommenden Elben schienen einfach von einem Augenblick zum anderen zu verschwinden, wenn sie sich den Mauern bis auf eine gewisse Distanz genähert hatten.
» All die Tore, die du siehst, sind nur zum Schein vorhanden « , sagte Brass Elimbor. » Sie sollen Feinde täuschen. Die tatsächlichen Eingänge zur Burg erkennt man erst, wenn man beinahe davorsteht. «
Der Schamane führte Arvan dann zu einem dieser Eingänge. Er öffnete sich plötzlich und für Arvan vollkommen unerwartet an einer Stelle, wo eigentlich nur gewöhnliches Mauerwerk zu sein schien.
Wächter erwarteten sie in einem Innenhof, nachdem sie das Tor durchschritten hatten. Sie trugen die Kutten des Schamanenordens, genau wie Brass Elimbor. Allerdings genügten dem obersten Schamanen die Waffen des Geistes– diese Wächter hingegen trugen lange, gerade Elbenschwerter.
Vor Bass Elimbor verneigten sie sich.
Sie trugen Amulette um den Hals, deren eingravierte Runen für einen kurzen Moment aufleuchteten, während sie vor dem obersten Schamanen eine Verbeugung andeuteten.
Arvan wurde hingegen einer Art Musterung unterzogen. Dass sie in seine Gedanken eindrangen, war nicht zu spüren. Dennoch war Arvan sicher, dass dies geschah.
Einer von ihnen sprach ihn in der Elbensprache an. Er verstand, was gesagt wurde. Vielleicht hatte das mit dem Wissen über König Elbanador und die Schlacht am Berg Tablanor zu tun, das Lirandil ihm eingegeben hatte, bevor Arvan sich zur dunklen Neufeste in der Hornechsenwüste aufgemacht hatte, um Ghool gegenüberzutreten.
» Dein Quartier wurde dir bereitet « , sagte der Wächter.
» Ich danke Euch. « Arvan hatte einfach instinktiv gewöhnliches Relinga gesprochen, aber sein Gegenüber schien keine Schwierigkeiten zu haben, dies zu verstehen.
» Man wird für dich auf Geheiß des erhabenen Brass Elimbor eine Ausnahme machen. «
» Eine Ausnahme? «
» Es ist nicht üblich, an diesem heiligen Ort der Elbenheit etwas zu essen. Aber uns wurde übermittelt, dass du deine Lebenskraft verlieren würdest, wenn du für die Dauer des Festes auf den Verzehr von Nahrung verzichtest. «
Arvan knurrte sowieso schon seit Stunden der Magen, was er Brass Elimbor gegenüber nur nicht erwähnt hatte. Aber eigentlich musste dieses Geräusch für jeden Elb unüberhörbar gewesen sein.
» Man hat Euch die Wahrheit übermittelt « , sagte Arvan höflich.
» Speise und Trank stehen jederzeit bereit, so oft, wie es dein unvollkommener Körper verlangt. «
Arvan deutete eine Verbeugung an, erntete dafür aber nur einen ärgerlichen Gedanken von Brass Elimbor. Du bist der Träger des Elbenstabes, die Hoffnung Athranors und der größte Held des Kontinents! Als solchen will ich dich zumindest vorstellen – und so jemand sollte sich nicht klein machen. Vor niemandem!
Arvan folgte Brass Elimbor. Anscheinend war er in solchen Feinheiten einfach nicht geschickt. Wie auch immer er es anzustellen versuchte, er hatte offenbar ein Talent dazu, stets das Falsche zu tun und als plump und grob zu erscheinen. Ob das nun beim Rapierunterricht von Meister Asrado oder in der Gesellschaft hochkultivierter Elben war, schien dabei keine Rolle zu spielen.
Durch ein weiteres Tor, das erst sichtbar wurde, wenn man davorstand, gelangte Arvan zusammen mit dem Schamanen in einen weiteren Innenhof, der von verwinkelten, hoch aufragenden Häusern umgeben war, die sich durch zahllose Erker und grazil wirkende Türmchen auszeichneten.
Auch aus diesem Innenhof schien es keinen
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